100 Milliarden Euro

Sondervermögen: „Die Bundeswehr muss sich anders aufstellen.“

Kai Doering03. Juni 2022
100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr: Damit finanzieren wir notwendige Investitionen zur Ausstattung unserer Streitkräfte über den regulären Haushalt hinaus.
100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr: Damit finanzieren wir notwendige Investitionen zur Ausstattung unserer Streitkräfte über den regulären Haushalt hinaus, sagt SPD-Verteidigungspolitiker Wolfang Hellmich.
Das Sondervermögen für die Bundeswehr kommt. Wofür die 100 Milliarden Euro ausgegeben werden sollen und warum das nicht auf Kosten anderer Vorhaben geht, erklären Wolfgang Hellmich und Dennis Rohde aus der SPD-Bundestagsfraktion.

Bundesregierung und Unionsfraktion haben sich auf das Sondervermögen für die Bundewehr geeinigt. Am Freitag ist es beschlossen werden. Reichen die 100 Milliarden Euro aus, um die Streitkräfte mit dem auszustatten, was sie brauchen?

Wolfgang Hellmich
Wolfgang Hellmich

Wolfgang Hellmich: Die Einigung über das Sondervermögen ist nicht nur eine wirklich gute Nachricht für die Bundeswehr, sondern vor allem für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Mit dem 100-Milliarden-Sonderfonds finanzieren wir notwendige Investitionen zur Ausstattung unserer Streitkräfte über den regulären Haushalt hinaus. Damit können nun dringend überfällige Anschaffungen schnell auf den Weg gebracht werden. Wichtige Großprojekte, wie zum Beispiel die Beschaffung des schweren Transporthubschraubers, die F 35, gepanzerte Fahrzeuge, aber auch Boote und Schiffe. Klar ist aber auch, dass für die Sicherheit Deutschlands, die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürgern der Verteidigungsetat weiter ansteigen muss, auch wenn der Fonds mit dem Sondervermögen abgeschmolzen ist.

Dennis Rohde: Wir haben deshalb fest vor, dass auch in den Jahren nach dem Sondervermögen die Bundeswehr entsprechend der Fähigkeitsziele der NATO finanziell ausgestattet wird.

Welche Investitionen sind am dringendsten?

Wolfgang Hellmich: Die Bundeswehr muss sich anders aufstellen. Nach der einseitigen Ausrichtung auf die Auslandseinsätze zur Friedensstabilisierung muss die Landes- und Bündnisverteidigung wieder in den Vordergrund rücken. Dafür sind unsere Streitkräfte auch durch jahrelanges Missmanagement eines unionsgeführten Verteidigungsministeriums nur unzureichend eingerichtet. Mit dem Sondervermögen sind wir jetzt in der Lage, den gestiegenen Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung durch den Krieg Putins besser zu begegnen.

Bedeutet das, dass nun an anderer Stelle gespart werden muss?

Dennis Rohde
Dennis Rohde

Dennis Rohde: Nein und das ist auch richtig so! Die 100 Milliarden Euro für dringend benötigte Mittel in die bestmögliche Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten veranschlagen wir bewusst als Sondervermögen. Das bedeutet konkret: Wir müssen nicht an anderer Stelle sparen und Mittel für Themen wie die Kindergrundsicherung, bezahlbare Mieten oder andere notwendige Zukunftsinvestitionen kürzen. Diese Mittel für soziale Vorhaben werden weiter ausreichend zur Verfügung stehen. Das Sondervermögen bringt damit unseren sozialen Kompass innerhalb finanzpolitischer Entscheidungen nicht aus dem Gleichgewicht, sondern unterstreicht diesen durch seine unabhängige Umsetzung. Innerhalb der Ampel-Koalition und mit der CDU/CSU haben wir uns auf eine Grundgesetzänderung geeinigt, die nun im Parlament abgestimmt werden soll.

Wie behält das Parlament die Kontrolle, was von den 100 Milliarden angeschafft wird?

Dennis Rohde: Es ist richtig, dass die konkrete Ausgestaltung und weitere Bewirtschaftung einer engmaschigen parlamentarischen Kontrolle durch den Bundestag unterstellt wird. Wir werden nicht nur ein Sondergremium beschließen, das die Ausgaben aus dem Sondervermögen parlamentarisch begleitet, sondern ändern im Gesetz die Bundeshaushaltsordnung so, dass künftig auch gesetzlich festgeschrieben ist, dass alle Rüstungsverträge, die mehr als 25 Millionen Euro kosten der Zustimmung des Haushaltsausschusses bedürfen.

Über das Sondervermögen hinaus soll auch das Beschaffungswesen für die Bundeswehr reformiert werden. Was muss sich da ändern?

Wolfgang Hellmich: Uns ist wichtig, dass das viele Geld zu zeitnahen und sichtbaren Ergebnissen führt. Dafür ist eine umgehende Reform des Beschaffungs- und Vergabewesens zwingend notwendig. Erste wichtige Schritte – wie die Verkürzung der Vergabeverfahrens – sind bereits in die Wege geleitet.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Die Gesprächspartner

Wolfgang Hellmich ist verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Dennis Rohde ist haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

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Kommentare

wir müssen nicht nur an

anderer Stelle nicht sparen.

Wir müssen überhaupt nicht sparen, sonst gehen die Billionen der EZB ausnahmslos in den Süden. Haut das Geld raus, solange es dafür noch etwas gibt- danach handeln wir dann mit Zigaretten oder einem anderen Ersatz

Wehrpolitik

Das Sondervermögen für die Bundeswehr können wir uns sparen !
Auch wenn die Authoren anderes schreben, as Geld für Militär fehlt sowieso schon an allen Ecken und Enden. Aber um mit August Bebel zu sprechen: "Wo der Säbel regiert ist für Bildung kein Platz"

In allerletzter Minute?

Seit Jahren konnte man die Aufruestung RUS beobachten - ebenso dessen kriegerische Durchsetzung von angeblich berechtigten Anspruechen - imperiale Politik vom Feinsten. Wenn RUS nicht UKR angegriffen haette, sondern sich direkt Polen u. BAltikum zugewendet haette mit seiner destroy and slow proceed Strategie, so waeren wir nahezu werlos ohne die USA. Eine derartige Masse an konventionellem Heer kann man nicht mit punktuellen Hochtechnologiewaffen besiegen - RUS schickt sogar die alten T62 ins Feld, nicht das man keine modernen Panzer haette, aber die eigene Soldateska muss halt schauen, wie sie klarkommt - bei uns gaebe es mehr zu holen als in UKR, so dass deren Motivation sicherlich hoeher ware. Mit einem stehenden Heer von 400.000 Mann, modern und schwer bewaffnet - tausende Panzerhaubitzen und Leo2 - wuerde RUS sogar mit Deutschland alleine verhandeln wollen. Es ist die Logik der Aufteilung der Welt durch die Grossmaechte, die die russsiche Politikmentalitaet bestimmt - so sieht es aus. Also Staerke besitzen, um sie zu zeigen - so wird sich RUS wieder kooperativ verhalten im internationalen Geschehen. Hoffentlich sind wir nicht zu spaet - ich moechte nicht fliehen muessen.