Erste Reichspräsidentenwahl 1919

Steinmeier würdigt Eberts Kampf gegen die Feinde der Demokratie

Lars Haferkamp11. Februar 2019
Friedrich Ebert immer im Blick: Das Amtszimmer aller Bundespräsidenten seit 1949 schmückt diese Büste von Reichspräsident Ebert, so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Friedrich Ebert immer im Blick: Das Amtszimmer aller Bundespräsidenten seit 1949 schmückt diese Büste von Reichspräsident Ebert, so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erinnert im Schloss Bellevue an Friedrich Ebert. Der sozialdemokratische Reichspräsident lehre, für Freiheit und Demokratie einzutreten. Dies sei gerade heute nötig, wo Demokratiefeinde und Nationalisten neuen Zulauf bekämen.

In den Großen Saal von Schloss Bellevue hat der Bundespräsident geladen zu einer Matinee in Erinnerung an Reichspräsident Friedrich Ebert. Vor Frank-Walter Steinmeier sitzen zahlreiche Politiker: aktive, wie der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller und Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann, aber auch ehemalige, wie Alt-Bundespräsident Joachim Gauck und der ehemalige SPD-Vorsitzende Kurt Beck. Mit ihnen in der ersten Reihe sitzt auch Alexander Gauland, der Partei- und Fraktionsvorsitzende der AfD.

Steinmeier warnt vor neuem Nationalismus

„Die Demokratie muss sich immer und überall behaupten“, sagt Steinmeier in seiner Würdigung des sozialdemokratischen Reichspräsidenten Friedrich Ebert. Er nennt die AfD nicht beim Namen, aber jeder im Publikum dürfte ahnen, wer gemeint ist, als Steinmeier fortfährt: „Mit Kräften, die auf Lautstärke setzen statt auf Argumente, denen Wahrhaftigkeit und Vernunft in der politischen Auseinandersetzung nicht besonders viel wert sind, damit haben wir es auch heute zu tun; Kräfte, die die parlamentarische Demokratie und ihre Institutionen verächtlich machen und die vielleicht auch von einem neuen Nationalismus träumen. Wir beobachten sie in vielen Staaten, auch bei uns in Deutschland.“

Vielleicht sei es das, was den Deutschen die Weimarer Republik in ihrem 100. Jubiläumsjahr wieder näher bringe und was ein neues Interesse für diese Zeit und für die Verteidiger der Republik erzeuge. Am 11. Februar 1919 wurde mit Ebert erstmals in der deutschen Geschichte ein demokratisch legitimiertes Staatsoberhaupt ins Amt gewählt.

Von Weimar lernen

Auch wenn klar sei, so Steinmeier, „wir haben keine Weimarer Verhältnisse“, weder gebe es heute einen Versailler Vertrag, noch eine vergleichbar hohe Massenarbeitslosigkeit in Deutschland. Die Beschäftigung mit Weimar sei dennoch gut, „weil sie auch lehrt, dass Demokraten in großer Bedrängnis mit Würde für die Republik einstanden“. An Friedrich Ebert zu erinnern heiße, sich bewusst zu machen, dass eine Demokratie nur stabil sein könne, wenn sich ihre Bürger zu ihr bekennen und bereit seien, für sie einzutreten.

„Friedrich Ebert ist einer der Großen der deutschen Demokratiegeschichte“, betont der Bundespräsident. „Er ist ein Beispiel für eine aufrechte demokratische Haltung und er ist ein Vorbild. Ebert lehrt uns, für die Freiheit einzutreten und sie zu verteidigen. Wir brauchen diese republikanische Leidenschaft.“

