Wahlanalyse

So will die SPD aus ihren Fehlern bei der letzten Wahl lernen

Lars HaferkampJohanna Schmeller15. Juni 2018
Was sind die Gründe für das Wahldebakel der SPD von 2017? Dazu liegen nun Antworten vor, die breit diskutiert werden.

Von einer „ehrlichen und schonungslosen Analyse“, spricht SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Zentral für den Erneuerungsprozess der Partei sei die Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln. Klingbeil leitet aus der vorgelegten „Analyse der Bundestagswahl 2017“ vier Schlussfolgerungen für die SPD ab. Als ersten Punkt betont er die Wichtigkeit einer langfristigen Planung der politischen Arbeit. Die SPD habe 2017 denselben Fehler begangen wie 2013, weil die Kür des Kanzlerkandidaten unvorbereitet und zu spät erfolgt sei. Der Kanzlerkandidat solle künftig früher bestimmt werden.
Zweitens gelte es, die Parteizentrale im Willy-Brandt-Haus neu aufzustellen. Klingbeil konstatiert hier keine Fehlleistungen der Mitarbeiter, sondern stellt fest, dass „die politische Führung nicht geklappt“habe. Es werde bereits in diesem Sommer eine Diskussion mit den Mitarbeitern zur Neuaufstellung geben. Zentrale Punkte seien Kampagnenfähigkeit, Serviceorientierung und Wissenstransfer. Als dritten Punkt nennt Klingbeil die Notwendigkeit „klare Ideen für die Zukunft“ zu entwickeln..

Klingbeil: „Erkennbar durch eine klare Haltung sein“

Die SPD müsse „erkennbar sein“ durch eine klare Haltung. Inhaltlich strittige Fragen seien zu klären, etwa die deutsche Politik gegenüber Russland. Schließlich spricht sich Klingbeil als vierten Punkt für eine „neue Führungskultur in der Partei“ aus. Es habe in der Vergangenheit oft „kein Miteinander in der Parteiführung“ gegeben. Wichtig sei künftig mehr Offenheit und Zusammenarbeit.
In der Partei stößt das Vorgehen der Parteiführung auf viel Zustimmung. „Der Bericht ist schonungslos und ehrlich. Und weil er das ist, ist er vor allem auch mutig“, lobt der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert. „Am gravierendsten fällt auf, dass wir endlich wieder anfangen müssen, unsere Politik aus einer klaren Haltung abzuleiten und nicht aus der Versuchung, es allen recht machen zu wollen.“ Auch die SPD-Landesvorsitzende in Bremen Sarah Ryglewski betont: „Es geht um mehr Klarheit und Haltung. Der Dialog mit den Menschen vor Ort steht für mich im Mittelpunkt.“
Die SPD müsse „eigenständig und unabhängig“ Ziele bestimmen und Kurs halten – und darum „noch heute die überfällige SPD Position zur Zukunft der Rente erarbeiten“, wünscht sich Michael Groschek, SPD-Bundesparteivorstandsmitglied aus Nordrhein-Westphalen, von seiner Partei. „Gerade auch bei Europa müssen wir Haltung zeigen, erkennbar bleiben, mehr Mut zu einem gemeinsamen Kerneuropa beweisen“, so Groschek. Die große „Willy wählen“-Erzählung sei inzwischen auserzählt.
Ein neuer großer Wurf in der Zeit von Globalisierung und Digitalisierung sei nun gefordert. „Und eine Generation, die sich beim Streit darum die Macht erkämpft, in der Partei und im Land.“

Annen: „Wir brauchen eine neue Kommunikationskultur“

Martin Dulig, SPD-Ostbeauftragter und stellvertretender sächischer Ministerpräsident, nennt Vertrauen als entscheidenden Punkt für die Erneuerung: „Gerade in Ostdeutschland ist der Vertrauensverlust in die SPD besonders schwerwiegend. Wir müssen unsere Politik besser erklären und für unsere Überzeugungen mit Haltung werben.“
Ähnlich sieht das auch Katja Pähle, SPD-Landes- und Franktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt: „Wir müssen das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen“, so Pähle. „Neben der Arbeit an der Fraktionsspitze setze ich deshalb stark auf das direkte Gespräch mit Menschen darüber, was sie von der SPD erwarten. Nicht ab und an, sondern Woche für Woche mehrmals, und ich lerne viel dabei. Genauso wichtig ist für uns Vertrauen und Zusammenhalt in der Landespartei.“
Leni Breymeier, Vorsitzende der SPD in Baden-Württemberg, nennt „Dialog und Kommunikation“ als wichtigste Themen, wenn es um die Erneuerung der SPD geht: „Es darf nicht mehr passieren, dass wir der Partei etwas überstülpen und sie inhaltlich nicht mitnehmen.“ Nötig sei mehr Dialog, ganz unabhängig vom Thema, und mehr Austausch mit Verbänden und Kultur. „In Baden-Württemberg haben wir uns auf den Weg gemacht, arbeiten auch an strukturellen Fragen. Ich bin dankbar für die Zeit und die Kompetenz, die von vielen eingebracht wird“, so Breymeier. Im November beim Landesparteitag solle dieser Prozess seinen vorläufigen Abschluss finden. „Wir alle sollten nicht nur nach Schuldigen suchen, sondern unsere eigene Verantwortung reflektieren.“

Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt, spricht sich ebenfalls entschieden für eine neue Kommunikationskultur aus: „Das Fundament hierfür sind klare Inhalte.“ Für die Wählerinnen und Wähler sei nicht mehr erkennbar gewesen, wofür die SPD stehe. „Es sollte wieder die Sozialdemokratie sein, die im Wahlkampf die Themen in der Öffentlichkeit besetzt. Das aber schaffen wir nur mit verständlichen Botschaften und klaren Schwerpunktsetzungen“, so Annen weiter.
„Veränderte Parteistrukturen sollten hierbei den Raum für notwendige Debatten schaffen, die Beteiligung unserer Mitglieder stärken und so die Kampagnenfähigkeit der SPD sichern.“ Sein Appell: „Unsere Parteizentrale allein die Erneuerung der SPD nicht bewältigen kann. Jedes Mitglied ist wichtig, um unsere Politik zu erklären und im Land dafür zu werben.“ Hierfür die Strukturen in den Wahlkreisen zu schaffen, sei auch die Aufgabe der Abgeordneten. „Wir müssen uns Gedanken machen über neue Gesprächsformate, Mobilisierungsstrategien und Beteiligungsangebote.“

Schwesig: „Die SPD hat viel zu bieten“

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, richtet den Blick nach vorn, auf die „großen Zukunftsthemen. Wir müssen unsere Vorhaben in der Regierung umsetzen und als Partei Antworten auf wichtige Zukunftsfragen finden, die über diese Wahlperiode hinausgehen.“ Die SPD habe viel zu bieten zu den Themen Zukunft der Arbeit, europäische Einigung und Zukunft des Sozialstaats. „Ich freue mich, an neuen Ideen für die SPD mitzuarbeiten“, so Schwesig.
Generalsekretär Klingbeil betont das „große Potential für eine starke SPD“, das das Umfrage-Hoch nach der Benennung von Martin Schulz als Kanzlerkandidat zu Beginn des vergangenen Jahres bewiesen habe. Klingbeil dankt ausdrücklich Schulz, dass dieser die Wahlanalyse in Auftrag gegeben habe.

 

Kommentare

So wird die SPD aus ihren Fehlern von den letzten Wahlen lernen

Ich gebe zu, dass die Analyse der Bundestagwahl 2017 überraschend schonungslos, tiefgründig und mit sehr wenigen blinden Flecken behaftet ist. Sicherlich bleiben in kleinen Strecken die zu bildenden Schlussfolgerungen noch vage und politisch offen. Doch im Grunde werden sowohl personelle wie auch strukturelle Defizite [innerhalb wie untereinander] klar skizziert.

Dabei bleibt es in der statistischen Rückschau nicht nur bei dem Blick auf die jüngste BTW Kampagne, sondern es wird die soziokulturelle wie sozioökonomische DNS einer sozialen Demokratie hinterfragt. Der zwingend nächste Schritt ist durch die aktive Beteiligung der Parteimitglieder den Mittelbau konzeptionell wie strukturell so stark zu stärken, dass dieser der Parteispitze zur nächsten BTW ein starkes Fundament anbieten kann.

Hierfür müssen die nächsten drei Jahre lang jeweils zu allen 12 Ziffern der Analyse Bildungsurlaube mit Werkstattcharakter angeboten werden, die bis zum Wahljahr konzeptionelle Lösungen entwerfen. In kürzerer Zeit lassen sich die konzeptionelle wie strukturelle Fragmentierung ohnehin nicht glätten und die derzeitigen Alleingänge von Gabriel zeigen, dass vielen die innere Einsicht noch fehlt.

Nur Statisten ?

Zwei wichtige Themen werden weiterhin weitgehend ignoriert ! Beim Klima- und Umweltschutz werden weiterhin selbstgesteckte Ziele nachh. verfehlt und beim Thema Sicherhet spielt unsere SPD, mangels unterscheidbaren eigenen Konzept, in d. Öffentlichkt. allenfalls n. die Rolle von Statisten ! Die CSU macht innerhalb ihrer Fraktionsgemeinschaft mit der CDU jetzt die Opposition. Eigentlich wollte doch die SPD klare Kante mit eigenen Konzepten zeigen. Stattdessen hält sie eine Kanzlerin im Sattel die längst zu schwach ist für den langen Legislatur-Ritt. Hier zeigt sich klar, dass es ein Bärendienst für die SPD und für Deutschland von Bundespräsident Steinmeier war, die Rettung Deutschlands durch die Regierungsbeteiligung der SPD durch eine Koalition mit der CDU/CSU als alternativloses Projekt einzufordern und abzusegnen ! Jetzt soll die SPD durch stillhalten Europa retten und wir haben die aberwitz. Situation, dass die demokratie- und fremdenfeindliche AFD weiter gestärkt wird und zwar, und das ist neu, egal wie die Geschichte ab jetzt weitergeht ! Der für Europa und in der SPD alternativl. EU-Fachmann Schulz wurde m. Gabriels tatkräftiger egomaner "Hilfe" im Postenstreit verbrannt !

