SPD Baden-Württemberg

SPD Baden-Württtemberg: Breymaier gewinnt und geht

Jonas Jordan20. November 2018
Leni Breymaier
Am Dienstagnachmittag verkündete Leni Breymaier, nicht mehr als SPD-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg kandidieren zu wollen.
Leni Breymaier hat die Mitgliederbefragung der SPD Baden-Württemberg zum Landesvorsitz mit 48,46 Prozent der Stimmen knapp für sich entschieden. Bevor das Ergebnis feststand, hatte sie bereits ihren Rückzug angekündigt.

Dreimal wurde ausgezählt, bis das Ergebnis der Mitgliederbefragung der SPD Baden-Württemberg um den Landesvorsitz feststand. Die bisherige Vorsitzende Leni Breymaier erhielt 9.176 Stimmen, was einen Anteil von 48,46 Prozent ausmachte. Ihr Herausforderer Lars Castellucci kam auf 9.137 Stimmen und 48,25 Prozent. 

Keiner gewinnt die Mehrheit

Bei 623 Enthaltungen gelang es somit keinem der beiden Kontrahenten, die Mehrheit der 36.000 SPD-Mitglieder im Südwesten von sich und seiner Agenda zu überzeugen. Ursprünglich galt die Abmachung, dass der Gewinner der Befragung dem Landesparteitag als Kandidat für den Vorsitz vorgeschlagen werden sollte.

Doch Breymaier verkündete bereits am frühen Nachmittag ihren Rückzug. Es war kurz nach 14 Uhr, als sie vor die Kameras trat. Das Ergebnis stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Eigentlich wollte es die SPD Baden-Württemberg bereits am Vorabend bekannt gegeben. Doch es fiel deutlich knapper aus als erwartet. Für Breymaier war es ernüchternd.

Ein knappes Ergebnis

„Ich hatte mir von diesem Mitgliedervotum eigentlich erhofft, dass wir eine Klarheit kriegen“, sagte Breymaier, während die Stimmen in der Landesgeschäftsstelle noch einmal ausgezählt wurden. 53 Prozent der rund 36.000 SPD-Mitglieder in Baden-Württemberg hatten sich an der Befragung beteiligt. 90.000 Euro kostete sie. Doch die erhoffte Klarheit brachte sie nicht.

Ein Vorsprung von 21 Stimmen für Lars Castellucci wurde im Laufe des Vormittags in verschiedenen Medien kolportiert. Breymaier ging also in die Offensive. Sie sprach von einem schwierigen Ergebnis und einer zerrissenen Partei. Weder sie noch Lars Castellucci habe mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können. 

Castellucci macht weiter

„Ich glaube, dass das Konsequenzen verlangt. Mir geht es nicht um mich, sondern mir geht es um die Zukunft meiner SPD, die mir am Herzen liegt“, sagte Breymaier. Sie habe daher Lars Castellucci vorgeschlagen, gemeinsam für den Parteitag am Wochenende einen dritten Kandidaten ins Rennen zu schicken. Dies müsse eine Persönlichkeit sein, die in der Lage sei, die Partei in Baden-Württemberg zu einen.

Castellucci habe diesen Vorschlag laut Breymaier zunächst abgelehnt und wollte das endgültige Ergebnis abwarten. Er selbst dementierte dies und schrieb auf Twitter: „Ich habe weder Angebote abgelehnt noch Angeboten zugestimmt. Ich beteilige mich nicht an taktischen Spielchen. Der Respekt vor den Mitgliedern erfordert, jetzt das Ergebnis abzuwarten und dann zu entscheiden.“

Nach Breymaiers Rückzug und der Bekanntgabe des Endergebnisses kündigte Castellucci auf Facebook an, auf dem Landesparteitag als Vorsitzender kandidieren zu wollen. „Die Mitglieder haben keinen von uns mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet. Damit geben sie die Verantwortung an den Landesparteitag ab. Die Lage ist nicht leicht, aber sie war auch schon schwerer. Das Wort haben nun die Delegierten auf dem Parteitag", schrieb Castellucci.

Tritt Andreas Stoch an?

Breymaier sagte wenige Stunden vorher, es sei nicht die Zeit für Egoismen. „Wir haben gemeinsam Verantwortung für die Zukunft der SPD in Baden-Württemberg“, sagte Breymaier, die verkündete, in jedem Fall nicht erneut als Landesvorsitzende kandidieren zu wollen, weil sie nicht auf eine breite Mehrheit zurückgreifen könne.

Ihre Forderung nach einem dritten Kandidaten griff am Abend der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup auf. Er selbst könne sich eine Kandidatur nicht vorstellen. Mentrup schlug jedoch den Vorsitzenden der Landtagsfraktion Andreas Stoch vor.

Breymaier tritt zurück

Zugleich werde sie ihre Ämter im SPD-Parteivorstand und im Präsidium der Bundespartei niederlegen. Das habe sie bereits der Vorsitzenden Andrea Nahles mitgeteilt. Breymaier dankte ihrer Generalsekretärin Luisa Boos und der Landesgeschäftsstelle der Südwest-Genossen für die Unterstützung in den vergangenen beiden Jahren. 

