Sozialdemokratie

Warum die SPD-Mitgliedsbeiträge zum neuen Jahr steigen

Kai Doering04. November 2020
Beschlossen auf dem Bundesparteitag 2019: Zum 1. Januar 2021 steigen die SPD-Mitgliedsbeiträge zum ersten Mal seit fast zehn Jahren wieder.
Beschlossen auf dem Bundesparteitag 2019: Zum 1. Januar 2021 steigen die SPD-Mitgliedsbeiträge zum ersten Mal seit fast zehn Jahren wieder.
Zum 1. Januar werden die Beiträge für SPD-Mitglieder zum ersten Mal seit fast zehn Jahren wieder erhöht. Trotz Sparmaßnahmen ist die Partei dringend auf das zusätzliche Geld angewiesen – besonders für den Bundestagswahlkampf.

Ohne ihre Mitglieder ging bei der SPD nie etwas. Das galt und gilt nicht nur inhaltlich und organisatorisch, sondern auch finanziell. So sorgten im Kaiserreich die ­Arbeiterinnen und Arbeiter mit einer Zusatzabgabe, dem sogenannten Arbeitergroschen, dafür, dass die Arbeiterbewegung ­eigene Zeitungen und Druckereien gründen konnte. Anders hätte die Sozialdemokratie unter den damaligen Bedingungen von Verfolgung und Zensur politisch nicht arbeiten können. Heute tragen die rund 410.000 SPD-Mitglieder mit ihren Beiträgen einen wesentlichen Anteil dazu bei, den Parteiapparat am Laufen zu halten. 85 Cent von jedem Mitglieds-Euro fließen an die Landesverbände und Bezirke sowie an die Gliederungen vor Ort.

Ohne diese kontinuierliche finanzielle Unterstützung wäre für die SPD auf allen Ebenen auch die Finanzierung der Wahlkämpfe nicht möglich. Im Gegensatz zu anderen Parteien kann die SPD nämlich nicht auf hohe Spenden setzen. Gerade mal fünf Prozent ihrer Einnahmen erhielt die Partei zuletzt auf diesem Wege. Zum Vergleich: Bei der FDP waren es 17 Prozent, bei der AfD 18 und bei CDU und CSU sogar mehr als 28 Prozent. Selbst bei den Grünen flossen 2018 zehn Prozent der Einnahmen aus Spenden. Der SPD spenden vor allem die eigenen Mit­glieder, insbesondere vor Ort.

Sparprogramm im Willy-Brandt-Haus seit 2018

Für die SPD wird die finanzielle Situa­tion zusätzlich dadurch erschwert, dass die Einnahmen aus der staatlichen Teil­finanzierung wegen der schlechten Wahlergebnisse insbesondere bei den Bundestagswahlen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken sind. „Die SPD kann sich auf Dauer den Apparat ­einer 40-Prozent-Partei mit den Einnahmen einer zuletzt 20-Prozent-Partei nicht leisten“, sagt Schatzmeister Dietmar Nietan.
Deshalb hat er bereits 2018 ein striktes Sparprogramm aufgelegt. So wurden die Ausgaben für politische Arbeit um 20 Prozent gesenkt. Ebenso sollen bis 2023 die Ausgaben für Personal deutlich sinken. So ist in diesem Jahr die Zahl der Stellen im Willy-Brandt-Haus erstmals seit langem gesunken – allerdings ohne betriebsbedingte Kündigungen wie ­Dietmar Nietan betont.

Auch beim kommenden Bundestagswahlkampf kommt es zu harten Einschnitten. „Wir werden im Wahlkampf zehn Millionen Euro weniger ausgeben als 2017“, kündigt Dietmar Nietan bereits an. Das wären rund 40 Prozent weniger als vor vier Jahren. Gleichzeitig soll für den Online-Wahlkampf – nicht nur wegen Corona – deutlich mehr Geld ausgegeben werden. Auf eine ­ausgelagerte Wahlkampfzentrale (Kampa) wie in vergangenen Bundestagswahlkämpfen wird hingegen verzichtet. „Wir bauen das Willy-Brandt-Haus so um, dass wir dauerhaft kampagnenfähig sind, auch außerhalb der Wahlkampfzeiten“, kündigt Nietan an.

