
Am Dienstag hat das Bundesarbeitsministerium das verantwortungsvolle Lieferkettenmanagement des Unternehmens „GEPA –-The Fair Trade Company“ ausgezeichnet. Was ist eine verantwortungsvolle Lieferkette?
Es darf uns nicht gleichgültig sein, unter welchen Bedingungen Produkte, auch Vorprodukte hergestellt werden. Dabei geht es um eine Sorgfaltspflicht, so wie man sie beispielsweise auch in der Kindererziehung hat. Man kann nicht immer alles perfekt machen und manchmal laufen die Dinge auch nicht so, wie man sich das vielleicht wünscht, aber man genauer hinschauen und sich darum kümmern, es besser zu machen. GEPA ist das Vorzeigeunternehmen schlechthin, aber es gibt auch andere Unternehmen, die verantwortungsbewusst handeln. Und es gibt andere, die nichts machen. Das Ergebnis einer Unternehmensbefragung im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte hat gezeigt, dass selbst bei Unternehmen, die teilgenommen haben, sich nur 20 Prozent ihrer Verantwortung gestellt und genauer hingeguckt haben und 80 Prozent eben nicht. Das wollen wir ändern.
Beim Hingucken ist in erster Linie die Wahrung von Menschenrechten gemeint?
Es geht immer um Menschenrechte. Auch bei Umweltthemen. Wenn ich beispielsweise den Regenwald abholzen lasse, gibt es Menschen, die indirekt oder auch direkt betroffen sind. In diesem Fall indigene Völker, deren Lebensgrundlagen zerstört werden. Es geht um die Einhaltung sozialer Standards, wie das Verbot von Kinderarbeit, die Möglichkeit sich gewerkschaftlich organisieren zu können und auch um Arbeitszeit und Gesundheitsschutz.
Gibt es neben GEPA andere deutsche Unternehmen, die bereits verantwortungsvoll handeln?
Der Tchibo-Konzern bemüht sich mittlerweile sehr in Erfahrung zu bringen, wo der Kaffee, den sie verkaufen, herkommt und wie er produziert wird. Auch bei ihren Textilien schauen sie genauer hin. Nicht immer ist die Weiterverarbeitung perfekt, das bekommt man in einer gesamten Lieferkette auch nicht immer ausreichend hin. Darum geht es beim Gesetz aber auch ausdrücklich nicht. Wir wollen eine Sorgfaltspflicht und das hingeschaut wird, ob beispielsweise ein Vorprodukt in Kinderarbeit produziert wird oder nicht. Für einen solchen Fall gebe es dann die Möglichkeit, einen alternativen Anbieter zu suchen. Da muss man als Unternehmen nicht gleich die gesamte Produktion einstellen.
Was ist Ziel des Gesetzes?
Es geht darum, dass es am Ende eine Überprüfbarkeit gibt. Als Beispiel: Nehmen wir Beschäftigte in einem südamerikanischen Land, die durch ihre Arbeit Gesundheitsschäden davontragen und für ein Unternehmen tätig sind, das Vorprodukte für ein deutsches Unternehmen herstellt. Für den Fall, dass das deutsche Unternehmen das hätte wissen können, kann daraus eine zivilrechtliche Haftung entstehen. Im Gesetz ist aber auch vorgesehen, dass das Unternehmen erklären kann, warum manchmal nicht alles perfekt ist. Aber die Unternehmen sollen und müssen dann eben hinschauen. Das ist die Idee dahinter.
Klingt machbar. Warum wird dieser Gesetzesentwurf von CDU-Wirtschaftsminister Altmaier blockiert?
Das ist um so unverständlicher, als das man am Ende ohnehin irgendwann weltweit zu Regulierungen kommen muss. Da kann es eigentlich für deutsche Unternehmen nur von Vorteil sein, wenn wir das jetzt schon regeln. Das wird kein Unternehmen schädigen. Im Gegenteil. Das Qualitätsmerkmal kann sich sogar positiv auswirken. Denn das Interesse an diesem Thema in der Gesellschaft wächst. Dreiviertel der Menschen sind dafür, dass es ein solches Gesetz gibt, selbst bei den Unionswähler*innen. Auch die Kirchen machen Druck.
Laut Entwicklungsminister Müller soll das geplante Lieferkettengesetz zunächst nicht für den Mittelstand gelten. Ist das mit der SPD so abgesprochen oder schon ein Kompromiss?
Die Union steht ziemlich unter Zugzwang. Auch weil das Lieferkettengesetz Teil des Koalitionsvertrags ist. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass das Gesetz nicht verwässert wird. Für die SPD spielt zum einen die Unternehmensgröße eine Rolle. Wir wollen das Gesetz für eine Unternehmensgröße von 500 Mitarbeiter*innen und mehr. Noch viel wichtiger ist jedoch für uns, dass es eine zivilrechtliche Haftung als passendes Sanktionsinstrument gibt. Da kann man keine Kompromisse machen, denn nur eine Mahnung auszusprechen führt zu nichts.
Wie geht es jetzt weiter?
Bisher gibt es auf der Ministerebene noch keine Einigung. Wirtschaftsminister Peter Altmaier bremst das Gesetz bislang aus. Von unserer Seite versuchen wir alles, es ins Kabinett zu bringen. Dabei sehe ich die SPD in der besseren Situation. Wir haben die Zivilgesellschaft auf unserer Seite. Es wäre gut, wenn wir in dieser Legislaturperiode den Einstieg schaffen würden.