Nordrhein-Westfalen

SPD-Wahlkampf-Auftakt: Wie Thomas Kutschaty das Eis bricht

Benedikt Dittrich02. April 2022
Wahlkampfauftakt in NRW: Spitzenkandidat Thomas Kutschaty (von rechts) mit Anke Rehlinger Saskia Esken und Olaf Scholz.
Wahlkampfauftakt in NRW: Spitzenkandidat Thomas Kutschaty (von rechts) mit Anke Rehlinger Saskia Esken und Olaf Scholz.
Tauwetter in Nordrhein-Westfalen: Die NRW-SPD läutet in Essen die heiße Wahlkampfphase ein. Gewählt wird am 15. Mai, für den Auftakt hat Spitzenkandidat Kutschaty seine Heimatstadt ausgewählt. Er sei „stinkesauer", sagt er am Samstag.

Als Thomas Kutschaty auf die Bühne kommt, blitzen gerade die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. „Tauwetter“ hatte die Moderatorin am Samstag versprochen, bevor der Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen das Wort ergreift. Noch am Morgen hat es geschneit. Sie behält Recht: Während der Rede des SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl rutschen auch die letzten Schneereste von der überdachten Bühne herab.

„Jetzt kann es nur noch besser werden!“, ruft Kutschaty auf dem Burgplatz den Genoss*innen und Gästen deshalb zu, die sich am Samstagmorgen aufgemacht hatten, um den Start in die heiße Wahlkampfphase der NRW-SPD zu erleben. Und sie erleben einen Spitzenkandidaten, der in seiner Heimatstadt laut und energisch wird. Am Ende ist seine Stimme hörbar angegriffen, kratzig und rau stimmt er seine Mitstreiter*innen auf einen engagierten Wahlkampf ein.

Kutschaty sauer über schwarz-gelbe Blockade

„Ich bin stinkesauer“, zieht Kutschaty Bilanz die Arbeit der schwarz-gelben Landesregierung der vergangenen Jahre. Eine Landesregierung, die sich lieber mit unsinnigen Abstandsregeln statt mit dem Ausbau der Windkraft in den beschäftigt habe. „Sodass von einem Ausbau kaum noch etwas zu sehen ist.“ Welche Auswirkungen diese Politik nun hat, sagt Kutschaty ebenso deutlich: Wäre Deutschland mit dem Ausbau der Erneuerbaren schon weiter, wäre man heute nicht so abhängig vom russischen Gas. (Warum in NRW der Ausbau der Windkraft vor dem Kollaps steht.)

Stattdessen sei die Bevölkerung in NRW von „laschen und wüsten“ Ministerpräsidenten (eine Anspielung auf Armin Lascht und Hendrik Wüst) verrückt gemacht worden. Den zunehmenden Lehrermangel, die Diskussionen über Krankenhaus-Schließungen, der stockende Wohnungsbau – all das wollen die Sozialdemokrat*innen in Nordrhein-Westfalen beenden. „Damit machen wir am 18. Mai Schluss!“, ruft Kutschaty in die Menge – und erntet Applaus im SPD-Fahnenmeer.

Unbeeindruckt von destruktivem Protest 

Dass es ein Wahlkampf in aufgewühlten Zeiten ist, ist auf dem Essener Burgplatz aber auch zu hören. Nicht nur, weil Kutschaty auch schwierige Wahlkampfthemen wie die Bildungspolitik anspricht, sondern weil auch Impfgegner*innen, Coronaleugner*innen und andere mit Trillerpfeifen und Schreien den Wahlkampfauftakt zu stören versuchten. „Sowas schreckt uns nicht ab“, sagt Kutschaty zwischendrin, bleibt ansonsten aber dabei, über seine Perspektive des „NRW von Morgen“ zu sprechen, sein Wahlkampfmotto.

„Bei uns zählen Fleiß und Talent und nicht die Herkunft“, fährt er mit Blick auf die Geflüchteten aus der Ukraine fort, die auch schon NRW erreichen. Das Land werde seinen Beitrag leisten und überhaupt seien Geflüchtete zwischen Rhein und Ruhr immer willkommen gewesen. Aber Kutschaty erklärt auch an einem anderen konkreten Beispiel, was gleiche Bildungschancen für die Sozialdemokratie vor Ort bedeuten: In Essen mache es einen „kolossalen Unterschied, ob man von hier aus einen Kilometer in die eine Richtung geht, oder einen Kilometer in die andere“. Für mehr Chancengleichheit will Kutschaty deshalb dafür sorgen, dass es keine Rolle spielt, wo jemand aufwächst. Ebenso will er für alle die Kita-Gebühren abschaffen, Schule wieder „zum Hauptfach“ der Politik machen, sich für mehr und bessere Tarifverträge einsetzen.