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Kommentare

Leni Breymaier verkündet Rückzug

Da haben Leni Breymaier und die baden-württembergische SPD ein gewaltiges Eigentor geschossen. Mit großem Aufwand und vor allem viel Geld, das für politische Zwecke gebraucht würde, hat man einen Mitgliederentscheid durchgeführt, der letztendlich zu keinem klaren Ergebnis geführt hat.

Nun müssen die Rollen neu verteilt werden. Und, egal wer künftige(r) Landesvorsitzende(r) wird, die Person hat eine mehr oder weniger gespaltene Basis unter sich.

Das Spiel geht noch weiter mit dem Amt der oder des Generalsekretär(in), ob Luisa Boos, die ebenfalls angeschlagen ist, ihr Amt behält oder ob Sascha Binder deren Nachfolge antritt. Zu beneiden ist keine(r) von beiden.

Und hier soll die SPD aus ihrem Tief herausfinden? Vielleicht sollte die SPD endlich mit einigen wenigen Themen nach vorne brechen und diese offensiver vertreten als sie es bisher getan hat. Dazu gehört auch eine überfällige Abkehr von dem Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21.

Richterin Leni Breymaier schenkt der SPD BW eine echte Chance!

Es ist schwer zu deuten, wohin die baden-württembergische Sozialdemokratie will. Da es nicht nur um eine Spitzenposition geht, sondern auch um eine programmatische Ausrichtung, scheint die SPD BW sich weder im Klaren zu sein, welcher Gegenwind aus Berlin kommt und welcher hausgemacht sein soll.

Der knappe Ausgang zeigt diese Zerrissenheit auch in personeller Hinsicht. So hat Leni Breymaier erst zwei Jahre Zeit gehabt, mit einem Team ihres Vertrauens die Genoss[inn]en neu aufzustellen. Aber obwohl sie mit ihrer Generalsekretärin Luisa Boos ein gutes Tandem bildete, sah sie selbst sich strukturell nicht in der Mehrheit des Landesvorstandes.

Lars Castellucci sieht seine Chance, sowohl personell wie programmatisch neu zu akzentuieren. Allein die Hälfte der Genoss[inn]en sieht dies jedoch nicht in ihm. Leni Breymaiers Rücktritt und -zug zeugt von einer sehr vorausschauenden salomonischen Weisheit, sich selbst in Frage zu stellen, um zukünftig der Schwarmintelligenz SPD BW zu vertrauen.

Ein Rückzug Lars Castelluccis würde diese Weisheit teilen und depolarisieren. Die im Vorstand, welche die strukturelle Mehrheit haben, müssen nun Flagge zeigen und flügelübergreifend handeln.

Wahl des/der Landesvorsitzenden + Platzierung Evelyne Gebhardt

Ich bin geradezu schockiert, wie sich bei unserem Landesverband offensichtliche Seilschaften gegenseitig die Ämter und Platzierungen verteilen. Ordentlich Gewählten werden umgehend kritisiert und in Zweifel gezogen. Ständig wird die aktuelle Arbeit kritisiert und liefert so den politischen Gegnern die Stichwort.e
Leni hat ihre Sache gut gemacht. Hatte eine deutliche Sprache und eine hohe Sachkenntnis über ihren Werdegang. Verkäuferin, Gewerkschaft,
Landesvorsitz!
Sprachlos hat mich auch unsere "Führungsriege" bei der Platzierung einer hochverdienten und hoch kompetenten Europaabgeordneten und Vizepräsidenten Evelyne Gebhardt. Sie war zu Vorträgen und Infos in anderen Wahlkreise immer bereit . Und hat grundsolide Arbeit vermittelt.
Wir sind nur noch mit uns und und unseren "Theoretikern" befasst.
Mit 25 Jahren Vorsitz OV + GR-Fraktion, beendet bei 36,5% SPD -Anteil Kommunalwahl, weiß ich was Teamwork bedeutet. Ich schäme ich mich für den irrsinnigen Umgang mit unseren gewählten Vertretern. Statt über unsere Erfolge, reden zu viele über das noch Fehlende. Bei 80 % Erfolge in Berlin, kritisiert man mehr die noch fehlenden 20 %! Die SPD wird weiter dringend gebraucht.

SPD Baden-Württtemberg

Mein Kommentar vom 20.11. zu diesem Thema scheint mal wieder der Zensur zum Opfer gefallen zu sein.

Bei uns gibt es keine Zensur...

...aber bei Verstößen gegen die Netiquette (https://www.vorwaerts.de/seite/netiquette) wird ein Kommentar gelöscht.

Zensur bzw. Netiquette?!

Was ist es denn nun? Der Artikel ist doch zu lesen! Bereinigte oder Originalfassung? Das wäre schon interessant zu wissen!