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Was SPD-Chef Martin Schulz über den Koalitionsvertrag sagt

Paul Starzmann07. Februar 2018
Martin Schulz GroKo
SPD-Chef Martin Schulz am Tag nach dem Abschluss der GroKo-Verhandlungen: Seine Partei habe in den Gesprächen mit der Union viel durchgesetzt, sagt er.
Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz zieht ein positives Fazit der Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU. Der Vertrag mit der Union trage eine „sozialdemokratische Handschrift“, sagt er. Die GroKo strebe in Europa einen politischen „Richtungswechsel“ an.

Es seien die kürzesten Koalitionsverhandlungen in der Geschichte der Bundesrepublik gewesen, lobte SPD-Chef Martin Schulz am Mittwochnachmittag. „Wir haben in etwas mehr als einer Woche diesen Koalitionsvertrag erarbeitet“, sagte er. „Das hat vielen viel abverlangt.“ 177 Seiten enthält die Vereinbarung, die Schulz zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin vorstellte.

„Der Vertrag ist stark von uns beeinflusst worden“

Schulz zeigte sich zufrieden mit dem Koalitionsvertrag. Der SPD sei es in den Gesprächen mit der Union vor allem um die Verbesserung der Lebensbedingungen für möglichst viele Menschen gegangen: „Wir haben uns vom Klimaschutz bis zur Europapolitik viel Mühe gegeben.“

Die Vereinbarung trage „in einem großen Maße sozialdemokratische Handschrift“, betonte der Parteichef. „Der Vertrag ist stark von uns beeinflusst worden. Und wird sind auch dankbar, dass mancher Kompromiss, der für die Unionsparteien hart war, am Ende doch erzielt worden ist.“ Damit gemeint sein könnte etwa die Tatsache, dass die CDU in einer neuen GroKo das Finanzministerium abgeben muss.

„Für ganz viele Menschen eine unmittelbare Erleichterung“

Die sogenannte sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen werde von der neuen großen Koalition „drastisch eingeschränkt“, versprach Schulz. Auch verwies er auf die Einigung in Bezug auf die Finanzierung der Krankenversicherungen: „Wir haben dafür gesorgt, dass die Parität im Gesundheitswesen wieder eingeführt worden ist.“ Das bedeutet, dass in Zukunft Arbeitgeber und Beschäftigte wieder zu gleichen Teilen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bezahlen sollen.

„Der Soli für mittlere und geringe Einkommen fällt weg, was für ganz viele Menschen eine unmittelbare Erleichterung ist“, kündigte Schulz an. Insgesamt bringe das für die Bürger in Deutschland eine Entlastung in Höhe von zehn Milliarden Euro.

„Endlich kommt der soziale Arbeitsmarkt“

Der SPD-Chef unterstrich auch die Einigungen mit der Union in der Arbeitsmarktpolitik. „Endlich kommt der soziale Arbeitsmarkt“, sagte er. Für viele Langzeitarbeitslose bedeute das den „Erwerb von Würde und Selbstbestimmung“.

In der Bildungspolitik habe sich die große Koalition Investitionen in Höhe von 11 Milliarden Euro vorgenommen. „Wir unterstützen die Schulen, wir unterstützen die Lehrerinnen und Lehrer, wir machen auch mehr Schulsozialarbeit“, sagte er. „Wir geben eine Menge aus, um auch über die Bildungspolitik Defizite, die die Bundesrepublik Deutschland in diesem Bereich hat, zu beheben.“ Die Regierung wolle außerdem das BaföG erhöhen – eine zentrale Forderung der Jusos, wie Schulz betonte.

„Alleine 300 Euro im Jahr gibt es mehr Kindergeld“

Auch Familien sollen in Zukunft mehr Geld bekommen. „Alleine 300 Euro im Jahr gibt es mehr Kindergeld“, sagte der SPD-Vorsitzende. Hinzu komme das Baukindergeld, das Eltern beim Hausbau unterstützen soll. Auch der soziale Wohnungsbau soll ausgeweitet werden.

