Jahresauftaktklausur der SPD-Bundestagsfraktion

SPD-Fraktion verlangt EU-Reformen noch vor der Europawahl

Lars Haferkamp10. Januar 2019
Die SPD-Bundestagsfraktion macht Tempo: Sie fordert so schnell wie möglich eine europäische Digitalsteuer für Internetkonzerne und einen Haushalt für die Eurozone. Der bevorstehende Europawahlkampf sei keine Entschuldigung für politisches Nichtstun.

Für die SPD ist die Europawahl im Mai die wichtigste seit Bestehen des EU-Parlamentes. Denn die Populisten und Nationalisten sind europaweit so stark wie nie. Und sie machen gerade vor der Europawahl mobil. In diese Auseinandersetzung will die SPD nicht mit leeren Händen gehen.

Viele Fortschritte für Europa

Über die nächsten Schritte in der Europapolitik diskutiert die SPD-Bundestagsfraktion auf ihrer zweitägigen Klausurtagung in Berlin, die an diesem Donnerstag beginnt. In einem Entwurf für ein Beschlusspapier, der dem „vorwärts“ vorliegt, heißt es: „In den verbleibenden Monaten bis zur Europawahl gilt es mutig und mit aller Kraft dafür zu werben, dass so viele Fortschritte wie möglich für mehr Zusammenhalt in Europa und der Eurozone erreicht werden. Der Europawahlkampf darf nicht als Entschuldigung für politisches Nichtstun vorgeschoben werden.“

So müsse sich die EU noch im März 2019 auf eine europäische Digitalsteuer für Internetkonzerne verständigen. Auch „müssen die Pläne für den Eurozonen-Haushalt möglichst schnell möglichst ambitioniert ausgestaltet werden“.

Deutschland soll mehr in EU investieren

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert in ihrer Beschlussvorlage die Bereitschaft Deutschlands, „mehr in den EU-Haushalt zu investieren als bisher“. Dadurch könnten etwa die EU-Außengrenzen besser geschützt werden und mehr Mittel für Zukunftsinvestitionen zur Verfügung gestellt werden.

Die Fraktion verlangt in ihrem Entwurf einen europäischen Stabilisierungsfonds für die nationalen Arbeitslosenversicherungen als Sicherheitsnetz in Krisenzeiten. Nötig sei „eine verbindliche Sozialagenda mit fairen Mindestlöhnen in möglichst allen EU-Staaten und mehr Mitteln im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit“.

Gerechte Besteuerung der Internetkonzerne

Den europäischen Verbraucherschutz will die SPD-Fraktion stärken durch umfassende Regeln zum Schutz persönlicher Daten. Sie verlangt eine weiter verschärfte europäische Strategie für mehr Cyber-Sicherheit.

In der Steuerpolitik setzt die Fraktion auf „eine gerechte Besteuerung der Internetkonzerne, damit nicht nur der Handwerker seine Steuern bezahlt, sondern auch Google, Amazon, Facebook und Co.“. Grenzüberschreitende Steuervermeidungspraktiken seien wirksam zu unterbinden. Bei den Unternehmenssteuern seien Mindestsätze zu schaffen.

Schutzwall gegen China und die USA

Der EU-Binnenmarkt müsse durch einen effektiven Schutzwall verteidigt werden, „gegenüber der unlauteren Dumpingpolitik Chinas genauso wie gegenüber der aggressiven Handelspolitik der USA“.

Die Fraktion fordert laut Entwurfspapier eine gemeinsame Außenpolitik der EU, „die auf Diplomatie, Entspannung, Dialog und vorausschauende Entwicklung setzt – als Gegenentwurf zu Konfrontation, Aufrüstung und neuer nationaler Großmachtpolitik“.

