Entscheidung der Schiedskommission

SPD Hannover: Warum Gerhard Schröder in der Partei bleiben darf

Lars Haferkamp08. August 2022
Mangelnde Distanzierung von Wladimir Putin: Das wird Ex-Kanzler Gerhard Schröder von vielen ihn der SPD vorgeworfen. (Fotomontage)
Mangelnde Distanzierung von Wladimir Putin: Das wird Ex-Kanzler Gerhard Schröder von vielen ihn der SPD vorgeworfen. (Fotomontage)
Gerhard Schröder hat nicht gegen die Parteiordnung der SPD verstoßen. Das hat die Schiedskommission der SPD Region Hannover beschlossen. Alle 17 Anträge auf Parteiausschluss wurden abgelehnt. Interessant sind die Begründungen.

Im Parteiordnungsverfahren der SPD gegen Ex-Kanzler Gerhard Schröder liegt nun die Entscheidung vor. Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover hat festgestellt, dass Gerhard Schröder nicht gegen die Statuten, Grundsätze oder die Ordnung der SPD verstoßen hat. Ein solcher Verstoß sei ihm nicht nachzuweisen.

SPD-Parteichef Lars Klingbeil betonte nach dem Beschluss, die Schiedskommission in Hannover habe „eine juristische Entscheidung“ gefällt. Klingbeil stellte klar: „Für uns steht fest: Politisch ist Gerhard Schröder mit seinen Positionen in der SPD isoliert.“

Schröder-Kritik: mangelnde Distanzierung vom Krieg

Das Parteiordnungsverfahren war von 17 verschiedenen Kreis- und Ortsverbänden der SPD beantragt worden. Ihr Ziel war der Parteiausschluss Schröders. Die antragstellenden Gliederungen warfen ihm im Verfahren konkret vor, er habe sich „nach dem völkerrechtswidrigen Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine nicht hinreichend von dem Angriffskrieg distanziert“. Im Gegenteil: Er habe sogar versucht, diesen Krieg zu rechtfertigen.

Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover hat dazu nun einen neunseitigen, sehr detaillierten Beschluss gefasst. Darin stellt sie klar, dass Grundlage jeder Ordnungsmaßnahme – wie eines Parteiausschlusses – ein Verstoß gegen die Statuten, die Grundsätze oder die Ordnung der SPD sein müsse. Ein Verstoß gegen die Grundsätze liege zum Beispiel dann vor, wenn gegen das Gebot der innerparteilichen Solidarität verstoßen werde oder wenn das Mitglied ehrlos handele. Gegen die Ordnung der Partei verstoße, wer immer wieder gegen Beschlüsse des Parteitages agiere oder wer der Partei und ihrer Satzung zuwiderhandele.

Schiedskommission: Keine Rechtfertigung des Krieges

„Hinsichtlich der Äußerungen des Antragsgegners (Gerhard Schröder) zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kommt es daher wesentlich darauf an, ob er damit gegen die Grundsätze der SPD verstoßen hat“, so die Schiedskommision. „Mit der Mitgliedschaft in der SPD ist es unvereinbar, einen Angriffskrieg zu fordern oder den kriegerischen Überfall eines Staates auf einen anderen zu rechtfertigen.“ Die Kommission urteilt dann: „Das hat der Antragsgegner aber nicht getan.“ Vielmehr habe Schröder bereits am Tag des russischen Einmarsches in die Ukraine erklärt, die „Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertig(t)en nicht den Einsatz militärischer Mittel“.

Auch mit seiner Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verstoße Schröder nicht gegen die Grundsätze der SPD. „Der Bereich der persönlichen Freundschaftsbeziehungen gehört nach Auffassung der Schiedskommission zum höchstpersönlichen Bereich der Lebensgestaltung, so unverständlich oder wenig nachvollziehbar diese aus sozialdemokratischer Sicht auch sind“, heißt es im Beschluss. Auch sei „nicht hinreichend sicher erkennbar“, dass Schröder Putin „in seiner Handlungsweise bestärken würde“.