Ebert als Hassobjekt der Extremen

Steinmeier erinnert daran, „wie abschätzig Friedrich Ebert – ganz rechts wie ganz links – beurteilt wurde. Noch über seinen Tod hinaus wurde er von den einen angefeindet, von anderen bestenfalls ignoriert“. Er zeigt sich froh, dass es heute ein differenzierteres, treffenderes Bild von Ebert gebe. „Mögen ihn auch seine Gegner von links und rechts als „Verräter“ geschmäht haben, heute wissen wir: Friedrich Ebert war tatsächlich einer der Väter der deutschen Demokratie und vor allen Dingen ihr Verteidiger in wahrhaft schwierigsten Zeiten.“ Ebert sei Republikaner aus Leidenschaft gewesen. „Wir verdanken ihm viel, sehr viel – auch 100 Jahre später noch.“

Trotz widrigster Umstände habe Ebert Deutschland in die Demokratie und in die Moderne geführt. Er habe gewusst, dass dafür die Einbindung aller gesellschaftlichen Kräfte nötig sei. „Kompromiss, das war für Ebert eben kein Schimpfwort, sondern eine Notwendigkeit in der Demokratie – gerade in der Not und Zerrissenheit der damaligen Gesellschaft“, so Steinmeier. „Die Deutschen mit sich und der neuen Staatsform auszusöhnen, die enormen Gräben zu überwinden, die das Land zerrissen, das sah Ebert als seine wichtigste Aufgabe als Präsident.“

Angriffe auf Präsident und Republik

Steinmeier würdigt den Mut und die Standhaftigkeit, mit der Ebert für die Demokratie und gegen ihre Feinde gekämpft habe. „Antidemokratische Kräfte von beiden Seiten übergossen ihn mit Hohn, Häme und Hass. Die Angriffe galten nicht nur ihm persönlich. Jeder Angriff auf Ebert war zugleich ein Angriff auf die Republik, auf die Demokratie – und von den meisten war es auch genau so gemeint!“

Die Angriffe auf Ebert, auch und gerade von ganz links, thematisiert auch Henning Scherf in seiner Rede, der frühere Bürgermeister Bremens und heutige Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg. Ebert „war nicht der Spalter, das ist eine bösartige kommunistische Interpretation“, betont Scherf. Friedrich Ebert habe Karl Liebknecht eingeladen, in die Regierung einzutreten. Liebknecht aber habe abgelehnt, weil er keine parlamentarische Demokratie wollte.

Scherf: Kommunisten wollten keine Wahlen

Scherf würdigt die große Energie, mit der Ebert die ersten allgemeinen freien Wahlen in Deutschland, die Wahlen zur Nationalversammlung 1919, durchgesetzt habe. „Er kannte nur eine demokratische Legitimation, die Wahl.“ Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg dagegen wollten genau diese Wahlen verhindern, sie „hielten Wahlen für reaktionär“.

Je älter er werde, räumt Scherf ein, umso weniger Verständnis habe er für die damaligen Arbeiter- und Soldatenräte. Er erinnert daran, dass die Arbeiter- und Soldatenräte in Bremen erst den Senat abgesetzt hatten, um ihn dann doch zu bitten, wieder die Regierungsgeschäfte zu übernehmen, weil die Revolutionäre selbst sich dazu außerstande sahen. Scherf endet mit einem Zitat von Johannes Rau, der einmal über Ebert gesagt habe: „Er hat die Demokratie gewagt, so dass viel später andere sagen konnten: Wir wollen mehr Demokratie wagen.“

Eberts Erbe: das Deutschlandlied als Nationalhymne

Die Matinee im Schloss Bellevue endet mit der Nationalhymne, dem Deutschlandlied. Es war Reichspräsident Friedrich Ebert, der es am 11. August 1922 zur Hymne der deutschen Demokratie machte. Auch sie zeigt, wie lebendig das Erbe Eberts noch heute ist.

 

 

 

weiterführender Artikel

Kommentare

Ebert ?

