Novemberrevolution

Spartakusaufstand: Der blutige Kampf um die junge Republik

Marcel Böhles04. Januar 2019
Im Januar 1919 wurde der sogenannte Spartakusaufstand blutig auf Berlins Straßen ausgetragen.
Im Januar 1919 wurde der sogenannte Spartakusaufstand blutig auf Berlins Straßen ausgetragen.
Am 5. Januar 1919 beginnt in Berlin der sogenannte Spartakusaufstand. Er führt zur endgültigen Spaltung der Linken in der Weimarer Republik - und zur Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Am 31. Mai 1919 entdeckt ein Schleusenarbeiter im ­Berliner Landwehrkanal eine stark ver­weste weibliche Wasserleiche. Die Obduktion durch zwei Rechtsmediziner ergibt, dass die Frau durch einen Pistolenschuss aus kurzer Distanz getötet wurde. Um letzte Zweifel an der Identität auszuräumen, wird Mathilde Jacob, die einstige Sekretärin des mutmaßlichen Mordopfers, herbeigeholt. Ein Wärter warnt sie vor der Konfrontation mit dem Leichnam: „Frau, bleiben Sie draußen, den Anblick werden Sie nie wieder los“. Mathilde Jacob tut es dennoch und bestätigt, was ohnehin jeder vermutet: Die Tote ist Rosa Luxemburg, die viereinhalb Monate zuvor von rechtsextremen Freikorpssoldaten ermordet worden ist.

Der Mord an Rosa Luxemburg und ­ihrem politischen Weggefährten Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 markiert den vorläufigen Höhepunkt des Konflikts zwischen gemäßigter Sozialdemokratie und radikaler Linken, der in den Monaten nach der Novemberrevolution blutig eskaliert.

Die Kriegskredite spalten die SPD

Ihren Ursprung hat das Zerwürfnis ­bereits zu Beginn des Weltkrieges im August 1914, als die Frage der Kriegskredite die SPD vor eine Zerreißprobe stellt. Die Mehrheit der Fraktion um den Parteivorsitzenden Friedrich Ebert ist für Zustimmung, eine Minderheit um den Co-Vorsitzenden Hugo Haase plädiert für Ablehnung, muss sich aber der ­eisernen Fraktionsdisziplin beugen. Bei der zweiten Abstimmung im Reichstag am 2. Dezember 1914 wird schließlich der Abgeordnete Karl Liebknecht zum ersten „Abweichler“. 1916 gründet er zusammen mit Luxemburg die „Spartakusgruppe“ und wird wenig später wegen „Kriegsverrat“ zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Mit Fortdauer des Krieges schließen sich immer mehr gemäßigte SPD-Abgeordnete den Kriegsgegnern an. Im April 1917 formieren sie sich zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) – die Parteispaltung ist damit offiziell vollzogen.

Als am 9. November 1918 die Revolution Berlin erreicht, können sich in den entscheidenden Tagen und Stunden der Revolution die moderaten Sozialdemokraten durchsetzen. Am 10. November bestätigen die Arbeiter- und Soldatenräte Berlins eine Übergangsregierung („Rat der Volksbeauftragten“) aus je drei Vertretern von SPD und USPD.

Ende 1918 eskaliert die Gewalt

Zunächst überwiegen in dem Gremium die Gemeinsamkeiten: Auf der Tagesordnung stehen bahnbrechende Reformen, die langjährige Kernforderungen der Sozialdemokratie sind. Gleichzeitig steht der Rat der Volksbeauftragten angesichts harter Friedensbedingungen durch die Alliierten vor fast unlösbaren Aufgaben. Gefahr droht der Revolutionsregierung besonders von der Obersten Heeresleitung (OHL), die ein hartes Durchgreifen gegen linke Revolutionäre fordert. Zum Jahresende eskaliert die bis dahin weitgehend unblutige Revolution: Am 6. Dezember beschießen Regierungstruppen genehmigte Demonstrationen der ­Spartakisten, wobei 16 Menschen ums Leben kommen. Noch weit mehr Tote fordern Kämpfe gegen revolutionäre Marine­soldaten Weihnachten 1918. Aus Protest verlassen die drei USPD-Mitglieder daraufhin den Rat der Volksbeauftragten. Die Spartakisten ihrerseits trennen sich von der USPD und gründen zur Jahreswende 1918/1919 ­eine eigene Partei: die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

In den folgenden Wochen überschlagen sich die Ereignisse: Aus Enttäuschung über den bisherigen Verlauf der Revolution wagen linke Revolutionäre am 5. Januar in Berlin den bewaffneten Aufstand. Karl Liebknecht und – widerstrebend – Rosa Luxemburg schließen sich der Erhebung an, die auch die für den 19. Januar angesetzten Wahlen zur Na­tionalversammlung verhindern sollen.

Die Ermordung Liebknechts und Luxemburgs

Bekämpft wird die Revolte von Einheiten unter dem frisch ernannten Volksbeauftragten Gustav Noske, der von Friedrich Ebert dafür freie Hand erhalten hat. Die drückend überlegenen Regierungstruppen, darunter viele ­Freikorpssoldaten, bringen Berlin binnen einer Woche unter ihre Kontrolle. Als der Widerstand bereits gebrochen ist, fallen ihnen am Abend des 15. Januar die beiden Spartakusführer in die Hände. In der Nacht werden beide zunächst schwer misshandelt und später nach­einander ermordet. Gegenüber der Öffentlichkeit wird behauptet, ­Liebknecht sei „auf der Flucht erschossen“ worden, was durch das Obduktionsergebnis ­sofort widerlegt wird.

