
Gastronomie und weite Teile des Einzelhandels bleiben zu, die Kontaktbeschränkungen im Privatbereich werden verlängert, nur Friseur-Salons sollen ab März wieder öffnen dürfen sowie Kitas und Schulen ihr Betreuungsangebot schrittweise wieder ausweiten. Das sind zusammengefasst die Beschlüsse der Bund-Länder-Videokonferenz zum aktuellen Umgang mit der Corona-Pandemie.
Von Seiten der SPD werden die Beschlüsse lobend aufgenommen, allerdings mit einigen Warnhinweisen versehen. So appellierte unter anderem SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans vor allem an Peter Altmaier: „Der Wirtschaftsminister muss in die Puschen kommen.“ Denn es gebe gerade ein leises Sterben in der Gastronomie und dem Einzelhandel – nicht aus Mangel an finanzieller Unterstützung, sondern weil das Geld nicht ankäme. Ein Mangel in der Umsetzung der Hilfen.
Ergebnisse des Corona-Gipfels im Überblick
SPD-Chef: Abwägungen im „Dreieck“
Die Verlängerung des Lockdowns verteidigte er allerdings im Deutschlandfunk – und sprach dabei von einem Dreieck, in dem abgewogen werden müsse: „Wir müssen alles tun, um unser Gesundheitswesen nicht zu überlasten und Menschenleben zu retten. Wir müssen auch darauf achten, dass die Wirtschaft funktioniert, denn sie ist die Stütze dafür, dass wir uns so gut durch diese Krise bewegen können. Und das dritte ist, dass der Bildungsbereich ein ganz empfindlicher ist.“
Die Souveränität der Bundesländer, wie sie am Mittwochabend noch einmal betont wurde, findet er ebenfalls richtig: Es sei schließlich kein Nachteil auf die unterschiedlichen Situationen in den Ländern entsprechend eingehen zu können. „Wir sollten nicht so tun, als ob wir jeden Tag unsere Kinder in einem anderen Bundesland in die Schule schicken würden“, so Walter-Borjans weiter. Es könne niemand ein Interesse daran haben, dass ein Teil der Kinder in Deutschland zurückfällt und die Langzeitfolgen möglicherweise jahrelang nicht aufholen könnten – deswegen sprach sich auch Walter-Borjans dafür aus, schrittweise die Schulen und Kitas wieder zu öffnen.
Weitere Lockerungen sieht er hingegen skeptisch – in der „Rheinischen Post“ warnte er davor, den Fuß zu schnell von der Bremse zu nehmen, denn dann drohe eine Fortsetzung der Schussfahrt mit einer Überlastung des Gesundheitssystems und vielen vermeidbaren Todesopfern.
Vom „Dreieck“ zum „Dreiklang“
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zeichnete ein anderes Bild, sprach dabei aber ähnlich wie der Parteichef von einem „Dreiklang“. Das schrittweise öffnen der Bildungseinrichtungen, die Ausweitung der Schnelltests, die mögliche Hochstufung des pädagogischen Personals beim Impfen – das ist für die SPD-Ministerin der richtige Weg, um die Folgen des Lockdowns im Bildungsbereich einzudämmen und trotzdem vorsichtig zu agieren. MIt den Beschlüssen sei nun eine Perspektive in dem Bereich geschaffen.
Besonders begrüßte sie die Überlegung, das pädagogische Personal in eine höhere Impf-Kategorie einzustufen. „Gerade die Erzieherinnen und Erzieher, die mit den ganz kleinen Kindern arbeiten, können sich eben nicht in gleichem Maße schützen“, betonte sie die Problematik im Kita-Bereich. Allerdings unterstrich sie auch, dass die Entscheidung darüber nicht getroffen wurde: Über die Einstufung muss noch im Bundesgesundheitsministerium entschieden werden, die Vereinbarung am Mittwochabend ist nur eine Empfehlung, ein Prüfauftrag. Die Sozialdemokratin hofft außerdem auf eine baldige Zulassung der Corona-Schnelltests für Laien, um in der Fläche mehr Sicherheit durch die Tests zu bekommen.
Für die Länder hatte bereits der Vorsitzende der Ministerpräsident*innenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, am Mittwoch betont, wie wichtig eine Öffnungsperspektive für Kitas und Schulen für die Eltern und Kinder sei. „Wir sehen auf der einen Seite was beim Gesundheitsschutz passieren muss und wir sehen auf der anderen Seite die sozialen Folgen, wenn Schulen, wenn Kindertagesstätten über Monate geschlossen sind.“ Er differenzierte außerdem: „Wir reden hier über ein schrittweises Hochfahren.“ Die Situation sei nicht mit dem Frühjahr 2020 vergleichbar, „auch mit Wechselunterricht, mit Abstandsregeln, mit Lüftungsgeräten, mit Verstärktem Einsatz von Tests, natürlich auch für die Kinder.“
Das alles zusammen sieht Vizekanzler Olaf Scholz im Fernsehsender „ntv“ am Donnerstagmorgen als eine gute Perspektive. Er bemühte sich um einen positiven Ausblick: „Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“. Der erste Schritt sei jetzt gemacht, so der Finanzminister. Er warnte aber gleichzeitig vor zu schnellen Lockerungen. Auch für die Beschaffung von Impfdosen versprach er die nötigen Finanzhilfen, ebenso für die Bereitstellung von Schnelltests.
Der Gesundheitsökonom und Arzt, der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach, lobte die Ergebnisse als einen „Sieg der Vernunft“ im Kampf gegen eine mögliche dritte Welle der Virus-Pandemie. „Lockerung ist kein Automatismus“, warnte er mit Blick auf die Verbreitung der Mutationen.