Interview mit SPD-Vizechef

Stegner: Die SPD will beim Kampf gegen Rechts in der ersten Reihe stehen

Lars Haferkamp13. August 2019
#unteilbar-Demo am 13. Oktober in Berlin
Starkes Zeichen gegen Rechts: #unteilbar-Demo am 13. Oktober 2018 in Berlin. Die SPD kämpft ist seit ihrer Gründung gegen Intoleranz, Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit.
Das SPD-Präsidium fordert einen entschiedeneren Kampf gegen Rechtsextreme. Deren konsequente Entwaffnung steht für Partei-Vize Ralf Stegner dabei oben an. Auch dürfe in Deutschland kein Platz mehr sein für Verfassungsfeinde in Uniform.

Ralf Stegner, das SPD-Präsidium hat einen Beschluss „Wir gegen Rechts – Demokratische Ordnung stärken und verteidigen“ verabschiedet. Was sind die wichtigsten Forderungen?

Wir fordern ein systematisches, länderübergreifendes Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen rechtsextreme Gefährder. Die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaates gegen diese Demokratiefeinde muss klargemacht werden. Dazu gehört ein zügiges Verbot des Neonazi-Netzwerkes „Combat 18“ und eine konsequente Entwaffnung der Rechtsextremisten. Dafür müssen natürlich die Sicherheitsbehörden selbst über jeden Zweifel erhaben sein: In Deutschland ist kein Platz für Verfassungsfeinde in Uniform. Wir brauchen außerdem besseren Schutz für jene Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, mehr Anstrengungen gegen Hass im Netz und eine breite Demokratieförderung. Wir Sozialdemokraten müssen bei alldem in der ersten Reihe stehen.

Wie kann es sein, dass gegenwärtig hunderte Haftbefehle gegen gesuchte Rechtsextreme nicht vollstreckt sind und viele, auch polizeibekannte Rechtsextreme immer noch ganz legal Waffen besitzen dürfen?

Das ist ein Punkt, den wir zwingend angehen müssen, hier ist der Staat zu schwach. Die Durchsetzung von Haftbefehlen darf auf keinen Fall an mangelnden Personalressourcen scheitern. Wenn es Haftbefehle gibt, müssen die vollstreckt werden. Ich finde außerdem, dass wir das Waffenrecht verschärfen sollten. Demokratiefeinde dürfen keine Waffen haben – hier sollte das Waffenrecht so restriktiv wie nur irgend möglich sein.

War der Staat bisher – zumindest teilweise – „auf dem rechten Auge blind“?

Wenn man die NSU-Mordserie und ihre schleppende Aufarbeitung betrachtet und sich beispielsweise den schwierigen Umgang mit V-Leuten beim Verfassungsschutz in Erinnerung ruft, muss man das teilweise bejahen. Der Mord am Regierungspräsidenten Walter Lübcke zeigt ja deutlich, woher Gefahr kommt.

Braucht es zur Umsetzung des SPD-Beschlusses mehr Geld und mehr Personal bei den Sicherheitsbehörden?

Durchaus, wobei die SPD bereits bei den Bundes- wie bei den Landesbehörden für mehr Personal gesorgt hat.

Die SPD will auch die Zivilgesellschaft im Kampf gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus stärken. Was soll hier geschehen?

Das ist zuvorderst eine Frage der politischen Bildung, und die beginnt in der Schule. Aber auch ein anderer Aspekt ist wichtig: Die demokratischen Parteien müssen den Wettbewerb über den besten Weg für unser Land leidenschaftlich führen. Wenn sie das tun, ist weniger Platz für die Rechtsextremisten, die dann eben nicht mehr behaupten können: „Die da oben sind alle gleich.“ Wir brauchen alltagstaugliche Antworten auf Probleme, und müssen immer zwischen dem Personal der Rechtsextremisten und deren Wählerinnen und Wählern unterscheiden. Um die Wähler sollten wir mit unseren Antworten werben. Beim Personal darf es aber keine schleichende wie grundfalsche Normalisierung geben! Wir müssen außerdem einen Konsens darüber herstellen, dass Gewalt zu ächten ist – egal, wie sie begründet wird, von wem sie ausgeht und gegen wen sie sich richtet.

Der Kampf gegen rechten Hass im Netz durch eine stärkere Verpflichtung auch von großen internationalen Internetkonzerne dürfte schwierig werden.

Das mag schwierig sein, aber das müssen wir tun, denn den Brandreden folgen die Brandsätze. Am effektivsten geht das natürlich im Verbund mit anderen Ländern, aber wenn sich solche Lösungen verzögern muss Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen – wie bei der Steuer auf Digitalkonzerne auch. 

Was ist der aktuelle Anlass für den Beschluss?