Die undurchsichtige Rolle, die Noske bei der Ermordung spielt, sowie die nur halbherzige Verurteilung der Tat durch die SPD-Regierung beschäftigen bis heute die Historiker und sind immer wieder Anlass für kontroverse Diskussionen. Das Blutvergießen ist indes noch längst nicht vorbei: Im März 1919 sterben allein in Berlin mehr als 1.200 Arbeiter bei der gewaltsamen Niederschlagung von Generalstreiks für revolutionäre Ziele.

Die Feindschaft zwischen SPD und KPD

Die tiefe Entfremdung, ja mehr noch Feindschaft zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten wird die Geschichte der Weimarer Republik entscheidend prägen und zu ihrem Scheitern beitragen. Mit dem wachsenden Einfluss der sowjetischen Bruderpartei unter Stalin fährt die KPD einen konsequent anti-parlamentarischen Kurs gegen die Weimarer Demokratie. Immer wieder propagiert sie ein Zusammengehen der beiden Arbeiterparteien („Volksfront“), in Wahrheit geht es ihr aber nur um taktische Manöver. 1929 schließt sich die KPD der Sozialfaschismusthese an, nach der die SPD auf eine Stufe mit den Faschisten zu stellen und daher als Hauptfeind zu betrachten sei. Ein gemeinsamer Abwehrkampf gegen den heraufziehenden Nationalsozialismus wird dadurch endgültig verhindert.

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Kommentare

Das große Elend der Sozialdemokratie

Nach dem zehnten geistigen folgte mit der Zustimmung zu den Kriegskredieten der erste praktische Verrat. Und spätestens seit der Novemberrevolution hat der Sozialdemokratismus seine menschenverachtende Fratze der ganzen Welt offenbart.

Keine Frage, dass die Sozialfaschismus-These ein Fehler war, aber man stelle sich die Emotionen der aufrichtigen Genossen vor, nachdem die SPD lieber mit Protofaschisten auf Arbeiter schießt, als für den Sozialismus zu wirken!

In 20 Jahren in Gewerkschaft hab ich viele Menschen kennengelerrnt, viele gute. Aber die SPler in den Führungspositionen, die die jeden Kampf am liebsten sofort abwürgen wollen, die sind der Feind in den eigenen Reihen.

Vor der eigenen Tür

Unter den nicht eben wenigen Auslassungen dieses Artikels wohl die vielsagendste: die Aufständischen besetzten auch den “Vorwärts“, der seit Wochen Stimmung gegen die Räte und alles links von der SPD-Parteiführung gemacht hatte - die Räumung erfolgte mit Granatenbeschuss und unter Misshandlungen. Direkt danach und zwei Tage vor der Ermordung von Liebknecht und Luxemburg veröffentlichte der “Vorwärts“ am 13. Januar das Gedicht “Das Leichenschauhaus“ von Artur Zickler:

„Viel Hundert Tote in einer Reih’ –
Proletarier!
Karl, Rosa, Radek und Kumpanei –
es ist keiner dabei, es ist keiner dabei!
Proletarier!“

"Spartakusaufstand"

Korrekt muss das Januaraufstand heißen; der intelektuelle Spartakusbund hatte vielleicht 1000 Mitglieder. Die Hundertausenden die da beteiligt waren forderten nichts anderes als die Umsetzungs es Programms der SPD. Vorsitzender des Revolutionsausschuß war Georg Ledebour (Weder Spartakus noch KPD). Für die Massaker am 6. Dezember war Otto Wels (!?!) verantwortlich. Ebert +Co. züchteten in Ihrer Querfront mit monarchistischen Generälen, unbewußt die Vorläufer von SA und SS. Der Luxemburg/Liebknecht Mörder Hauptmann Papst sagt später, daß ohne die Duldung durch Ebert + Co. die Morde nicht möglich gewesen wären. Noskes Schießbefehl - März 1919 ? Und 1 Jahr später der Kapp-Lüttwitz-Putsch. Ebert + Co. flohen nach Stuttgart - loyale Armeeverbände gab es nicht - ein spontaner Generalstreik machte dem Putsch nach 5 Tagen ein Ende. Und kaum wars vorbei mobilisierten Ebert Co. die gleichen Putschistenverbände gegen die "Rote Ruhr Armee". Eine juristische Aufarbeitung des Putsches unterblieb.
Kann man die Verbitterung Vieler gegen die SPD verstehen ? Den Stalinschen Unfug der KPD kann ich allerdings genauso wenig gutheißen wie die Politik Eberts + Co.

Man weiß gar nicht wo man anfangen soll...

Schon das erste Wort ist quatsch, weil die KPD sa quasi gar nicht involviert war: https://www.deutschlandfunkkultur.de/der-spartakusaufstand-ein-deutsches...

Liebknecht war im Ausschuss, hatte aber keine große Rolle und wurde von Luxemburg dafür sogar kritisiert ("Karl, das ist nicht unser Programm!")
Die Verschiebung der Wahlen war auch nicht wirklich eine der relevanten Forderungen.

Die Rolle von Noske ist auch nicht undurchsichtig, sondern spätestens seit Mitte der neunziger Jahre durch die Arbeit von Klaus Gietinger ziemlich klar.