Cannabis-Legalisierung!?

SPD-Gesundheitspolitiker: Eine neue Cannabis-Politik ist nötig

Thomas Isenberg10. August 2015
Cannabis legalisieren!?
Momentan sind Konsumenten von Cannabis dem unkontrollierten Schwarzmarkt ausgeliefert. Politiker der SPD-Bundestagsfraktion wollen das nun ändern.
„Lasst uns aufbrechen in eine neue Zeit!“ Mit einem flammenden Appell bezieht Thomas Isenberg Stellung in der aktuellen Debatte über eine mögliche Cannabis-Legalisierung. Isenberg hält das Verbot für gescheitert und fordert eine „regulierte Legalisierung“.

Um deutlich zu sein: Ich bin kein Fan von Kiffer-Romantik. Stattdessen geht es mir ganz klar um Gesundheits- und Präventionspolitik, auf dem Boden von Fakten, Zahlen und Tatsachen. Betrachten wir die Realität: Cannabis ist in allen Schichten der  Gesellschaft weit verbreitet. Circa 40 Prozent aller 18- bis 25-Jährigen haben mindestens einmal im Leben Cannabis konsumiert. Zwar verfällt der überwiegende Großteil nicht in riskant regelmäßigen Konsum. 0,5 Prozent der erwachsenen deutschen Allgemeinbevölkerung erfüllen die Kriterien eines Cannabismissbrauchs, weitere 0,5 Prozent die einer Cannabisabhängigkeit. Im Vergleich zu den Alkohol- und Tabakexzessen und deren gesundheitlichen Folgen und Problemen zwar auch nicht schön, aber eben wesentlich geringer als bei anderen (legalen) Drogen!

„Cannabis-Verbot ist gescheitert“

Also was tun? Mehr Law und Order – damit eine Prohibition greift? Noch mehr Verbote, Polizei und strengere Durchführungsverordnungen, um den Beelzebub auszutreiben? Sorry Innenpolitiker: Das Verbot ist gescheitert – auch das gehört zur fachlichen Einsicht, die gesundheits- und präventionspolitische Fachkreise Land auf Land ab und international in überwältigender Mehrheit alle teilen. Wir brauchen etwas anderes für eine bessere Gesundheit der Bevölkerung! In Ländern, die einen neuen Weg der Entkriminalisierung und Neuregulierung gegangen sind, ist der Cannabiskonsum keineswegs gestiegen: Das juristisch/innenpolitische Dogma der sogenannten „Generalprävention“ des rechtlichen Verbots ist bei Cannabis ein Mythos, der sich bestenfalls für Gruselmärchen eignet, aber nun wirklich keine „erzieherische“  oder Vorbildwirkung hat. Schade eigentlich, wie einfach wäre es doch dann, oder? Jede/r im Bierzelt und am Stammtisch würde das verstehen?!

Vom Status-Quo profitieren derzeit eine ganze Reihe dubioser Schwarzhändler, die zudem den Stoff auf Kosten der Gesundheit der Cannabiskonsumierenden mit Blei oder Kleber strecken. Was hilft, zeigen andere Länder. „Machen wir den Dealer arbeitslos“ so ein Motto, das mir gefällt. Trocknen wir den unseriösen Schwarzmarkt aus – zu Gunsten der Gesundheit. Auch ein weiterer Kollateralschaden des jetzigen „Cannabisrechts“ wird so vermindert: Was für ein Irrsinn -  pro Jahr gibt es in Deutschland über 150.000 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Cannabis, die fast alle im konsumnahen Bereich, also meist gegen Cannabis-Konsumentinnen und -Konsumenten geführt und in dreiviertel der Fälle eingestellt werden. Immenser Aufwand ohne Wirkung! Auch die Polizei wäre uns mehr als dankbar für Änderungen.

Problematischer Konsum trotz Jugendschutz

Lasst uns rationale Politik machen! Und auch aufräumen mit dem Mythos der „Einstiegsdroge“. Ja, ich verstehe, dass Eltern oftmals Angst um ihre Kinder haben. Aber gerade deswegen nochmal: Trotz bestehenden Verbots können viele Eltern von Cannabis-rauchenden Jugendlichen aus eigenem Erleben oder aber vom Hörensagen erzählen. Mist in der Tat: Denn gerade der Jugendschutz ist wichtig, auch gesundheitlich. Wie bei anderen Drogen, z.B. Alkohol, entwickeln schon heute viel zu viele Jugendliche einen problematischen Konsum. Statistisch liegt das Durchschnittsalter des ersten Cannabiskonsums bei 16,7 Jahren (Stand: 2011). Ich betone: Trotz Verbots!

