Klausurtagung

Was für die SPD alles zu einer guten Infrastruktur dazugehört

Vera Rosigkeit10. Januar 2023
Wenn die SPD von Infrastruktur redet, geht es nicht nur um den Ausbau von Straßen, Schienen oder digitaler Netze. Es geht auch um gute Bildung von der Kita bis zur Fachkraft, um Tarifbindung bei öffentlichen Aufträgen und um die Rolle des Staates.

Die SPD macht sich für einen schnellen Ausbau der öffentlichen Infrastruktur stark . „Wenn wir wollen, das Deutschland in fünf bis zehn Jahren ein starkes Land ist, müssen wir jetzt eine neue ökonomische Stärke aufbauen. Grundlage für diese ökonomische Stärkung ist eine funktionierende Infrastruktur“, erklärte der Parteivorsitzende Lars Klingbeil nach der Klausur des Parteivorstands zum Jahresauftakt. Den Begriff Infrastruktur fasst die SPD dabei weitaus umfassender als gemeinhin üblich.

Industrieland Deutschland, Investitionen, regionale Wertschöpfung

Als Leitmärkte für die Zukunft definiert die SPD zukunftsträchtige Schlüsseltechnologien, die künftig stärker gefördert werden sollen: Dazu zählen etwa die Grundstoffindustrie oder der Aufbau von Produktionsstätten für moderne Halbleitern oder Batterien. Konkurrenzfähige Energiepreise sollen über einen effizient ausgestalteten europäischen Industriestrompreis gesichert werden. Neben gezielten Anreizen für private Investitionen in Zukunftstechnologien will die SPD einen staatlichen Transformationsfonds einrichten. Gelder müssen aber auch auf europäischer Ebene bereitgestellt werden, um „die Chancen eines großen Binnenmarktes für diese Transformation“ zu nutzen.

Investieren will die SPD auch in regionale Wertschöpfungsketten. Kommunen und ihre Bürger*innen sollen zudem stärker an den Erlösen von neuen Wind- oder Solarparks beteiligt werden. Strukturpolitik soll proaktiv Regionen unterstützen, damit sie im Wandel erfolgreich bleiben.

Gute Bildung, Fachkräfte von morgen und Einwanderungspolitik

Mit dem Zukunftsplan Kita-Qualität will die SPD in die frühe Bildung investieren und Erziehungsberufe attraktiver machen. Das „Startchancen“-Programm zählt sie zum wichtigsten bildungspolitischen Vorhaben dieser Wahlperiode. Zusätzliche Investitionen sollen Schulen in benachteiligten Quartieren unterstützen, mit einer Ausbildungsgarantie soll das Übergangssystem von der Schule zum Beruf modernisiert werden, Investitionen in berufsbildende Schulen sollen die Qualität der Ausbildung verbessern.

Dazu zählt auch die Stärkung der dualen Ausbildung und ein Ausbau von Qualifizierung und Weiterbildung. Familienfreundliche Arbeitszeitmodelle und eine partnerschaftliche Teilung unbezahlter Sorgearbeit sollen die Erwerbstätigkeit von Frauen weiter steigern. Tarifbindung und betriebliche Mitbestimmung sollen ebenfalls gestärkt werden. Dabei soll der Bund vorangehen und die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Einhaltung von Tarifverträgen binden. Ein modernes Einwanderungsrecht soll die Anerkennung von Qualifikationen und beruflichen Abschlüssen vereinfachen, Sprachförderung soll gestärkt, Einbürgerung unbürokratischer werden.

Moderner Staat, digitale Verwaltung und digitale Kompetenz

Die SPD sieht die digitale Verwaltung als eine Grundvoraussetzung für die Modernisierung des Landes. Investitionen in die technischen Ausstattungen sind ebenso notwendig wie in die Qualifikation von Mitarbeiter*innen in Behörden und Schulen. Schnelle Genehmigungen sollen künftig den Zeitraum zwischen Planungen und Baubeginn mindestsens halbieren.

Aber auch die Rolle des Staates soll neu gedacht werden: Der soll als Lenker und mittels öffentlicher Beschaffung die Transformation stärken: Über öffentliche Unternehmen „wollen wir Leitmarkt für emissionsarme, auf erneuerbare Energien oder grünem Wasserstoff basierende Produkte sein“, heißt es dazu im Beschluss des Parteivorstands. Ausgewählte Start-Ups sollen unterstützt werden.

