Partnerschaftsbonus

SPD will faire Aufteilung von Familienarbeit: So sieht das neue Elterngeld aus

Vera Rosigkeit16. September 2020
Viele Eltern profitieren von mehr Teilzeitmöglichkeiten, Frühchenmonat und weniger Bürokratie beim neuen Elterngeld
Viele Eltern profitieren von mehr Teilzeitmöglichkeiten, Frühchenmonat und weniger Bürokratie beim neuen Elterngeld
Reform des Elterngeldes: Mit mehr Teilzeitmöglichkeiten will Bundesministerin Franziska Giffey eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Familie erreichen. Hinzu kommt ein zusätzlicher „Frühchenmonat“.

Knapp die Hälfte aller Eltern wünschen sich mehr partnerschaftliche Aufteilung von Arbeits- und Familienzeiten, doch nur 1,9 Prozent nehmen derzeit den Partnerschaftsbonus während ihrer Elternzeit in Anspruch. Die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist für SPD-Familienministerin Franziska Giffey ein „klarer Auftrag“. Sie will die Bedingungen für den Erhalt dieser Familienleistung reformieren.

Faire Verteilung der Familienarbeit als Ziel

Auch wenn es nicht Teil der Absprachen im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union war, hat sie dazu am Mittwoch einen Gesetzesentwurf ins Kabinett gebracht. Der sieht deutliche Verbes­serungen im Elterngeld vor, um den Erhalt des Partnerschaftsbonus zu erleichtern, wie sie auf einer Pressekonferenz in Berlin betont. Familien sollen mehr Teilzeitmöglichkeiten und einen zusätzlichen Elterngeld-Frühchenmonat erhalten und von Bürokratie entlastet werden, sagt sie. Was genau ist geplant?

Bisher galt:

Um den Partnerschaftsbonus zu erhalten, mussten bisher beide Eltern im gleichen Zeitraum vier Monate in Teilzeit mit einem Umfang von 25-30 Stunden pro Woche arbeiten. Für diesen Zeitraum konnten sie je nach Einkommen einen Zuschuss von 150 bis 900 Euro erhalten. War es den Eltern nicht möglich, die vier Pflichtmonate einzuhalten, musste der Bonus zurück erstattet werden.

Neu ist:

  • Anzahl der Wochenstunden: Künftig können Eltern den Bonus erhalten, wenn sie zwischen 24 und 32 Stunden an drei oder vier Tagen die Woche arbeiten. Das sorge für mehr Flexibilität, sagt Giffey. Damit käme sie dem Wunsch insbesondere von Vätern nach, die eine Vier-Tage-Woche betrieblich deutlich besser realisieren könnten.
  • Anzahl der Monate, für die der Bonus gezahlt wird: Außerdem kann der Bonus auch für nur zwei Monate gewährt werden. Sollte beispielsweise ein Elternteil erkranken, kann das andere Elternteil den Bonus auch alleine beziehen.
  • Keine Festlegung über die Anzahl der Monate vorab: Eltern müssen sich nicht mehr bei der Elterngeldstelle vorab festlegen, für wie viele Monate sie den Bonus beantragen wollen. Sie können zunächst zwei Monate angeben und verlängern oder auch vier Monate beantragen und früher beenden, wenn sie es möchten.
  • Keine Rückzahlung mehr: Sollte die Teilzeit nicht über die gesamte Zeit eingehalten werden können, muss keine Rückzahlung für den gesamten Zeitraum des Antrags erfolgen.

Ein Frühchenmonat extra

Einen zusätzlichen Monat Elterngeld erhalten alle Eltern von Neugeborenen, die sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher geboren werden. Rund 17.000 Früchchen gebe es pro Jahr, erklärt Giffey. „Ihre Eltern brauchen mehr Zeit.“

Weniger Bürokratie: Eltern, die Teilzeitmonate nehmen, müssen nur noch in Ausnahmefällen, aber nicht mehr generell wie bisher ihre Arbeitszeitnachweise detailliert vorlegen. Es wird davon ausgegangen, dass die im Antrag angegebenen Arbeitszeiten eingehalten werden. Außerdem werden kleine selbstständige Einnahmen in Höhe von 35 Euro im Monat künftig nicht mehr angerechnet.