Die Rechten werden wieder gefährlich, überall in Europa. Der Rechtspopulismus blüht von den USA bis Ungarn und Italien. Auch die Umfragen in den ostdeutschen Bundesländern sind besorgniserregend. Klar muss sein: Die Rechtspopulisten sind nicht wählbar, denn wer Rechtspopulisten wählt, gefährdet den Frieden und unseren Wohlstand. Das muss man glasklar herausarbeiten.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, die Forderungen mit den Koalitionspartnern CDU und CSU durchsetzen zu können?

Wir hoffen sehr, dass die Chancen gut sind, denn auch die Union muss begreifen, dass wir die Bürgerinnen und Bürger besser vor den rechten Demokratiefeinden schützen müssen. Leider gibt es weiterhin Vertreter in der Union, die glauben, dass man die Rechtspopulisten bekämpft, indem man deren Parolen übernimmt – Herr Maaßen von der Werteunion tut sich da ja in letzter Zeit wieder besonders hervor. Hier ist also noch Überzeugungsarbeit nötig.

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Kommentare

Elfriede Handrick, SPD

Elfriede Handrick, SPD Vorstand Wustermarck, hat im ZdF ganz in der "Öffentlichkeit eine vermerkenswertes Interview gegeben:

Ich finde es nicht richtig, dass man die Sorgen und Nöte der Bevölkerung ernst nehmen muss. Ich kann das nicht verstehen. Und wenn sie Sorgen und Nöte haben, dann haben sie noch lange nicht das Recht, mit "Heil Hitler" durch die straßen zu laufen".

Elfriede Handrick, SPD

Auf solche Sprüche springt das ZDF natürlich sofort an, um damit die SPD in ein schlechtes Licht zu rücken. Leider ist die ARD zurzeit auf einem ähnlichen Trip.

Teil 2

Teil 2
Ich finde, das sagt vieles über den Zustand in der SPD und auch den Aufstieg rechter Parteien.

Was ist für die SPD

Was ist für die SPD eigentlich rechts? Wo fängt rechts an, wo hört es auf, wo beginnt rechtsextrem? Ist konservativ gleich rechts? Ist die CDU rechts? Das sollte mal definiert werden, damit man weiß, gegen wen die SPD alles kämpft.

Was ist für die SPD eigentlich rechts?

Hallo Herr Keil,
so ist es, das Frage ich mich auch schon seit einiger Zeit. Ich bin seit vielen Jahren Parteimitglied und seit fast 15 Jahren in der Kommunalpolitik aktiv, leider fällt es mir immer schwerer den Mitbürgern zu erklären was die SPD mit ihrem Kampf gegen rechts meint.

Oha ein Tropfen Realität ?

Na sowas aber auch, leider wird der wohl auch verpuffen und man wird sich weiter auf Staatsparanoia als alleiniges "Heilmittel" versteifen.
Mußte wirklich erst ein Politiker ermordert werden damit man "aktiv" wird ? Schlechtes Bild, das man da erzeugt, oder ?

Als bekennender Mittelalter- und StarTrek-Kostümierter finde ich die gelebte Staatsparanoia was Schaukampf- und Dekowaffen sowie Weltraum"waffen" AKA "schusswaffenähnliche Gegenstände" angeht absolut lächerlich.
Die kommunalen Bestimmung werden bereits jetzt deutlich härter gelebt als das eigentliche Waffengesetz vorgibt.

"Die demokratischen Parteien müssen den Wettbewerb über den besten Weg für unser Land leidenschaftlich führen. Wenn sie das tun, ist weniger Platz für die Rechtsextremisten, die dann eben nicht mehr behaupten können: „Die da oben sind alle gleich.“ "

Genau DAS haben "die demokratischen Parteien" die sich aggressiv weigern, Politik zu machen die der Wähler will, bisher nicht getan.

Diese Schlußfolgerung wird im Bundestag aber weiter ausgeblendet um auch weiterhin vom Wähler nicht gewollte Politik "demokratisch" weiter durchzuziehen und Korrekturen weiterhin zu verweigern.