Also hilft insgesamt wohl doch nur eine verschärfte „schwarze Sherriff-Politik“ á la Unionsparteien? Wohl kaum, wie auch die Erfolgsbeispiele anderer Länder zeigen. Und Fachstellen für Suchtprävention schreiben ganz klar: Die Kriminalisierung verhindert den Zugang von Jugendlichen zur Prävention, die Stigmatisierung führt zur Tabuisierung, auch in Schulen, in der Elternarbeit und anderswo. Sogar diejenigen, die „die schweren Fälle“ hinterher in der Therapie haben, sagen in ihren Forderungspapieren: Schaut nicht weg – macht die Regeln neu bei Cannabis!

Mitglieder sollen entscheiden können

Deshalb: Regulierte und kontrollierte Produktion, kontrollierte und lizenzierte Abgabe an Erwachsene bei Stärkung des Jugendschutzes, der Präventionsarbeit in den Kiezen und Settings wie z.B. in den Schulen, für Stärkung der Elternarbeit und bessere Aufklärung. Ja, ich bin froh, dass in immer mehr Kommunen, Bundesländern, aber auch von mehreren Bundestagsabgeordneten, auch der SPD, dieser Weg eingefordert wird. Macht mit! In Berlin wird die SPD nun im Herbst eine Landes-Mitgliederbefragung starten.

Letztlich müssen wir uns fragen: Augen schließen vor der Realität des jetzigen Cannabis-Rauschs, oder aber diesen - auch präventionspolitisch sinnvoll - neu kanalisieren? Ich bin mir sicher: Heute brauchen wir eine verantwortungsvolle Novelle des Bundesbetäubungsmittelgesetzes. Und zwar unabhängig von ebenfalls überfälligen Änderungen der Kostenerstattung und des Zugangs zu Cannabis als Medizin für Patientinnen und Patienten. Hier kann man derzeit de-facto von „Staatsversagen“ sprechen: Dies führt leider nicht selten zu unnötigem Leid, das gelindert werden könnte.

Auf dem Weg zur regulierten Legalisierung?

Lasst uns aufbrechen in eine neue Zeit! Ach ja: Immerhin 66 Prozent der Sympathisanten der SPD befürworten laut aktueller Forsa-Umfrage einen neuen Weg der regulierten Legalisierung. Sicherlich: (Noch) kein Thema für „die breite Mitte“, aber eins für die Glaubwürdigkeit!  Die Fakten sprechen für sich.

Gebt das Hanf frei!?

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Kommentare

"Ich bin kein Fan von Kiffer

"Ich bin kein Fan von Kiffer-Romantik."

Ich eigentlich auch nicht.

Aber mit fehlt das Verständnis, dass mir der Staat verbieten will, eine Pflanze zu konsumieren, die mir ganz wunderbar bei meinem Einschlafproblemen hilft. Als erwachsener Mensch kann ich das selbst entscheiden, ob ich ein natürliches Medikament oder lieber eine Pharmabombe einnehmen will.

Ich kann auch selbst entscheiden, ob ich mich mit einem Glas Wein oder einem Joint entspannen will – und auch, wenn ich mich damit berauschen will, ist das meine Sache, es geht dem Staat nicht das geringste an.

Mir fehlt außerdem das Verständnis, dass manche Politiker meine Steuern für das Cannabis auf keinen Fall haben wollen und ganz bewusst das Geschäft des Schwarzmarkts mit allen genannten Nachteilen schützen wollen.

Es ist schön, dass diese Diskussion endlich "laut" geführt wird.
Bleiben Sie dran!

Super Artikel

Meine Güte! Dieser Artikel ist so gut, wer den gelesen hat und dennoch für die Prohibition ist, der möge doch bitte mal seine Argumente aufzählen und dabei diesen Artikel berücksichtigen!

SUPER DUPER BERICHT

Meinen ganzen Respekt!!!
Das nenne ich mal zeitgemäße Berichterstattung über Cannabis !!
Schluß mit Krimi!!!

