Bundestagswahl

Die SPD hat diese Wahl für sich entschieden

Karin Nink26. September 2021
Wahlerfolg: Ein Genosse schwenkt eine SPD-Fahne im Willy-Brandt-Haus.
Wahlerfolg: Ein Genosse schwenkt eine SPD-Fahne im Willy-Brandt-Haus.
Die SPD geht als Siegerin aus dieser Bundestagswahl hervor und hat den Regierungsauftrag der Wähler*innen bekommen. Die Union kann mit dem schlechtesten Ergebnis ihrer Geschichte keinen Anspruch darauf erheben. Ein Kommentar.

Alles sieht danach aus, dass die SPD die Siegerin dieser Bundestagswahl ist. Auch wenn der Abstand knapp ist: Die große Verliererin ist die Union. Sie hat ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten eingefahren. Der SPD gehört der Erfolg dieser Wahl. Noch vor rund drei Monaten lag die Partei wie einbetoniert in den Umfragen zur Bundestagswahl zwischen 14 und 17 Prozent. Im Dezember 2019 bescheinigte Forsa der deutschen Sozialdemokratie gar nur 11 Prozent der Stimmen bei einer Bundestagswahl.

Die Partei hat an sich und den Kandidaten geglaubt

Nichts davon hat sich – allen Unkenrufen zum Trotz – bewahrheitet. Vielmehr hat Olaf Scholz auf die richtigen Themen gesetzt, und es ist ihm gelungen, mit Vertrauen und Respekt die Bürger*innen hinter sich zu versammeln. Deswegen entspricht es nur der Logik, dass er auch weit vorne in der Wählergunst liegt, wenn die Bürger*innen den Kanzler direkt wählen könnten. Die Partei hat in großer Geschlossenheit an sich und ihren Kandidaten geglaubt und so mit ihrem engagierten Wahlkampf in einem zunächst scheinbar aussichtslosen Rennen Stück für Stück Boden gut gemacht und die Wähler*innen überzeugt. 

Wähler*innen-Votum statt Männerfreundschaft

Aus dem Wahlergebnis ergibt sich selbstverständlich der Auftrag für die Regierungsbildung. Auch wenn Armin Laschet es formuliert und es gerne möchte: Es kann niemand in der Union auch nur im Entferntesten daran glauben, dass sie mit ihrem Wahlergebnis und diesem orientierungs- und erfolglosen Kanzlerkandidaten den Anspruch erheben kann, die Geschicke des Landes in den nächsten vier Jahren zu lenken. Das ist nicht der Wähler*innen-Wille. Dessen müssen sich auch die FDP und Christian Lindner bewusst sein. Es geht bei der Regierungsbildung nicht um Männerfreundschaften, sondern um das ganz klare Votum der Wähler*innen. Das heißt: Olaf Scholz soll Kanzler werden und eine Regierung bilden. Und er hat die besten Voraussetzungen, dass ihm das gelingen wird. Denn er hat einen klaren Plan für eine Transformation Deutschlands in einen klimaneutralen Industriestaat, in dem es sozial gerecht und innovativ zugeht. 

Sollten Union und FDP dennoch eine Jamaika-Koalition bilden wollen, müssen sich die Grünen verdammt gut überlegen, ob sie eine bis ins Mark zerstrittenen Union und einen faktenschwachen, in den eigenen Reihen höchst umstrittenen und orientierungslosen Armin Laschet unterstützen wollen. Laschet und Lindner werden einen klaren neoliberalen Kurs einschlagen.

Progressives Projekt nur mit SPD

Mit der SPD hingegen und einem weiteren Partner können sie sich zu dem progressiven Projekt bekennen, mit dem Deutschland in einer starken EU den Weg eines klimaneutralen, sozial starken Landes in einer entsprechend starken Europäischen Union beschreiten wird.

 

 

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Kommentare

SPD stellt stärkste Fraktion

Was sich daraus ergibt, ist jedoch noch offen. Denn es gibt gegenwärtig keinen Grund für die CDU, deshalb einzuknicken. Wenn es nämlich für SPD&Grüne nicht reicht, mag die CDU eben mit FDP und Grünen eine Koalition eingehen.