Immer dasselbe Müssen Müssen Müssen

Wie oberflächlich die Statements von Stegner sind. Politische Bildung beginnt in der Schule? Auch dort gibt es etliche Lehrernnen und Lehrer, die offen oder verdeckt mit der AfD sympathisieren. Siehe u.a. den Artikel "Sie sind schon da" im aktuellen SPIEGEL. Und welchen Beruf hatte Höcke doch gleich? Personen mit einer rechtsextremen Gesinnung gibt es auch beim Verfassungsschutz, bei den Nachrichtendiensten und der Polizei. Und: "Die demokratischen Parteien müssen den Wettbewerb über den besten Weg für unser Land leidenschaftlich führen" - so leidenschaftlich wie das Geholze in der GroKo oder noch leidenschaftlicher? Das Eindämmen von rechts- wie linksradikalen Gefahren gelingt selten mit Maßnahmen, wie sie Stegner oben auflistet. Vielmehr gilt es, die Ursachen dafür auszumachen, warum Menschen sich von Extremen angezogen fühlen, um die dann so weit wie möglich zu beseitigen. Sehr lesenswert in diesem Zusammenhang der Vortrag von Theodor W. Adorno "Aspekte des neuen rechtsradikalismus" von 1967, den Suhrkamp kürzlich veröffentlichte.

Gut gebrüllt Ralf

Was fehlt ? Die Verstrickung der "Sicherheitsbehörden" mit Rechtsextremisten wird nicht thematisiert. Dabei ist doch bekannt, daß der SS-Mann Gehlen den BND aufbaute, beim "Verfassungsschutz" war das kaum anders. Die SiPo, gegründet von dem Luxemburg-Liebknecht.Mörder Waldemar Pabst unter der Anleitung von G. Noske, hatte ihre Kontinuität in die BRD. Nordstern, Hannibal und wie sie alle heißen ....... alles verwirrte harmose Polizisten und Soldaten ? Wo bleibt die Aufklärung ? Die ist einzuforden lieber Ralf !
Der wichtigste Baustein im Kampf gegen Rechts ist aber immer noch eine vernünftige und dami demokratische Sozialpolitik ! Nicht von ungefähr haben die Rechten seit Hartz IV so großen Zulauf. Erneuerung der SPD - DRINGEND !!!

Ich wette 10:1, dass...

... die SPD, allen voran Herr Stegner, insgeheim froh ist über die Existenz der "Rechten", kann sie/er sich doch so als stolzer Kämpfer gegen das "Böse" profilieren. Wer würde die Partei überhaupt noch wahrnehmen, könnte sie sich nicht (wie auf dem Foto oben) mit leuchtend roten Bannern in die erste Reihe von Demos "gegen rechts" stellen.

Dass Herr Stegner wie gewohnt rechts mit rechtsextrem gleichsetzt und nach der anfänglichen (und berechtigten) Forderung, Neonazis müssten stärker zurückgedrängt werden, indirekt die AFD ins Spiel bringt, zielt in die gleiche Richtung.

Derlei Spiegelfechterei wird nur nichts nützen: Die SPD ist nicht mehr die Vertretung des "kleinen Mannes", sondern versucht nur noch bei Minderheiten und Randgruppen zu punkten; das hat längst auch der Dümmste bemerkt. Vom einstigen "streitbaren" Image ist nur noch der "Kampf gegen rechts" geblieben, quasi die SPD als parlamentarischer Arm der gewaltbereiten Antifa.

Der Zustand dieser einst großen Partei ist einfach nur noch traurig.

ja, so

ist es

Antifaschismusfolklore, weiter nichts.

Kümmert euch um die Lösung der Probleme, dann habt ihr es warm in der Stube

"Beim Kampf gegen Rechts in der ersten Reihe"

und "kein Platz … für Verfassungsfeinde in Uniform". Es gibt – hoffentlich – in der SPD niemanden, der Ralf Stegner nicht zustimmt!! Allerdings kommt Rechtsextremes nicht immer so öffentlichkeitswirksam daher.

Im Mai veranstaltete die Historische Kommission für Westfalen in Bottrop eine Vortragsreihe zum Thema "100 Jahre Novemberrevolution ..." , die der erste Redner dazu nutzte, um die Revolution von 1918/19 zu beschreiben als - etwas komprimiert zitiert - „gewaltsame Umsturzbestrebungen … mancherorts auf eigene Rechnung operierender Verbrecherbanden, ... die vorrangig Luxusartikel zu Hehlerzwecken gestohlen oder gar gelagerte Lebensmittel vernichtet“ haben, um so „schneller weitere Massenradikalisierung herbeizuführen“ und damit die „Hungerblockade der englischen Sieger“ unterstützten. Die versammelte Historiker-Elite sagte - nichts. Im Gegenteil: Der Moderator diskreditierte die kritisch fragende Zivilgesellschaft als "politische Gruppen, die die Veranstaltung instrumentalisiert" haben.

Ralf Stegner hat nicht gesagt aber sicher gemeint, wir alle müssen aufstehen gegen Rechts!!

So, so

und solche Historikerbeiträge sind für Sie schon rechtsextrem? Dann muss einen die ideologische Orientierungslosigkeit der heutigen SPD allerdings nicht mehr wundern.