Überfällig

Seit mehr als 3 Jahren bekomme ich von meinem Arzt Dronabinol verschrieben und von der Kasse bezahlt. Es heilt mir nicht mein Rheuma aber es geht mir physich und psyschich damit viel besser, viel besser als mit all dem Zeug was man an mir ausprobiert hat! Über 400,- Euro kosten die Tropfen im Monat, 400,- Euro für etwas, was theoretisch am Straßenrand wachsen könnte !?
Was mich aber sehr belastet ist die Sache mit dem Führerschein, ich hab eine Scheißangst daß mir irgendwann dewegen der Schein abgenommen wird. Mein Arzt sieht diesen Umstand ebenfalls als untragbar, zumal es keinerlei Grenzwerte oder Erfahrungswerte für THC im Blut gibt.
Es geht nicht nur einfach darum Hanf zu legalisieren oder nicht, die Sache ist viel komplizierter als so mancher denkt......
So wie es ist kann es nicht bleiben, eine Änderung der derzeit geltenden Gesetze sollte andererseits aber auch gründlich durchdacht werden.
Fehler sind hier schnell gemacht, gerade was den Jugendschutz angeht.

Ein sehr guter Artikel . Das

Ein sehr guter Artikel . Das ist die Wahrheit! Sollten sich die Csu politiker mal durchlesen

Prohibition ist gescheitert - Legalize it!

Wenn mehr als hundert deutsche Strafrechtsprofessoren konstatieren, dass die derzeitige Drogenpolitik „sozialschädlich und unökonomisch“ sei, sollte die Politik darauf eingehen und sich endlich mit den Fakten auseinandersetzen.
Der Schwarzmarkt begünstigt kriminelle Strukturen. Menschen, die keinem anderen außer sich selbst schaden, werden kriminalisiert - Existenzen werden zerstört. Durch die Kriminalisierung entsteht eine Tabuisierung, welche Süchtige Menschen dazu bewegt, sich ihrer Sucht nicht zu stellen, weil sie Angst vor der Strafverfolgung haben.
Nur ein regulierter Markt schafft Jugendschutz. Schüler, die unter 16 sind, kommen schneller an Cannabis als an Alkohol ran.
Ein regulierter Markt schüfe neue Arbeitsplätze. Der Staat würde kräftig
an den Steuern verdienen.
Ein regulierter Market würde dafür Sorge tragen, dass das Cannabis sauber bliebe und nicht mit Blei, Kleber und Sonstigem gestreckt wäre.
An Cannabis ist niemand gestorben- bei Alkohol sieht dies gänzlich anders aus. Alkohol kann aggressiv machen, Cannabis hingegen beruhigt. Die Intention der Prohibition ist die Reduzierung des Konsums. Aber dies ist nicht der Fall. Also, legalisiert dieses Rauschmittel!

Saubere Leistung!

Ich muss ebenfalls anerkennen, dass dies die mit Abstand beste Stellungnahme der jüngeren Vergangenheit ist.

Signalwirkung?

Die Polizei zieht jedes Jahr 5-10% aller Drogen aus dem Verkehr. Nach der beschlagnahmten Gesamtmenge errechnet sich, dass dem deutschen Schwarzmarkt mehrere hundert Tonnen Cannabis unkontrolliert zur Verfügung stehen.
Diese werden ohne Jugend- und Konsumentenschutz konsumiert.
Cannabis ist in Deutschland Realität. Da hilft auch die "Signalwirkung" des Verbotes nichts. Diese drängt Menschen die es konsumieren wollen nur auf den Schwarzmarkt, der ganz andere viel gefährlichere Risiken birgt.
Die Frage ist wie wir mit Menschen umgehen wollen die Cannabis konsumieren bzw. besitzen. Sind das Straftäter, Süchtige (Kranke) oder ganz normale Menschen?

Eine neue Cannabis-Politik ist nötig

Ich bin absolut begeistert von der Kompetenz die ich hier (unerwartet) vorgefunden habe. Da ich ein großer Fan rationaler Gesetzgebung und Denkweisen bin, hat die SPD bei den nächsten Wahlen meine Stimme sicher.

Na endlich!!!

Den Ausführungen Isenbergs ist im Grunde nichts hinzuzufügen.