Kanzlerwahl

Doch, es gibt für die CDU/CSU Gründe, sich selbst zu besinnen. Sie hat über 8 Prozent an Stimmen verloren. Selbst in ihren Hochburgen musste sie Verluste einfahren. Mehrere ihrer Skandalminister verloren ihr Direktmandat (Klöckner, Altmaier, AKK), Scheuer hat es zwar behalten, verlor aber gewaltig an Stimmen.

Wenn Laschet dann noch den Anspruch auf Kanzlerschaft erhebt und dabei von Demokratie redet, weiß er nicht, was Demokratie bedeutet (wie er auch vieles andere wie geheime Wahl nicht zu wissen scheint). Denn das Volk (der Demos) will, dass es eine andere Führung gibt (kratein), damit ist Laschet zum Einen völlig ungeeignet, zum Anderen zeigt es eine Art von Starrsinn und Überheblichkeit, trotz dieser Verluste die Kanzlerschaft für sich beanspruchen zu wollen.

Bleibt zu hoffen, dass die Grünen nicht umfallen (Kretschmann könnte hier einen negativen Einfluss ausüben), und dass die begonnene Duz-Freundschaft von Sakia Esken mit Lindner und die von Olaf Scholz erwähnte Zuverlässigkeit von Lindner von Erfolg gekrönt sind.

Es gibt noch eine andere Alternative

Denn ohne CDU oder SPD können Grüne und/oder FDP alles mögliche wollen, aber nicht erreichen. Sind die Forderungen von Grünen und/oder FDP zu hoch, können CDU/CSU und SPD unverzüglich und pragmatisch eine Regierungskoalition bilden. Dabei bliebe wohl lediglich Herr Laschet auf der Strecke und Herr Scholz würde Bundeskanzler werden. Das wäre auch die solideste Option.

Es gibt noch eine andere Alternative

Das wäre nach einer Deutschland-Koalition die zweitschlechteste aller Lösungen. Denn dann würde die Union möglicherweise auf BlackRock-Merz als Wirtschaftsminister und AKK als Kriegsministerin, Scheuer als Verkehrtminister bestehen.

ja, aber es

ist für die relativ Schwachen (GRÜNE und FDP) leichter, sich beim ganz Schwachen (Laschet) durchzusetzen, als bei einem Scholz, der meint vor Kraft nicht laufen zu können, und darin auch noch untauglich bestärkt wird durch unglückliche Äußerungen seiner Genossen Siehe unten)

großartige Idee

was sagt Kühnert dazu?

die Grünen allein reichen ja nicht

und ob die LINKEN im Parlament bleiben, werden wir erst wissen, wenn die Berliner Wahlumstände das sich abzeichnende rechtsstaatliche Verfahren unbeschadet überstanden haben werden- möglicherweise muss auch neu gewählt werden in Berlin, weil die Wahlen so wie sich dort alles abgespielt hat eben nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen geügen. Geht dann eines der Direktmandate flöten, war`s dass für die Masse der Abgeordneten der LINKEN, die derzeit noch gezählt werden. Es kommt auch auf die FDP an, ob die sich mit der SPD glaubt einlassen zu können. Was N W-B da heute im Radio zum Besten gab (Voodovorstellungen, von denen sich die FDP verabschieden müsse) , ist nach Ende des Wahlkampfes unsäglich. Vielleicht sagt man dies mal an, in der Parteispitze: Der Wahlkampf ist beendet, und mit ihm die Eignung von Wahlkampfrhetorik für irgendwas sinnstiftendes. Ich fürchte, Lindner hat das gehört, oder es wird ihm zugetragen- damit liegt Scholz dann im Rückstand, bevor die Verhandlungen mit der FDP überhaupt begonnen haben

Obacht, dieser Vorwurf

fällt auf Willy Brandt zurück, der in gleicher Position wie Laschet heute 1969 zum Kanzler gewählt wurde. Wollen Sie wirklich gerade diesem Heroen nicht nur der SPD sondern auch Nachkriegsdeutschlands absprechen, er wäre ein Demokrat, oder er hätte undemokratisch agiert. Denken Sie doch bitte nach, bevor Sie sich derart angreifbar äußern.

eines steht fest, den

Bundestagspräsidenten (m,w,d) stellt die SPD als stärkste Fraktion in jedem Fall. Damit hat sie neben dem ersten auch das in der Rangfolge zweithöchste Staatsamt inne, jedenfalls solange, wie FW im Amt bleibt. Ob er sich dort wird halten lassen, ist jedoch mehr als fraglich, denn die Grünen werden eine Frau (G-E, Roth?) ins Rennen schicken, und die anderen Parteien werden dem wohl Folge leisten, umso mehr, als sich damit die Koalitionsverhandlungen werden aus ihrer Sicht günstig gestalten lassen. Diese Gestaltungsmöglichkeit geht der SPD leider ab, weil sich FW zu früh selbst aufgestellt hat, und nun nicht mehr aus dem Rennen genommen werden kann, ohne wiederum die Partei zu schädigen in ihrem Renomee. Schade um die vertane Chance, aber nun ist es wie es ist

Wie weiter ?

