Regierungsbildung in Rom

SPD: Italien muss seine europäischen Verpflichtungen einhalten

Lars Haferkamp22. Mai 2018
In Europa schrillen die Alarmglocken. Denn Italiens mögliche neue Regierung aus Links- und Rechtspopulisten kann die Stabilität der EU und des Euro gefährden. Führende SPD-Politiker mahnen Rom bereits jetzt zur Vertragstreue: Ohne Einhaltung der Regeln werde es keine Stabilität geben.

Noch ist die neue italienische Regierung nicht gebildet, da häufen sich von den europäischen Partnern die mahnenden und warnenden Stimmen – auch aus der SPD. Die Einigung von Links- und Rechtspopulisten auf eine europakritische Regierung in Rom sei „ein bitterer Tag für alle, die Europa stärken und nicht schwächen wollen“, so Achim Post, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Achim Post: Jetzt kämpfen statt resignieren

„Eine italienische Regierung der Populisten und Nationalisten beschert Europa zusätzliche Unsicherheiten und Herausforderungen“, erwartet Post. Europapolitische Resignation wäre aber nun die völlig falsche Reaktion. Jetzt gelte es, für den europäischen Fortschritt zu kämpfen. „Jetzt erst recht kommt es darauf an, dass Deutschland und Frankreich zusammen mutige Vorschläge für eine Reform der EU vorlegen“, so der SPD-Fraktionsvize.

Die neue italienische Regierung habe natürlich das Recht, ihre politischen Vorstellungen in die europäische Debatte einzubringen, so wie jede andere Regierung in der EU auch. „Gleichzeitig ist Italien aber weiterhin Teil der europäischen Vertrags- und Rechtsgemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten“, mahnte Post. „Und zu diesen Verpflichtungen gehören selbstverständlich auch die Haushaltsregeln im Euroraum.“

Axel Schäfer: Defizitregeln einhalten

Auch sein Fraktionskollege Axel Schäfer sieht hier den entscheidenden Punkt. „Der Maßstab für das Regierungsprogramm sind die europäischen Verpflichtungen“, sagte Schäfer dem Tagesspiegel. „Es wird nur dann Stabilität geben, wenn man sich an die Regeln hält.“

Er sei sicher, dass die Einhaltung der EU-Defizitregeln auch für Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella ganz entscheidend sein werde, so der SPD-Europaexperte. „Für die Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung wird der Dreh- und Angelpunkt sein, inwieweit sie Einfluss auf den künftigen Ministerpräsidenten nehmen können“, so die Erwartung von Axel Schäfer.

Staatspräsident Mattarella entscheidet

Am Montagnachmittag will Staatspräsident Mattarella mit der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega Gespräche über die künftige Regierungskoalition führen. Seine Zustimmung gilt als Voraussetzung für die erstmalige Bildung einer gemeinsamen Regierung von Links- und Rechtspopulisten in Italien, die beide einen dezidiert europakritischen Kurs verfolgen.

 

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Kommentare

Die SPD übt sich munter

im "schäublen". Auch ohne irgendwelche Sympathien für die neue Regierungskonstellation in Italien muss man sich doch auch in der SPD-Bundestagsfraktion langsam mal fragen, ob durch solche Schulmeisterei wirklich Verständigung erzielt werden kann. Zumal, wenn die geltenden EU-Regeln im Wesentlichen die wirtschaftspolitischen Interessen Deutschlands widerspiegeln, die Interessen des europäischen Südens aber vernachlässigen.

Deutschland muss seine europäischen Verpflichtungen einhalten

Vorab, wir aus dem deutschen Kulturkreis neigen dazu, besonders diszipliniert zu sein. Seit der Einführung der Konvergenzkriterien haben wir in keinem Jahr diese eingehalten. Das zeigt eine weitere Eigenschaft unserer Kultur: Humorlosigkeit! Das ist fatal, als wir für die Abweichung lange einen Grund hatten. Die deutsch-deutsche Wiedervereinigung. Kein schlechter Grund, und bis heute dokumentieren wir mit dem Solidaritätszuschlag, den unterschiedlichen Rentenhöhen in Ost und West und unterschiedlichen Gehaltstarifen, dass wir mit der Wiedervereinigung noch nicht zu Ende sind. Und jetzt kennen wir Italien besser als die Italiener(innen)? Nicht missverstehen, die jetzt abzeichnende Koalition von 5* & Lega Nord wird aus ihnen nie Parade-Europäerinnen schaffen. Aber sie machen, wie wir damals, innenpolitische Ausnahmetatbestände geltend. Die SPD sollte über die europäischen Mitglieder der progressiven Allianz eher helfen, die PSDI politisch wie konzeptionell innen- wie europolitisch neu aufzustellen, inkl. ein unparteiisches Wahlsystem. Aber wir sind ja mit der Verkleinerung des Bundestages ja genau so weit und vorbildlich wie mit der Einhaltung der Konvergenzkriterien.

SPD: Italien muss seine europäischen Verpflichtungen einhalten

Ja, und was ist mit Polen und Ungarn?