Endlich öffnet sich auch die SPD der evidenz-basierten Wissenschaft in dem Bereich der Gesundheits-/Drogenpolitik. Herr Isenberg und auch Herr Blienert haben hier meinen vollsten Respekt.

Bitte machen Sie weiter so!!!

Es besteht schließlich auch noch in der SPD ein großer Aufklärungsbedarf...

Holt mich aus der Ecke

Ich hoffe das endlich der Umschung kommt.

Wenn ich meine Nachbarn höre wie sie sich das Maul zereisen weil H. Mayer Geschäftsstellenleiter der hisigen Bank mit 1 Gram Gras erwischt wurde und dabei auf einen schönen Abend mit einem Bier anstossen.

Ich finde es nicht gut das man Cannabis Konsumenten in eine Ecke stellt mit Konsumenten von harten Drogen und sie dabei als Rauschgiftsüchtig Bezeichnet.

Bitte macht den ein ende!!

Like!

Volle Zustimmung, bleibt nichts mehr hinzuzufügen.
Gruß

Zu euphorisch!

Ich kann mich noch an das Wahljahr 1994 erinnern! Auch da hat man das Thema Legalisierung von Cannabis mit in den Wahlkampf eingebracht. Ok Wahlkampf verloren! Doch 1998 hat es dann ja geklappt und siehe da,es war kein Thema mehr für die SPD. Ich wäre mir bei der SPD nicht so sicher,ob man deren Versprechungen und Reden glauben schenken sollte. Da hat es schon einige Überraschungen gegeben! Erste Amtshandlung war die Besteuerung der damals 630 DM Jobs. Ach ja, Hartz 4 nicht zu vergessen! Ich habe mir auf YouTube die Bundestagsdebatte zur Legalisierung von Cannabis angesehen. Ganz ehrlich, die einzigen Partein die wirklich einen festen Standpunkt zu diesem Thema hatten,ob positiv oder negativ,waren CDU/CSU,Grüne und die Linken. Der Abgeordnete der SPD hat rumgedruckst und sich gewunden, dass gar aus is! "Mal sehen,mal schauen,weiß nicht,muss ganz viel geprüft und diskutiert werden!" Meiner Meinung nach hat die SPD keinen festen Standpunkt und dreht sich wie die Fahne im Wind! Das war auch in der Vergangenheit so... Aber eigentlich auch egal. Ich bin sowieso davon überzeugt,dass die Merkel wieder Kanzlerin wird,da wir zu viele Nichtwähler haben,aber eben Oma und Opa zum wählen gehen!

Wunder geschehen immer wieder

Nach jahrzehntelanger Realitätsverweigerung scheint nun auch die Berliner SPD aufzuwachen! Toll! Schöne Grüße an Ihren Lieblingskoalitionspartner, Sie wissen schon wer! Oder Sind Sie schon wieder eingeschlafen?

Es war einmal eine Partei Namens....

Die Mitgliederbefragung zeigt uns: Sie sind wieder eingeschlafen. SPD, gähn..... unwählbar, 1+1= 3
Die SPD Berlin steht weiterhin zu der Hexenjagd des 21. Jahrhundert, Cannabiskonsumenten sind und bleiben für die Genossen Kriminelle, die stigmatisiert, ausgegrenzt und kriminalisiert werden müssen. Jedes Jahr 150000 Strafverfahren. Die Heuchelei geht weiter
Was Anderes habe ich von SPD auch nicht erwartet. Schöne Grüße an Ihren Lieblingskoalitionspartner.
Wenn Sie unter 20% Zustimmung angekommen sind (Bund), werde ich Ihnen wieder meine Stimme geben, aus Mitleid.

Gebt das Hanf frei!

Hallo, bin kein SPD-Wähler aber jeder müssen die Genossen mal in die Spur kommen. Die Grünen, Linken, die FDP und die Piraten haben sich klar zu einer Regulierung und Entkriminalisierung bekannt. In der CDU gibt es auch immer mehr die ihre kritische Haltung überdenken. Besser als Thomas Isenberg kann man es nicht darlegen, SPD die Jusos ziehen das durch, also engagiert euch und beendet dieses Dilemma mit der Prohibiton, gebt das Hanf frei in spezialisierten, lizenzsierten Fachgeschäfte. Es reicht nicht nur die Mindestmenge bundesweit an zu gleichen. Wir brauchen klare Regeln in einem legalen Cannabismarkt!