Schon wieder diese Lobeshymnen. Die Kommunisten sind der Hauptfeind ! Liebknecht ist der Böse (Vater oder Söhne ?) !.Warum grenzt sich die Representanz der SPD so sehr von sich selbst, ihrem damals gültigen Programm und ihrer Tradition ab ? Die Republik, die sich auf Eberts Wünsch Deutsches Reich nannte, ist gescheitert. Grade wegen der Politik die Ebert und Co. zum Zeitpunkt ihrer Geburt machten. Dazu sollte sich die SPD auch stellen, aus Fehlern kann man lernen.

Ebert, Noske und der Vorwärts!

Wie schrieb der Schriftsteller Arthur Zickler bereits am 13.01.1919 im Vorwärts(!!!) bereits vorausschauend!

"Viel Tote in einer Reih-
Proletarier!
Karl, Rosa, Radek und Kumpanei,
es ist keiner dabei, es ist keiner dabei
Proletarier!"

Bereits ein paar Tage wurden die vom Autor im Vorwärts öffentlich geäußerte Wünsche auch wirklich wahr!

Selbstverständlich rein zufällig natürlich!

Also ein rein zufälliger Zufall halt!

Ebert

Ihr Kommentar wurde gelöscht, da er gegen unsere Netiquette verstieß.

Eberts Kampf gegen die Feinde der Demokratie

Steinmeier hat die richtigen Worte für die Würdigung Eberts gefunden. Eberts Kampf gegen die Feinde der Demokratie kann nur beurteilen wer die damalige Situation nach dem Zusammenbruch der Monarchie bedenkt. An vielen Stellen köchelte ein Bürgerkrieg im Anfgangsstatium, eine totalitäre Räterepublik nach sowjetischen Muster war eine ernsthafte Bedrohung für die im Entstehen begriffene demokratische Republik. Dass Ebert und Noske sich - weil nichts anderes da war - bei der Niederschlagung der diversen Aufstände militärischer Kräfte bedienen musste, die mit einer demokratischen Republik nichts am Hut hatten, ist unter den damals gegebenen Umständen verständlich und hinzunehmen. Die Ermordung von Luxemburg und Liebknecht sind dagegen ein Schandfleck auf dem Kleid der jungen Demokratie, für den die SPD nicht verantwortlich ist.

Lieber Richard Frey

Nun war die Volksmarinedivision ja extra aufgebaut worden um die Regirung zu schützen. Wer zerschug sie ? Die überwiegende Mehrheit dieser (Polizei)einheit war sozialdemokratisch gesinnt.
Wie das sowjetische Muster aussah, das wußte doch kaum einer - da gab es HörenSagen.
Der Spartakusbund hatte 1000-1500 (oft intellektuelle) Mitglieder, wieviele sind das im Vergleich zu den 500000 die da im Ausstand waren?
Warum käuen SPD/Alt (so nennt sie Carlo) Anhänger immer die Thesen wieder die seit Jahrzehnten widerlegt sind!?!

Steinmeier würdigt Eberts Kampf gegen die Feinde der Demokratie

Anlässlich des Todes von Wilhelm Liebknecht hob im Nekrolog der "Vorwärts" hervor: "Er war die Partei selbst. In ihm verkörpert sich die Geschichte der modernen Arbeiterbewegung. Er hat an der Wiege der Partei gestanden.(...) Er war durch fünf Jahrzehnte der Führer der Partei. Er hat sie durch alle ihre Entwicklungsphasen, durch innere Fehden und durch zahllose Kämpfe von Sieg zu Sieg geführt. (...) Eine Kraftnatur, wie sie kaum je erwächst, ein politischer Geist, wie ihn an Umfang und Tiefe selten eine Partei ihr eigen nennen darf, ein Mensch, der sich im Kreise seiner Familie, der Freunde und Genossen treu bewährt hat und die höchsten Ziele der Menschheit sich vorschreibt - das war unser Liebknecht." Hermann Dunker zum Trauerzug für Wilhelm Liebknecht.: "Ca. 200.000 Menschen folgen ca. 1 1/2 tausend kolossalen Kränzen mit roten Schleifen - und wir zogen durch das Bourgeoisviertel im Westen, durch das Proletarierviertel im Osten zum Kirchhof. Wir sind marschiert bis dahin von Charlottenburg - fünf Stunden, und keiner wich (...)." Der Sohn Karl Liebknecht lebte die Prinzipien seines Vaters - wie dieser - ganz und gar radikal. Die SPD-Rechte will das bis heute nicht sehen !