Staatstragender gehts nicht

Könnten diese Volkvertreter sich bitteschön um die Bedürfnisse ihre Wähler kümmern und sozialdemokratische Politik machen, anstatt da zu rufen: "Haltet den Dieb, er hat mein Messer im Rücken !"
Wenn diese Herren wenigsten Europaabgeordnete wären......
Sich mit Gezeter in Szene setzen, das geht bei denen, aber Lösungen für die dringenden Probleme hier im Land zu finden....da sind die überfordert.

SPD: Italien muss seine europäischen Verpflichtungen einhalten

Man kann nur noch staunen, welche Themen bei der Führung der SPD die alleroberste Priorität haben. Z.B. von der Freihandelsproblematik mit aktuell JEFTA und immer noch CETA, TISA (TTIP ist auch noch nicht vom Tisch) scheint kein führender neoliberaler SPD-Protagonist etwas hören zu wollen. Es ist wohl völlig egal, dass mit diesen Freihandelsabkommen neuen Typs die demokratischen Rechte der Bürger, der Parlamente durch z.B. 'Regulatorische Kooperationen' ausgehebelt werden. Paralleljustiz durch private Schiedsgerichte oder Handelsgerichtshöfe mit besonderen Klagerechten für Konzerne gegen die Staaten wegen. z.B. "entgangenen Gewinns" durch bessere Arbeits- und Sozialgesetze, Umwelt- und Verbraucherschutzgesetze - scheinen in der SPD-Führung (wie in der CDU) niemanden zu beunruhigen. Noch mehr europäische "Milchseen" und "Schweinefleischberge" nach Japan exportieren - mit allen negativen Umweltfolgen in Europa, insbesondere Deutschland. Noch mehr industrielle tierwohlwidrigeTiermast - mit noch mehr Schweinescheiße / Gülle. Steigerung des Exportes von illegal geschlagenem Holz nach Japan. Gefahr des Importes genmanipulierter Lebensmittel aus Japan. Egal? Hauptsache der Euro rollt!

Vakuum links der Mitte nicht nur in Deutschland

Auch in Italien rächt sich aktuell die schwache Bündnisfähigkeit der politischen Kräfte links der Mitte. Nach dem Totalversagen der Mainstreampolitik der sogenannten Mitte (auch einstmals linke Kräfte sind dem neoliberalen Kurs der Mitte erlegen) haben die sozialistischen und sozialdemokratischen Kräfte es nicht vermocht zusamen mit den linken Kräften der ökologischen Bewegung ein überzeugendes und dringend notwendiges gerechtes und nachhaltiges Gegenkonzept zum neoliberalen Konsumwahnsinn der Mitte aufzustellen und sich kraftvoll und eindeutig von einer gefährlichen Poltikausrichtung ohne Zukunft zu distanzieren !
In dieses Vakkum sind die rechten Populisten gedrungen, weil wirkliche Alternative für viele "Zurückgelassenen" nur noch am rechten Rand möglich schien ! Auch in Deutschland wurde wertvolle Zeit der linken Akteure damit kontraproduktiv verschwendet sich gegenseitig der Nichtwählbarkeit zu diffamieren ! Auch teils persönliche Animositäten konnten zu Lasten eines gemeinsamen linken nachhaltigen Gerechtigkeitskonzeptes bisher nicht überwunden werden. Extrempositionen der potentiellen Partner wurden oft als Hinderungsgrund angeführt ! Es ist Zeit das Vakuum zu schließen!

Vakuum links der Mitte

Carlo Ermark hat eine gute Analyse abgeliefert. Für Deutschland gilt: Es gab lange Zeit eine rechnerische parlamentarische Mehrheit für Rot-Rot-Grün. Diese realpolitisch nicht optimalste, aber unter den gegebenen Möglichkeiten relativ sinnvollste Option - wenn man wirklich etwas politisch, gesellschaftspolitisch, sozial,
kulturell, ökologisch verändern will - wurde auch vor der jüngsten Bundestagswahl systematisch kaputtgeredet.
Am meisten und unsinnigsten von den Neoliberalen und Seeheimern in der SPD. Aber auch die Linkspartei und die Grünen sind nicht frei von Schuld. Die Neoliberalen in der SPD flirteten mit mit der pur neoliberalen Lindner-FDP.
Die Kretschmann-Grünen mit der CDU. Und die Linkspartei rieb und reibt sich in patologischen Grabenkämpfen auf.
Und am Ende freut sich immer die Kanzlerin der 'marktkonformen Demokratie' und die SPD gibt zum dritten Mal staatstragend den Junior-Partner der CDU/CSU und liquidiert sich damit selbst. Rudolf Dreßler hat jüngst erklärt:
Die SPD ist todkrank. So ist es! Und das jetzige Duo Nahles / Scholz ist nicht fähig den Patienten zur Gesundung
zu führen! Wenn die SPD nicht bald zu ihren Wurzeln zurückfindet - wird sie untergehen!