Beitragserhöhung um zweieinhalb und fünf Prozent

Nach all den Einsparungen sind jetzt auch die Mitglieder gefragt, wenn es darum geht, die finanzielle Basis der SPD weiterhin zu sichern. Deshalb hat der jüngste Bundesparteitag beschlossen, nach fast zehn Jahren ­ohne Erhöhung, den Mindestbeitrag von 5 Euro auf 6 Euro anzupassen. „Diesen Beschluss werden wir jetzt zum 1. Januar 2021 umsetzen“, sagt Dietmar Nietan.

Auch die übrigen Stufen der Beitrags­tabelle, in die sich jedes Mitglied selbst einordnet, wurden angepasst. „Nach dem Motto ‚Starke Schultern tragen mehr‘ werden deshalb die Beiträge der Mitglieder, die mehr als sechs Euro und mehr als 20 Euro im Monat zahlen, um zweieinhalb Prozent bzw. fünf Prozent einmalig zum Jahresbeginn erhöht“, erklärt Nietan. Beschlossen hatte dies ebenfalls der Bundesparteitag im Dezember 2019. Und eigentlich sollte die Erhöhung schon zum 1. Juli in Kraft treten. Doch wegen der Corona-Pandemie und der damit für viele verbundenen Sorgen hatte der Parteivorstand die Umsetzung der Parteitagsbeschlüsse verschoben. Die coronabedingten wirtschaftlichen Einbußen hat der Parteivorstand wieder berücksichtigt.

Die jährliche prozentuale Anpassung des Mitgliedsbeitrags gemäß der Nettolohnentwicklung wurde für 2021 auf null Prozent festgelegt. Die von den Delegierten des Parteitags 2019 beschlossenen einmaligen Beitragsanpassungen hält Schatzmeister Dietmar Nietan allerdings für absolut notwendig: „Auf Dauer werden wir diese Mehreinnahmen dringend brauchen, damit unsere SPD gerade auch in schwierigen Zeiten finanziell handlungsfähig bleibt.“

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Kommentare

das war zu erwarten

schlechte Wahlergebnisse bedingen sinkende Staatsfinanzierung, Niedergang des Pressewesens u.a.m - irgendwo muss ja das Geld herkommen. Hoffen wir, dass es gelingt, mehr Zuspruch in der Wählerschaft zu finden, dann könnten die Beiträge ja wieder gesenkt werden.

Miitgliedebeitragserhöhung

Hallo, ich bin eine arme Kirchenmaus und kann keine Erhöhung zahlen, ich drehe jetzt schon jeden € in der Hand um!

Mindestbeitrag

Für Mitglieder ohne Erwerbseinkommen, ohne Pensionen, ohne Renteneinkünfte oder ohne vergleichbare Einkommen beträgt der monatliche Mitgliedsbeitrag auch weiterhin 2,50 Euro.

Ich bin mit der Erhöhung

Ich bin mit der Erhöhung nicht einverstanden!

Mein künftiger Beitrag: 10,00 Euro. Ich bitte dies entsprechend zu ändern!
Josef Stapfer

Verantwortliche Stellen

Wir berichten nur über die geplante Erhöhung, sind aber nicht dafür verantwortlich. Insofern freuen wir uns über jeden Kommentar, sind aber nicht die verantwortliche Stelle, die das entsprechend berücksichtigen könnte.

Mittelverteilung an Realität anpassen und orientieren

Die Beitragserhöhung ist absolut nachvollziehbar, auch mit Blick auf die zu erwartenden weiteren Einbußen die ins Haus stehen. Stand der Umfragen würden immerhin 1 Drittel der SPD-Bundestagsabgeordneten ihr Mandat verlieren. Damit enstehen natürlich weitere Mindereinnahmen.

Trotzdem müssen die Strukturen weiter umgebaut und angepasst werden. Jetzt sind die Strukturen noch immer zu stark daran orientiert, dass die Partei eine große Mitgliederzahl hat, und eine Volkspartei ist. Beides stimmt nicht mehr, und eine Rückkehr zu den Verhältnissen der 1970er/80er ist sehr unwahrscheinlich. Dazu kommen externe Faktoren wie die Digitalisierung.

Gleichzeitig muss man auch Prioritäten setzen, wenn es um Ausgaben im Wahlkampf geht. In Baden-Württemberg, Berlin und Thüringen sind keine guten Ergebnisse bei den Regionalwahlen zu erwarten. Hier wäre es sinnvoller, wenn die Landesverbände sich auf den Bundestagswahlkampf konzentrieren würden. Mehr Hilfe und Ressourcen brauchen die Verbände in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern, wo es zumindest machbar scheint, die Regierungschefs zu retten.