Wahlkampfhilfe von Rehlinger und Scholz

Doch der ehemalige NRW-Justizminister kämpft dafür aber nicht alleine – er hat eine geschlossene SPD hinter sich, wie er auch auf der Bühne zeigen kann. Während SPD-Generalsekretärin Nadja Lüders als Wahlkampf-Organisatorin gute Stimmung für die anstehenden Tage und Wochen bis zum 15. Mai verbreitet, gibt es auch reichlich Schützenhilfe von weiterem Spitzenpersonal: Neben Anka Rehlinger, der frisch gebackenen Wahlsiegerin aus dem Saarland, sind auch die SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil ins Ruhrgebiet gekommen. Und auch Bundeskanzler Scholz hat sich inmitten der Krisenpolitik Zeit für den wichtigen Wahlkampftermin genommen.

In Essen ist vor allem an der Krieg in der Ukraine Thema seine Rede. Der Kanzlker spricht von einem russischen Präsidenten, der sich verrechnet habe. Deutschland, die EU und die Nato stellten sich Putins Treiben gemeinsam entgegen. „Wir müssen wieder so stark sein, dasss Gewalt nicht das Recht brechen kann“, sagt Scholz zu Putins Versuch, die Staatsgrenzen in Europa mit Gewalt zu verändern. Dabei erinnert der Kanzler an Johannes Rau und dessen Lebensmotto „versöhnen statt spalten“. Rau, geboren in Wuppertal, 20 Jahre lang Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, ist als Landesvater vielen in NRW noch in guter Erinnerung.

Applaus für klare Worte von Olaf Scholz

„Das ist es, wofür wir kämpfen“, ruft Scholz auch seinen Gegner*innen entgegen. „Dafür, dass man seine Meinung laut sagen kann.“ Den Zynismus dahinter finde er allerdings unerträglich, dass dieselben Menschen, die behaupteten, man könne seine Meinung in Deutschland nicht mehr sagen, eben dies am Rande der Veranstaltung täten. „Schaut euch doch um in den Diktaturen dieser Welt“, ruft er so laut, dass seine Stimme an diesem kalten Apriltag fast versagt. Für seine klaren Worte schallt ihm einmal mehr lautstarker Applaus entgegen, der vom Burgplatz auch in die Querstraßen der Essener Innenstadt hallt. Der Appell, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen und damit sich selbst und andere zu schützen, aber auch Krankenhäuser zu entlasten, wird ebenso mit Applaus quittiert. An der Impf-Nachweispflicht hält Scholz auch an diesem Tag fest. 

Dass Kutschaty den Kurs des Bundeskanzlers unterstützt, daran lässt er an diesem Samstag keinen Zweifel. Und er geht noch weiter: „Wir kämpfen auch für neue Mehrheiten im Bundesrat“, sagt er. Unterstützung in der Länderkamer für die Bundesregierung, auch das würde eine von der SPD angeführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen bedeuten. „Wir sind bereit!“, ruft ein heiserer Kutschaty in die Menge, die da bereits wieder applaudiert, „für euch gewinnen wir das Morgen. Glück auf!“

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Kommentare

Statt "Diskussionen beenden"....

Wäre es nicht beser statt als Zielvorgabe das "beenden der Diskussionen um Krankenhausschliessungen" vorzugeben eben diese Schließungen zu beenden ? Es ist arg unglaubwürdig, Menschen mit Impfzwängen von Substanzen zu drangsalieren, deren Werbeversprechen bereits drastisch reduziert werden mussten weil von der bösen Realität widerlegt um "Krankenhäuser zu entlasten" während 30 Kliniken seit Ausrufen der Pandemie geschlossen wurden. Wird der Krankenhausabbau nicht endlich gestoppt dann helfen noch so viele Wunderwässerchen und "Game changer" Spritzen auch nicht mehr.

SPD Wahlkampf - Auftakt

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