Keine Brexit-Rabatte für London

In der Debatte um den EU-Austritt Großbritanniens verlangt die SPD-Bundestagsfraktion Mut und Zusammenhalt der EU-Staaten. „Einheit und Einigkeit der EU27 haben oberste Priorität“, heißt es in dem Fraktionsentwurf. „Politische Rabatte für politisches Chaos darf es nicht geben. Das Austrittsabkommen wird nicht wieder aufgemacht.“

Die Auseinandersetzung mit den antieuropäischen Populisten will die SPD-Fraktion mit großer Klarheit führen. „Keine Ambivalenzen, keine Zweideutigkeiten gegenüber jenen politischen Kräften, die Europa schwächen oder wieder abwickeln wollen“, heißt es in der Beschlussvorlage. „Wir lassen uns dieses Europa nicht kaputt machen!“

Lebenslügen der Populisten entlarven

Dazu gehöre auch den „Mythen und Lebenslügen“ der Populisten klar zu widersprechen. „Deutschland ist eben gerade nicht der Lastesel Europas, sondern der größte Netto-Profiteur der Einigung – ökonomisch, politisch und auch kulturell.“ Die EU führe auch nicht zu einem Verlust, sondern zu einem realen Gewinn an Souveränität für Deutschland, denn immer mehr Herausforderungen seien nicht mehr national, sondern nur noch europäisch oder global zu lösen.

weiterführender Artikel

Kommentare

ach gott,

die SPD fordert..... Dinge, die dann auch in anderen Staaten umgesetzt werden müssten, und das auch noch mit dem Vorbehalt "so schnell wie möglich".

Unverbindlicher geht's es wohl nicht. reine Wahlkampfrethorik- wenn mehr nicht kommt, dann gute Nacht SPD

„Dumpingpolitik Chinas, aggressive Handelspolitik der USA“

erfordern „eine gemeinsame Außenpolitik der EU – als Gegenentwurf zu Konfrontation, Aufrüstung und neuer nationaler Großmachtpolitik“.
Das ist es (!!!), könnte wenigstens ein linkes SPD-Narrativ sein: Wenn „Gegenentwurf zur Konfrontation“ nicht nur Russland, sondern auch die Nato- und EU-Osterweiterung ("Östliche Partnerschaft") genauso einbezieht wie den Beschluss der EU-/ Nato-Außenminister, Russland als den Verletzer des INF-Vertrages zu definieren (usw); wenn „Aufrüstung“ an der Bedrohung – ok, es kann von mir aus ruhig die reale potentielle Bedrohung sein – gemessen wird. Dann würden sich nämlich „unsere“/ EU - Rüstungsausgaben an denen Russlands orientieren müssen und nicht am BIP; wenn „nationale Großmachtpolitik“ auch EU-Großmachtpolitik adressiert und Sätze wie „Europas Militärmacht auch wirklich einzusetzen“ (von der Leyen) oder „die Bundeswehr … weltweit für Frieden und Sicherheit“ (GroKo-Vertrag) sorgen zu lassen., wertebezogen aber auch geographisch und rational als Unsinn erkannt werden.
Wenn ich aber auf die jüngsten Debatten im Bundestag (Etat, Militärhaushalt, Linken-Antrag zum 2%-BIP-Ziel) schaue, fürchte ich, dass meine Erwartungen reines Wunschdenken ist!?

Wahlkampf

"Gerechte Besteuerung der Internetkonzerne" eine gute Forderung, aber was macht der Herr Scholz ?!?!
China's Dumpingpolitik ! und in beim Exportweltmeister D stagnieren die Löhne ? In der Bibel steht schon: und mit welchem Maß ihr messet werdet auch ihr gemessen werden.
Die bösen rechten Populisten ! wer unfähig ist glaubwürdige linke - gerechte - Politik zu machen sollte sich nicht wundern wenn viele Menschen woanders ihre (vermeintliche) Rettung suchen.
Und wo bleiben Frieden und Abrüstung ?
Und Nochmal::: EU und Europa sind nicht dasselbe !

„Und wo bleiben Frieden und Abrüstung?“

Ich verstehe es auch nicht, warum die SPD das Thema „Friedensprojekt Europa“ nicht zu ihrem Leuchtturmprojekt macht – in Europa und in der BRD. Richtig verstanden, ließen sich darunter auch leicht die „Sozialagenda“, die „Populisten und Nationalisten“ usw. zu einer geschlossenen Erzählung zusammenfassen. Für die Konservativen ist 2%-vom-BIP überhaupt keine Frage mehr, militärische Einsätze in Syrien und im Asowschen Meer dringend positiv zu beantworten. Dass Russland (und nicht (auch) die USA) den INF-Vertrag brechen, entscheiden die Nato-/EU-Außenminister durch Abstimmung. Es ist offensichtlich, warum die das machen!
Wenn Gabriel Recht hat, und China und die USA sich die Welt untereinander aufteilen (der Vorwärts hat es nichteinmal gemeldet), dann muss ein „Friedensprojekt Europa“ dringend her. Lange sollte die SPD dazu nicht mehr schweigen. Ich will es wissen!! Lassen wir es unserer Partei nicht durchgehen zu schweigen!!

