Zwölf Prozent mehr Lohn

Streik bei der Bahn: Worum es in den Tarifverhandlungen geht

Kai Doering26. März 2023
Tarifkonflikt bei der Bahn: Die EVG fordert ein Lohnplus von zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr.
Tarifkonflikt bei der Bahn: Die EVG fordert ein Lohnplus von zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr.
Am Montag wird die Bahn im gesamten Bundesgebiet bestreikt. Hintergrund sind die laufenden Tarifverhandlungen mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Hier ist diesmal einiges anders als in der Vergangenheit.

An diesem Montag geht bei der Bahn gar nichts mehr. Der Fernverkehr wird für einen Tag komplett eingestellt. Auch im Regionalverkehr sollen kaum Züge fahren. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat ihre Mitglieder zum Warnstreik aufgerufen. Zur selben Zeit legen Zehntausende Beschäftigte im öffentlichen Dienst die Arbeit nieder. Hier verhandelt Verdi bereits seit Anfang des Jahres einen neuen Tarifvertrag. Ende Februar begannen dann auch die Verhandlungen bei der Bahn.

Was diesmal anders ist

Hier ist diesmal vieles anders als sonst. Erstmals verhandelt die EVG mit rund 50 Unternehmen gleichzeitig. Eine Verhandlungsrunde zieht sich dadurch über jeweils einen Monat, doch soll am Ende ein Tarifvertrag für alle Unternehmen stehen. Und: Erstmals verhandelt für die EVG eine Doppelspitze, die beiden Vize-Vorsitzenden Kristian Loroch, nominell der Verhandlungsführer, und Cosima Ingenschay, beide Sozialdemokrat*innen.

„Für uns ist klar, dass nicht nur in Material, sondern vor allem in die Menschen investiert werden muss, die den Betrieb überhaupt noch am Laufen halten“, sagt Loroch. „Sonst wird das nichts mit der Verkehrswende.“ Zumal in den vergangenen Monate viele Mitarbeiter die Bahn verlassen hätten, weil sie in anderen Bereichen mehr verdienten. Die EVG fordert deshalb ein Lohnplus von zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr. Das Angebot der Deutschen Bahn ist davon bisher deutlich entfernt. Sie setzt vor allem auf eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2.500 Euro. „Die haben wir nicht gefordert und die wollen wir auch nicht, weil sie nicht nachhaltig ist“, sagt Cosima Ingenschay. „Wir wollen, dass die Beschäftigten -dauerhaft mehr Geld in der Tasche haben.“ Und das gehe nur mit einer Anpassung der monatlichen Tarifgehälter.

Gibt es ein „hitziges Frühjahr“?

Kristian Loroch spricht deshalb von einem „respektlosen Verhalten den Beschäftigen gegenüber“. Diese hätten in der Corona-Pandemie, und als das Neun-Euro-Ticket galt, Großes geleistet. Das  müsse nun finanziell gewürdigt werden. Gut möglich also, dass der Streiktag Ende März nicht der letzte war. Gelinge kein überzeugender Tarifabschluss, könnte es ein „hitziges Frühjahr“ werden, sagt Loroch.

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Kommentare

Deutsche Bahn argumentiert sachlich, K. Loroch tut es nicht.

Ein einmaliger Teuerungsausgleich ist vernünftig vor dem Hintergrund, politisch erzeugter hoher Preise [Energiewende, Lieferboykotte (Kohle, Öl) ...] . Es war und ist Aufgabe der Politik, für stabile oder jetzt eben für sinkende Preise zu sorgen.

Heute streikt nicht nur die EVG

Sehr schade, dass ihr die Tarifrunde für den Öffentlichen Dienst für rund 2,5 Mio. Beschäftigte ignoriert. Heute streiken auch die Beschäftigten an allen Flughäfen, im ÖPNV, bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, den kommunalen Häfen und bei der Autobahn.

verdi

Das ignorieren wir nicht, sondern betreiben Arbeitsteilung mit unserem Schwester-Medium der Demo, die die Tarifverhandlungen im öffentliche Dienst schon seit einigen Wochen begleitet.

Tarifrunde für den Öffentlichen Dienst

Das finde ich auch schade; schließlich war die SPD doch die Partei der abhängig Beschäftigten und sollte sie auch künftig sein.

Denn weder eine CDU/CSU noch eine FDP und ebenso auch nicht die Grünen können aufgrund ihrer Positionen und schon gar nicht aufgrund ihrer Politik als Partei der Arbeitnehmer angeshene werden.

Allenfalls käme noch die Linke in Betracht, die sich jedoch eher selbst zerfleischt und an Bedeutung verliert.

Betrachtet man manche Vorgänge wie die künftigen Zulagen an die Stuttgarter Bürgermeister, die ohnehin alle eine B-Besoldungsgruppe haben, sind doch die Forderungen der normalen Beschäftigten, die die teilweise undankbaren Arbeiten leisten müssen, mehr als berechtigt.

Wenn z.B. der Flughafen Stuttgart Geld für Stuttgart 21 zahlen kann, kann er auch seinen Beschäftigten mehr Geld geben, mussten sie doch während der Corona-Krise einen Niedriglohn-Tarifvertrag akzeptieren, der vermutlich noch nicht in einen Normal-TV umgewandelt wurde.

Streik bei der Bahn

Betrachtet man die Berichte des Bundesrechnungshofes, insbesondere den kürzlich erschienenen Sonderbericht zur Bahn, stellt sich deutlich heraus, dass die DB seit der Privatiserung mit Geschäften, die mit ihrer Aufgabe nichts zu tun haben, hohe Beträge verschwendet hat.

Aufgrund ihrer schwindelerregenden hohen Anzahl von Tochtergesellschaften erhalten deren Vorstände und Aufsichtsräte hohe Gehälte und Tantiemen, die den Beschäftigten, die die eigentliche Arbeit mit Schichtdiensten, Krankheitsvertretungen, Gefährdungen und Belästigungen von Fahrgästen leisten müssen, vorenthalten werden.

Es wäre endlich eine sinnvolle Aufgabe der Bundesregierung, insbesondere des Autobahnfetischisten Wissing, nicht seinen unrühmlichen Vorgängern Dobrindt und Scheuer nachzueifern, sondern die seit Jahren ignorierten Empfehlungen des Bundesrechnungshofes umzusetzen!!!