Kein Verstoß festzustellen bzw. nachzuweisen

Ebenso stelle die Mitgliedschaft des Ex-Kanzlers in verschiedenen Gremien russischer Energiewirtschaftsunternehmen keinen Verstoß gegen die Parteiordnung oder die Grundsätze der SPD dar. Die Schiedskommission kommt zu dem Fazit. „So sehr eine deutliche Distanzierung von der Russischen Föderation und ihrem Präsidenten und ein Ausscheiden aus den Gremien der Erdgasunternehmen politisch wünschenswert wäre, lässt sich zusammenfassend nach alledem ein Verstoß gegen die Parteiordnung nicht feststellen bzw. nicht nachweisen.“

Die antragstellenden Gliederungen hatten zuvor betont, Schröder trage aufgund seiner herausgehobenen Stellung als früherer Bundeskanzler und SPD-Vorsitzender eine besondere Verantwortung. Dazu gehöre auch, „dass er sich aus den Gremien der Gasunternehmen hätte zurückziehen müssen“. Seinen Rückzug aus dem Verwaltungsrat des Öl-Unternehmens Rosneft habe Schröder aber erst dann angekündigt, als in der EU Sanktionen gegen ihn diskutiert wurden. Für die SPD-Gliederungen ist es darüber hinaus „nicht akzeptabel zu implizieren, die Schuld für den Angriffskrieg liege nicht allein bei der Russischen Föderation“.

Berufung wird erwartet

In der mündlichen Verhandlung hatten bereits mehrere antragstellende SPD-Gliederungen angekündigt, im Falle einer Ablehnung ihres Antrags auf Parteiausschluss Schröders in Berufung gehen zu wollen. Ihre Berufung können sie gegenüber der Bezirksschiedskommission des SPD-Bezirks Hannover einlegen. Diese muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung schriftlich eingelegt und innerhalb von zwei weiteren Wochen schriftlich begründet werden.

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Kommentare

Peinlich

Von mir ist ja bekannt, daß ich zu den schärfsten Kritkern von Gerhard Schröder und seiner Helfershelfer, die da die Agenda2010 Politik gemacht haben, bin. Ein PO Verfahren gab es wegen des Ruinierens der Sozialdemokratischen Sache nicht - gegen keine/n.
Viele seiner Getreuen von damals sind nun zur »Slawa Ukrajini«-Fraktion übergelaufen und ich halte es nicht für falsch, daß er da nicht mitmacht.
Vielleicht kann GS der Bevölkerung doch noch nützlich sein indem er Gesprächskanäle offen hält, die zu Waffenruhe, Frieden und Abwendung der Energiekrise führen.

Peinlich auch der Kommentar

von Genosse Klingbeil. Schröder befüwortet eine Verhandlungslösung statt einer Verlängerung des Krieges. Wenn Klingbeil meint, Schröder sei damit in der SPD isoliert, sollte er es doch mal zum Gegenstand einer ehrlichen Mitgliederbefragung machen. Und zwar ohne Kanzlermachtwort und Vertrauensfrage. Glaube kaum, dass er Mehrheiten für Rüstungsausgabenerhöhung und Kriegskurs erhält.

Wo bleibt eigentlich die Solidaritätsadresse zugunsten Rolf Mützenich, den die Ukraine auf die schwarze Liste gesetzt hat. Da ist eine Reaktion überfällig.

Schröder

Und jetzt verklagt Schröder noch den Bundestag. Hat er nicht schon Privilegien genug?

Ruhegehalt als Ministerpräsident, Kanzler und Abgeordneter, Gazprom-Gehalt, zu welchem Zweck soll er dazu noch ein Bundestagsbüro behalten dürfen? Zahlt er möglicherweise nicht einmal Steuern?

Und mit all diesen Dingen, Agenda 2010, Herabsetzung des Einkommensteuerhöchstbetrages, Wegfall von Steuern für Gewinne aus Unternehmensverkäufen etc. hat er der SPD geschadet; deshalb kam auch die Pleite bei der BT-Wahl 2005.