SPD-Fraktion verlangt EU-Reformen

Europa ist durch und durch neoliberal geprägt.Dass die bürgerlichen, konservativen, wirtschaftsliberalen - sich für Elite haltenden - Protagonistinnen und Protagonisten diesen verfestigten Zustand billigen/
fördern/mit Zähnen und Klauen verteidigen, war und ist nicht anders zu erwarten.Dass die überwiegende Mehrheit der bestimmenden europäischen und deutschen Sozialdemokratie dem Neoliberalismus huldigt, die deutsche Sozialdemokratie jedenfalls seit dem Schröder-Blair-Papier, ist ein unverzeihlicher Skandal in Ansehung der hergebrachten Maximen einer sozialen/solidarischen Sozialdemokratie!Nehmen wir die entscheidende/bestimmende deutsche Sozialdemokratie: Sie ist mehrheitlich z.B. für sozial ungerechte, unsolidarische, Umweltschutz krass vernachlässigende Freihandelsabkommen (CETA/ JEFTA/ Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika); z.B. für Griechenland unterwerfende sog. Rettungsschirme, die nicht die Masse der
Griechen vor sozialem Elend gerettet haben, sondern zu 90-95 % europäische Banken vor Geldverlusten. Menschen müssen härteste Einschränkungen hinnehmen.Aber Banken dürfen doch kein Geld verlieren. Wo kämen wir denn da hin?Da muss doch der neoliberale Staat vor sein!

EU-Reformen

Solange US-Firmen einschließlich des unfähigen derzeitigen Botschafters Grenell, der sich wohl als Überherrscher gegenüber anderen Ländern versteht, einheimische Firmen kassiert, Gewinne herausgezogen und danach dichtgemacht haben, hat in der EU und in Deutschland kein Hahn danach gekräht, abgesehen von Münteferings Heuschrecken-Hinweis, und nun gewinnt Blackrock-Merz schon bei AKK zunehmenden Einfluss (Kramp-Karrenbauer will Betriebe bei Abgaben entlasten, lt. Handelsblatt), aber als China auf den Plan tritt, werden plötzlich alle wach, obwohl in vielen von China beherrschten Firmen zumindest noch Betriebsräte bestehen und die Beschäftigten organisiert sind.

Blackrock-Merz

Schon wieder geistert die Forderung nach der Entlastung der sog. Leistungsträger durch die Lande. Die sog. Leistungsträger nach Merz und Co. sind immer die Kapitalseite und deren Dienerinnen und Diener, die für möglichst
schrankenlose Profitmaximierung und Kapitalakkumulation streiten und sorgen. Wozu hat das geführt? Zur breiten Streuung und Hebung des Wohlstandes für möglicht VIELE? Nein - es hat bisher jedenfalls dazu geführt, dass die Einkommens- und Vermögensschere immer weiter auseinander geht. Die neoliberal Gewendeten in der SPD haben daran
nichts Entscheidendes geändert. Sie wollten und wollen dies auch nicht. Sie finden dies ja prinzipiell richtig!
Die echten Leistungsträger - z.B. Kranken- und Altenpfleger, Erzieher, Müllwerker, Straßenbau-, Schichtarbeiter und und und - man kann sie gar nicht alle nennen - so viele und vielfältig sind diese, werden weiter mit (viel) zu niedrigen
Löhnen abgespeist und mit zum Teil unwürdigen Arbeitsbedingungen traktiert. Die SPD hat sich weit von ihrer Klientel
entfernt. Die Entfremdung ist unübersehbar. "Nah bei de Leut" war vorgestern. 2008 würde "BMW" 'geschrien'. Besser wäre es gewesen "nah bei de Leut" glaubhaft zu vertreten!

Sie sagen es

n o c h sind in den chinesischen Unternehmen Betroebsräte......vorhanden