Gibt es eine Ampelkoalition, oder Jamaika, oder wird der Olaf Kanzler in einer neuen GroKo ? Ok in alle drei fällen dürfen sich die Allantiker und neoliberalen EUler freuen.
Aber ist denn im Bündnis mit der FDP oder der CDU irgendetwas von den sozialpolitischen Wahlversprechen umsetzbar. Wie sieht es mit mehr Steuergerechtigkeit aus. Das Klima, die Bildung, die Rente.......solche Regierungen erleichtern es der SPD ihre Wahlversprechen nicht halten zu müssen ..... und das ROTE GESPENST, das seit 173 Jahren umgeht,kann wieder in die Kiste.

Neue aussenpolitische Initiativen

Die SPD muss wieder die Friedenspartei in Deutschland/Europa sein.
Darum: Wiederbelebung der KSZE, Stärkung und Erweiterung des transatlantischen Verhältnisses, gleichzeitig Dialog mit Russland und China. Weltweite Abrüstungsbemühungen.

Außenpolitik

Ich stimme Dir in diesen Punkten vollkommen zu, Denn genau das gehört neben Anderem zu den Grundpfeilern sozialdemokratischer Politik.
Mich wundert, daß Du mit Deinem Pseudonym durchgekommen bist bei der Netti.
Liebe Redaktion: Bitte den obigen Beitrag nicht an Netti ausliefern.

Situation überschaubar und historisch gesehen normal

Das Ergebnis ist weniger kompliziert als zu erwarten war. Aus dem Wahlergebnis wird schon ziemlich deutlich, dass die Menschen Olaf Scholz als Kanzler haben wollten, wie auch die Umfragen dazu bestätigen. Der Versuch, dies wegzureden (zB durch Claus Kleber im ZDF) ist schon recht abenteuerlich.

Auch ist die Situation keineswegs so ungewöhnlich, wie in den Medien getan wird. Historisch gesehen waren immer kleinere Parteien (früher hauptsächlich die FDP) "Kanzlermacher" in der Bundesrepublik. FDP und Grüne müssen für sich schauen, wen sie eher zum Kanzler machen wollen. Inhaltlich - da muss man ehrlich sein - sind beide Varianten machbar. Die Frage ist nur, wer wo mehr nachgeben muss. Natürlich wird auch der Preis in Form von Minister-Ämtern hoch werden.

Vergleiche mit 1969, 1976 und 1980 sind nicht korrekt, wenn es um die Frage der stärksten Kraft geht. Vor diesen Wahlen hatten SPD und FDP klar erklärt, bei einer Mehrheit gemeinsam regieren zu wollen. Die Frage der Fraktionsstärke im Bundestag war daher nebensächlich. Die Wähler wussten, nur eine absolute Mehrheit der Union würde zu einem Kanzler-Wechsel führen.

letzteres stimmt

in Bezug auf 1969 nicht, da kam die Hinwendung der FDP zur SPD für viele überraschend, so auch für Erich Mende, der prompt die FDP verließ, wie andere mit und nach ihm

letzteres stimmt

1969 war die FDP noch eine andere Partei, die mit Persönlichkeiten wie Karl Herrmann Flach, Werner Maihofer und Walter Scheel die Freiburger Thesen herausgegeben hatte. Wenn man diese liest, glaubt man eher, diese würden von den Linken stammen.

Natürlich gab es bei der FDP auch Leute wie Erich Mende ebenso wie die SPD immer wieder diverse Rechtsausleger verdauen musste oder immer noch ertragen muss.

letzteres stimmt

Hinzu kommt der Verrat von Genscher und Lambsdorff im Jahre 1982; deshalb ist mir die FDP auch jetzt nicht ganz geheuer, für wen sie sich ltztendlich entscheidet.