
Es seien die kürzesten Koalitionsverhandlungen in der Geschichte der Bundesrepublik gewesen, lobte SPD-Chef Martin Schulz am Mittwochnachmittag. „Wir haben in etwas mehr als einer Woche diesen Koalitionsvertrag erarbeitet“, sagte er. „Das hat vielen viel abverlangt.“ 177 Seiten enthält die Vereinbarung, die Schulz zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin vorstellte.
„Der Vertrag ist stark von uns beeinflusst worden“
Schulz zeigte sich zufrieden mit dem Koalitionsvertrag. Der SPD sei es in den Gesprächen mit der Union vor allem um die Verbesserung der Lebensbedingungen für möglichst viele Menschen gegangen: „Wir haben uns vom Klimaschutz bis zur Europapolitik viel Mühe gegeben.“
Die Vereinbarung trage „in einem großen Maße sozialdemokratische Handschrift“, betonte der Parteichef. „Der Vertrag ist stark von uns beeinflusst worden. Und wird sind auch dankbar, dass mancher Kompromiss, der für die Unionsparteien hart war, am Ende doch erzielt worden ist.“ Damit gemeint sein könnte etwa die Tatsache, dass die CDU in einer neuen GroKo das Finanzministerium abgeben muss.
„Für ganz viele Menschen eine unmittelbare Erleichterung“
Die sogenannte sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen werde von der neuen großen Koalition „drastisch eingeschränkt“, versprach Schulz. Auch verwies er auf die Einigung in Bezug auf die Finanzierung der Krankenversicherungen: „Wir haben dafür gesorgt, dass die Parität im Gesundheitswesen wieder eingeführt worden ist.“ Das bedeutet, dass in Zukunft Arbeitgeber und Beschäftigte wieder zu gleichen Teilen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bezahlen sollen.
„Der Soli für mittlere und geringe Einkommen fällt weg, was für ganz viele Menschen eine unmittelbare Erleichterung ist“, kündigte Schulz an. Insgesamt bringe das für die Bürger in Deutschland eine Entlastung in Höhe von zehn Milliarden Euro.
„Endlich kommt der soziale Arbeitsmarkt“
Der SPD-Chef unterstrich auch die Einigungen mit der Union in der Arbeitsmarktpolitik. „Endlich kommt der soziale Arbeitsmarkt“, sagte er. Für viele Langzeitarbeitslose bedeute das den „Erwerb von Würde und Selbstbestimmung“.
In der Bildungspolitik habe sich die große Koalition Investitionen in Höhe von 11 Milliarden Euro vorgenommen. „Wir unterstützen die Schulen, wir unterstützen die Lehrerinnen und Lehrer, wir machen auch mehr Schulsozialarbeit“, sagte er. „Wir geben eine Menge aus, um auch über die Bildungspolitik Defizite, die die Bundesrepublik Deutschland in diesem Bereich hat, zu beheben.“ Die Regierung wolle außerdem das BaföG erhöhen – eine zentrale Forderung der Jusos, wie Schulz betonte.
„Alleine 300 Euro im Jahr gibt es mehr Kindergeld“
Auch Familien sollen in Zukunft mehr Geld bekommen. „Alleine 300 Euro im Jahr gibt es mehr Kindergeld“, sagte der SPD-Vorsitzende. Hinzu komme das Baukindergeld, das Eltern beim Hausbau unterstützen soll. Auch der soziale Wohnungsbau soll ausgeweitet werden.
In der Pflege kündigte Schulz einen „Neustart“ an. 8.000 neue Stellen will die GroKo in den rund 13.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland schaffen. Für Schulz ist das „nicht das Ende, sondern der Beginn“ einer neuen Politik für die Pflege. Auch in der Rente soll es Verbesserungen geben. „Wer ein Leben lang gearbeitet hat, soll im Alter nicht zum Amt gehen müssen“, sagte Schulz. Deshalb habe sich die Regierung die Einführung einer „Grundrente“ vorgenommen.
„Richtungswechsel grundsätzlicher Art“
In der Europapolitik werde es bald einen „Richtungswechsel grundsätzlicher Art“ geben, kündigte Schulz an. Deutschland werde in Zukunft wieder eine „aktivere und führende Rolle in der Europäischen Union“ spielen. „Ich glaube, dass wir einen Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland hinbekommen werden.“