Und was soll eigentlich diese Anmaßung mit der "Zivilgesellschaft"? Linke sind nur ein Teil der Gesellschaft, mehr nicht. Denn die setzt sich aus ganz unterschiedlichen Menschen mit ganz unterschiedlichen politischen Orientierungen zusammen, wozu übrigens auch das rechte, will sagen (national-) konservative (nicht nationalsozialistische!) Lager gehört, ob es der SPD passt oder nicht.

Wenn alle diese Gruppen unbeschränkt je nach Gewicht am politischen Willensbildungsprozess und wenn möglich der Regierung von Bund und Ländern teilnehmen können nennt man es Demokratie. Was das linke Lager heute unter Demokratie versteht ist aber wohl besser als Gesinnungsdiktatur beschrieben.

Da sprechen Sie in wahres

Da sprechen Sie in wahres Wort.

Wäre noch die Frage zu klären hinsichtlich des Linksexstremismus. Die s.g.Antifa tritt doch öfters "unangenehm" in Erscheinung. Hier wäre Herr Stegner sicher der richtige Ansprechpartner.

Interessant ist...

...dass sich so manche/r in unserer Partei ohne viel zutun als Sympathisant der extremen Rechten entlarvt. Dennoch sollten wir weiter hinter unserer SPD-Haustür kehren, damit wir glaubhaft sind, wenn es darum geht Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und völkisches Gedankengut an anderer Stelle zu beklagen !

Rechte Pollitik, hier in DE

Rechte Pollitik, hier in DE die AfD, ist neoliberale Politik in reinster Form. Es wäre m.M. nach im Sinne der Demokratie mit einer humanen Politik und eine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft - die Betonung liegt auf sozial - sowie eine Politik hin zum Frieden die Rechten in die Schranken zu weisen. Der Kampf gegen Rechts kann nur so wirkungsvoll sein. Etwaige Verdächtigungen helfen da wenig.

Nichtsdestotrotz...

sind es die rechtsextremen Kräfte die momentan national, europaweit und global im großen Stil demokratische Strukturen gefährden. Daran können wir in Deutschland und Europa zumindest etwas ändern. Ein starkes linkes, auch übernationales Bündnis mit einem Programm welches politische Macht wieder den Bürgern zurückgibt und den Einfluss der Gewinnmaximierer maximal einschränkt. Stärkung der Daseinsvorsorge und Schutz der Lebensgrundlagen müssen oberste Priorität haben! Manche in der SPD haben das vor Jahren schon erkannt ! Da denke ich an Ralf Stegner und Gesine Schwan die immer schon vor Auswüchsen des Neoliberalismus gewarnt haben, deren Vorschläge aber zumeist von den Erzkonservativen unserer Partei entweder abgeblockt oder zumindest kommentarlos ignoriert wurden ! Aber auch Konservative lernen bisweilen zumindest partiell dazu ! Ich denke da jetzt gerade auch an die Söder/CSU und kann mir ein Lächeln dabei nicht verkneifen !

Dazugelernt ?

Ob der noch amtierende nieders. MP Stefan Weil in dieser Frage dazugelernt hat, ist anzuzweifeln.
Angesichts des scheinbar nie endenden VW-Abgas- und Betrugskandales (Weil ist Aufsichtsrat und Vetreter des Miteigentümers Land Niedersachsen) hören wir von ihm vor allem das "Schweigen im Walde". Impulse für einen grundlegenden Kurswechsel Richtung Lobbykontrolle können wir von ihm nicht bekommen.
Auch was die unsägliche Agrar-, Gülle- und Fleischindustrie in Niedersachsen anbelangt hält er sich mutlos bedeckt, während die etablierte Wissenschaft uns dringend mahnt endlich die Weichen Richtung Nachhaltigkeit,Transparenz und Lobbykontrolle zu stellen. Waren es doch gerade die viel zu engen Verflechtungen von Konzernwirtschaft und Politik, die zu Betrug, Gesundheitschäden ,Toten und vielerlei der aktuellen Notstände führten. Bemerkbar macht sich MP Weil durch seine verschrobelte Ankündigung seiner "Nichtkandidatur mit Hintertür" für den Parteivorsitz und aktuell verlautbarten Ankündigung d. Nichtwahl von Gesine Schwan (Vorsitzende SPD-Grundwertekommission) u. Ralf Stegner (Oppositionsführer Schleswig Holstein). Ob ihn das für den Verbleib in der SPD-Spitze auszeichnet ? Erneuerung ?

"Gesinnungsdiktatur"

Ich kenne auch – durchaus kluge – Menschen, die von "linker Meinungs-/Gesinnungsdiktatur" sprechen; die setzten aber immer das Wort "halluzinierter" davor.