Netze für Energie, Daten, Kommunikation und Mobilität

Für die SPD liegt die Zukunft in den Erneuerbaren Energien. Der Staat muss den Rahmen für den Ausbau von Pipelines, Speicherkapazitäten und Kraftwerken setzen (auch in Europa). Zudem spricht sich die SPD für eine verbindliche kommunale Wärmeplanung aus, die Städte und Gemeinden nicht überfordert.

Eine nachhaltige Verkehrsinfrastruktur in Europa als Ziel setzt den Ausbau von Straßen und Schienen voraus und den Ausbau des ÖPNV. Verbindungen zwischen den europäischen Metropolregionen sollen zu „sozial verträglichen Preisen“ als Alternative zu innereuropäischen Flügen geschaffen werden. Die digitale Infrastruktur soll leistungsfähiger werden. Für die SPD ist klar, das Märkte allein dieses Problem nicht lösen können. Auch müsse Informationsbeschaffung und Kommunikation unter demokratischer Kontrolle stehen.

Wie es jetzt weiter geht

Die SPD hat eine Kommission Steuern und Finanzen unter Leitung der Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil eingesetzt. Die beschriebenen Modernisierungserfordernisse erfordern in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen und zwar nicht nur private, sondern auch öffentliche Mittel. „Das muss finanziert werden“, sagte Lars Klingbeil auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Jahresauftaktklausur. Wie öffentliche Gelder zur Verfügung gestellt werden können, aber auch darum, wie Gelder in „unserem Land verteilt sind“, darüber wolle die SPD in diesem Jahr beraten. „Die Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen rücken jetzt in den Mittelpunkt“, so Klingbeil. Auf diese Frage will die SPD bis zu ihrem Parteitag in 2023 eine Antwort geben.

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Kommentare

grossartig, die SPD, wenn nun auch noch

die Arbeitskräfte kommen, dann wird das auch klappen, zB mit den versprochenen 400 000 Wohnungen, die Jahr für Jahr neu gebaut werden sollte. Hilfsweise muss man die Arbeitskräfte dienstverpflichten, Not kein kein Gebot, und in der derzeitigen Misere muss die 40 Stunden Woche im Bausektor in Frage gestellt werden, auch die Frühverrentung. Eine Dienstverpflichtung wäre hilfreich, ähnlich wie man auch zur Landesverteidigung Menschen dienstverpflichten konnte und auch wieder könnte

Die Bundesregierung ignoriert die Zusammenhänge

Neue Pipelines bauen zu wollen, nachdem Nordstream 1 + 2 gerade erst in die Luft gejagt wurde, scheint mir ein stark unausgegorenes Konzept zu sein. Wer soll sich denn an deutschen Pipelines beteiligen, wenn die Bundesregierung erkennbar nicht interessiert, wer die bestehenden zerstört hat?

All die schönen und sinnvollen Pläne betreffend der Infrastruktur stehen in einem Spannungsverhältnis zur scholzschen Zeitenwende. Wir geben künftig >2% für Militär aus züzüglich Sonderprogramm von 100 Mrd Euro. Dann wollen wir uns in ungebremster transatlantische Loyalität auch zunehmend in Gegenerschaft zu Russland und China bringen lassen. Glaubt denn die Parteiführung, dass dies alles ohne Konkurrenz mit den zivilen Notwendigkeiten von statten gehen wird? Es ist kaum anzunehmen, dass Deutschland volle Kraft auf- und ausrüstet und gleichzeitig einen Infrastruktur-Kraftakt unternimmt. Diese Pläne der SPD sind für Friedenszeiten gemacht. Die SPD hat aber nicht einmal den Mut, von den eigenen Verbündeten eine ernsthafte Verhandlungslösung für den Ukrainekonflikt zu fordern. In der eigenen Koalition ist sie ohnehin in der permanenten Defensive.

Das alles passt nicht zusammen.

das Problem ist doch nicht das Geld. Dies wird

fortlaufend gedruckt und ist- man mag darüber verwundert sein- als Zahlungsmittel immer noch anerkannt und akzeptiert. Es mangelt an Arbeitskräften, und teilweise auch an den benötigten Materialien (Steine, Zement, Holz, Gipskartonplatten, Teerpappe, Röhren) .

Wir brauchen einfach mehr arbeitsfähige Menschen, soweit arbeitsunwille urächlich ist , könnte man Zwang ausüben, ähnlich wie es bei der Wehrpflicht gemacht wurde. Wer nicht kommt, den holen die Feldjäger. Das geht auch mit Bauarbeitern und Fachkräften des Baus. Die Not ist so groß, dass gar keine Wahl bleibt, meine ich. Wo sollen wir denn die Menschen alle unterbringen, die zu uns kommen?