40 Prozent der Väter nehmen Elternzeit

Insgesamt zwei Millionen Eltern hätten im vergangenen Jahr das Elterngeld bezogen, erklärt Giffey. „Über 40 Prozent der Väter nehmen heute Elternzeit“, fährt sie fort. Vor Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 waren es gerade mal drei Prozent. Im Etat des Ministeriums mache dies 700 Milliarden Euro aus. Nun gehe es darum, gezielt mehr Partnerschaftlichkeit zu fördern. Zusätzliche Mittel aus dem Haushalt seien dafür nicht erforderlich.

Zur Finanzierung der Verbesserungen „werden wir die Einkommensgrenzen herabsetzen“, betont die SPD-Politikerin. Künftig würden nur noch Eltern, die gemeinsam 300.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen, Elterngeld erhalten. Bisher lag die Grenze für Paare bei 500.000 Euro. Die neue Regelung betreffe Spitzenverdiener, die 0,4 Prozent der Elterngeldbezieher ausmachten. Laut Giffey sei für sie eine eigenständige Vorsorge für den Zeitraum der Elternzeit auch ohne Elterngeld möglich. Für Alleinerziehende soll die Einkommensgrenze allerdings weiterhin bei 250.000 Euro bleiben.

Midyatli: Noch nicht alles erreicht

„Jede Regelung, die es jungen Eltern ermöglicht Familie und Beruf besser miteinander zu verbinden, ist eine gute Regelung“, betont die Vize-Vorsitzende der SPD, Serpil Midyatli. Es sei der explizite Wunsch vieler Eltern gewesen, künftig mehr Freiräume bei der Kombination von Elterngeld und Teilzeit zu haben. „Wir sind uns aber auch darüber im Klaren, dass wir hier noch nicht alles erreicht haben“, gibt sie zu Bedenken. Deshalb werde die SPD weiter Innovationsmotor bei diesem Thema bleiben.

Die Neuregelungen sollen im kommenden Jahr in Kraft treten, müssen aber noch durch Bundestag und Bundesrat.

Elterngeld

Elterngeld bekommen Mütter und Väter, wenn sie nach der Geburt des Kindes nicht oder vorerst nur wenig arbeiten. Der Staat unterstützt das mit mindestens 300 Euro und maximal 1800 Euro im Monat - abhängig vom Netto-Verdienst vor der Geburt des Kindes. Das Elterngeld wird maximal 14 Monate lang gezahlt, wenn sich beide an der Betreuung beteiligen. Die Zahlungsdauer kann mit dem ElterngeldPlus zeitlich gestreckt werden, dafür sind die monatlichen Zahlungen dann kleiner. Eltern, die sich für ein partnerschaftliches Zeitarrangement entscheiden, erhalten einen Partnerschaftsbonus: Sie bekommen vier zusätzliche ElterngeldPlus-Monate, wenn sie in dieser Zeit gleichzeitig ihre Wochenstunden reduzieren. 

Mehr Informationen zum Elterngeld und ElterngeldPlus

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Kommentare

Es geht doch !?

Da wurde doch ein Stück gedreht am Steuerrad Richtung Gerechtigkeit !
Halt nur ein Stückchen - aber immerhin! Warum Familien mit 300.000 EUR Jahreseinkommen auf Elterngeld angewiesen sein sollen während die kommende Generation in Schulden gestürzt wird,leuchtet mir zwar nicht ein aber es war ja vor Kurz. noch Extremer !
Auch was die faire Arbeitsteilung in Partnerschaften anbelangt, gibt es Hoffnungszeichen, die dürfen aber nicht mehr zulasten eines angemessenen Betreuungsschlüssels bei Kinderbetreuung gehen und es braucht viel mehr Entlastung bei häuslicher Pflege ! Es braucht ein umgesetztes Grundrecht auf Teilzeit auch im Führungskräftebereich, vielleicht sogar dort eine verpflichtende Teilzeitmindestquote f. Männer! Das erhöht den Anreiz zur fairen Arbeitsteilung und könnte die umstrittene Frauenquote überflüssig machen, wenn´s mal funktioniert !
Nachhaltigkeit = Ressourcenschonender Konsum, Arbeitszeitreduktion, Flexibilität zugunsten der ArbeitnehmerInnen , Entlastung der kommenden Generation durch gerechte Aufteilung und Belastung der jetzigen "Verursacher", Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum und steuerfinanzierten nachhhaltigen flächendeckenden ÖPNV = attr.Leben !