In der Pflege kündigte Schulz einen „Neustart“ an. 8.000 neue Stellen will die GroKo in den rund 13.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland schaffen. Für Schulz ist das „nicht das Ende, sondern der Beginn“ einer neuen Politik für die Pflege. Auch in der Rente soll es Verbesserungen geben. „Wer ein Leben lang gearbeitet hat, soll im Alter nicht zum Amt gehen müssen“, sagte Schulz. Deshalb habe sich die Regierung die Einführung einer „Grundrente“ vorgenommen.

„Richtungswechsel grundsätzlicher Art“

In der Europapolitik werde es bald einen „Richtungswechsel grundsätzlicher Art“ geben, kündigte Schulz an. Deutschland werde in Zukunft wieder eine „aktivere und führende Rolle in der Europäischen Union“ spielen. „Ich glaube, dass wir einen Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland hinbekommen werden.“

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Kommentare

„Endlich kommt der soziale Arbeitsmarkt“

"Der SPD-Chef unterstrich auch die Einigungen mit der Union in der Arbeitsmarktpolitik. „Endlich kommt der soziale Arbeitsmarkt“, sagte er. Für viele Langzeitarbeitslose bedeute das den „Erwerb von Würde und Selbstbestimmung“."

Ach so ?
Wie erwirbt man denn "Würde und Selbstbestimmung" mit zugewiesener Pflichtarbeit im Billiglohnsektor ?

Wenn die SPD den Langzeitarbeitslosen Würde und Selbstbestimmung wieder zugestehen will dann muss sie die entwürdigenden Sanktionsparagraphen im SGB II abschaffen.
Andernfalls wird das nämlich nix mit der im Grundgesetz Art.12 vorgeschriebenen "freien Wahl von Beruf und Arbeitsplatz".

Die LINKE meint das schon lange und die GRÜNEN habens mittlerweile auch schon kapiert.
Wie lange will die SPD denn noch auf der Leitung stehen und sich von flüchtenden Wählern kleinschrumpfen lassen ?

Der Vertrag(..)trage eine „sozialdemokratische Handschrift“

Ah ja :

"Die SPD hat den Zuschlag zu den drei Schlüsselministerien Außen, Finanzen sowie Arbeit und Soziales nach Angaben des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer zur Bedingung für eine Zustimmung zur großen Koalition gemacht. Die SPD habe „sehr beharrt, dass sie diese drei Ministerien will, dass sie sonst nicht in die Regierung eintreten kann“, sagte Seehofer am Donnerstag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München vor Journalisten. Die Debatte darüber habe stundenlang gedauert, „auch mit stundenlanger Sprachlosigkeit“."
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/seehofer-spd-haette-ohne-finan...

Mit anderen Worten :
Die SPD-Verhandler erachteten den Koalitionsvertrag für nicht zustimmungsfähig und zu wenig "sozialdemokratisch geprägt".
Sie wollten unter diesen Umständen "nicht in die Regierung eintreten" weil die ausgehandelten Vertragsinhalte nicht ausreichten.

Die Verhandler haben also verhandelt bis es quietscht, nicht bei den Inhalten, aber hartnäckig bis zur "stundenlangen Sprachlosigkeit" bei der Verteilung von gut dotierten Posten.

Eine Glanzleistung !

Glaubwürdige Erneuerung geht anders

Mit Erneuerung unserer Partei hat der Egotrip von Martin Schulz wenig zu tun. Einen erfolgreichen Außenminister in die Wüste geschickt, Andrea Nahles Hypotheken mit auf den Weg gegeben, seine persönliche Glaubwürdigkeit erst mal verspielt und eine positive Entscheidung zur Groko in Gefahr gebracht. Dabei noch die Steilvorlage von Sigmar Gabriel gründlich vermasselt. Außer Oskar Lafontaine hat mich in über 40 jähriger SPD Mitgliedschaft noch kein Parteivorsitzender so enttäuscht.