Steinmeier würdigt Eberts Kampf gegen die Feinde der Demokratie

Der Anwalt Dr. Karl Liebknecht sah die höchste und heiligste Aufgabe des
Anwalts darin, "den Schwachen und Unterdrückten Beistand zu leisten, und zwar um so mehr, je bedrückter der Schwache ist und je mächtiger seine
Peiniger und Bedrücker sind!" In dem Artikelentwurf "Gegen die Freiheitsstrafe" vom Frühjahr 1918 bekräftigte Karl Liebknecht seine Meinung, das "Verbrechen als soziale Erscheinung" könne nur "im sozialen
Gesamtzusammenhang, aus dem es - als der Eiter aus einer schwärenden Wunde der Gesellschaftskonstitution - geflossen ist und dauernd fließt, und nur mit sozialen Mitteln bekämpft werden - durch Beseitigung seiner Ursachen, Verstopfung seiner Quellen, durch Bekämpfung des Elends in allen Gestalten, der Unwissenheit, der Verwahrlosung, durch Vermehrung der Selbständigkeit, der freien Energie und des offenen Selbstgefühls". Dabei kann alle ">Erziehung ein ernstes, bleibendes Resultat zeitigen, wenn die sozialen Vorbedingungen dazu geschaffen werden".Karl Liebknecht war wie sein Vater radikaler Demokrat und Antimilitarist.Beide erlitten für Ihre Überzeugungen Inhaftierungen.Die SPD sollte dies endlich erkennen/würdigen!

Steinmeier würdigt Eberts Kampf gegen die Feinde der Demokratie

In meinem Kommentar vom 12.02.2019 - 17.29 Uhr muss es richtig heißen:
Dabei kann alle " >Erziehung

Steinmeier würdigt Eberts Kampf gegen die Feinde der Demokratie

Ich versuch es nochmal - irgend etwas klappt hier nicht!:

Dabei kann alle " >Erziehung dazu geschaffen werden".

Steinmeier würdigt Eberts Kampf gegen die Feinde der Demokratie

Dabei kann alle " 'Erziehung' und psychisch-geistige Einwirkung nur dann ein ernstes, bleibendes Resultat zeitigen, wenn die sozialen Vorbedingungen dazu geschaffen werden".

Ebert?

Es sind immer wieder die gleichen Lobhudeleien, die über Ebert verbreitet werden. Unterschlagen werden erneut seine Versäumnisse: von einer demokratischen Reform des Staatsapparates bis hin zur Entmachtung der Kohle- und Stahlbarone von Rhein und Ruhr. Dies waren letztlich die Gründe für die Radikalisierung weiter Teile der Arbeiterschaft. Durch das Bündnis Eberts mit der Obersten Heeresleitung und den sich bildenden Freichors kamen die alten kaiserlichen Offiziere ungeschoren davon. Diese beförderten den Aufstieg der Nationalsozialisten in den folgenden Jahren und waren diesem ab 1933 eine zuverlässige Stütze.
In Bezug auf die Novemberrevolution steht in dem von Rudolf Hilferding verfassten Prager Manifest der SPD von 1934: „Dass sie den alten Staatsapparat fast unverändert übernahm, war der schwere historische Fehler, den die während des Krieges desorientierte deutsche Arbeiterbewegung beging.“ Hilferding hat diese Versäumnisse mit dem Leben bezahlen müssen. Ich wünschte mir endlich einen kritischen Blick auf die eigene Geschichte und ein Ende des Personenkultes um Ebert.