Statisten ?

Zwei wichtige Themen werden weiterhin weitgehend ignoriert ! Beim Klima- und Umweltschutz werden weiterhin selbstgesteckte Ziele nachh. verfehlt und beim Thema Sicherhet spielt unsere SPD, mangels unterscheidbaren eigenen Konzept, in d. Öffentlichkt. allenfalls n. die Rolle von Statisten ! Die CSU macht innerhalb ihrer Fraktionsgemeinschaft mit der CDU jetzt die Opposition. Eigentlich wollte doch die SPD klare Kante mit eigenen Konzepten zeigen. Stattdessen hält sie eine Kanzlerin im Sattel die längst zu schwach ist für den langen Legislatur-Ritt. Hier zeigt sich klar, dass es ein Bärendienst für die SPD und für Deutschland von Bundespräsident Steinmeier war, die Rettung Deutschlands durch die Regierungsbeteiligung der SPD durch eine Koalition mit der CDU/CSU als alternativloses Projekt einzufordern und abzusegnen ! Jetzt soll die SPD durch stillhalten Europa retten und wir haben die aberwitz. Situation, dass die demokratie- und fremdenfeindliche AFD weiter gestärkt wird und zwar, und das ist neu, egal wie die Geschichte ab jetzt weitergeht ! Der für Europa und in der SPD alternativl. EU-Fachmann Schulz wurde m. Gabriels tatkräftiger egomaner "Hilfe" im Postenstreit verbrannt !

Warum umschifft SPD das Medien-Thema? Traut Ihr Euch nichts zu?

Schmutz-Dossiers aus der Union, Heckenschützen aus der SPD und die geballte Medienmacht
haben Martin Schulz zu Fall gebracht!
Nach dem keine investigativ-journalistische Aktivität die Hintergründe bisher aufgeklärt hat, hat sich ein investigativ-interessierter Leser auf den Weg gemacht und Erschreckendes über unsere Medien zutage gefördert!
Eine ausführliche Darstellung unter
https://www.freitag.de/autoren/sigismundruestig/massenmedien-in-deutschl...

Veschwörungstheorie ?

ich beobachte zwar auch einen gewissen Populismus der Mitte, dem nicht nur viele Bürger erliegen, sond. bisweilen auch nicht wenige Journalisten, die überwiegend anhand von Wirtschaftszahlen (Bsp.BIP) unseren Wohlstand belegen wollen und dabei die Auswüchse des Neoliberalismus ausblenden, die mittlerweile ,ohne Übertreibung, selbst unsere Lebensgrundlagen immens bedrohen.
Derlei Ignoranten gibt es aber, auch ohne Übertreibung, nicht wenige innerhalb unserer SPD und ,womöglich, auch in politischen Ämtern.
Ich halte es eher für eine Art von Betriebsblindheit und gefährlichen Pragmatismus, der bei Politiker/inn/en manchmal damit zu tun hat, dass sie sich allenfalls für die Dauer einer Legislaturperiode in der Verantwortung sehen. Nachhaltig ist da manchmal nur das Streben nach der eigenen Karriere. Vielleicht ist das bei manchem/er Journalist/in auch der Fall. Dann gibt es ja noch ,wie allen sicherlich bekannt, manch traditionelle Verbindung zwischen Parteien und Verlagshäusern.
Am weitesten von solch Beeinflussung entfernt, dürften wohl die öffentlich/rechtlichen Medien sein, die wir aus den genannten Gründen in ihrer Unabhängigkeit stärken müssen.! s.a. deutschlandfunk.de

Verschwörungstheorie ?

Beobachten tue ich zwar auch einen gewissen Populismus der Mitte, dem nicht nur viele Bürger erliegen, sond. bisweilen auch nicht wenige Journalisten, die überwiegend anhand von Wirtschaftszahlen (Bsp.BIP) unseren Wohlstand belegen wollen und dabei die Auswüchse des Neoliberalismus ausblenden,  die mittlerweile ,ohne Übertreibung, selbst unsere Lebensgrundlagen immens bedrohen.
Derlei Ignoranten gibt es aber, auch ohne Übertreibung, nicht wenige innerhalb unserer SPD und ,womöglich, auch in politischen Ämtern. 
Ich halte es eher für eine Art von Betriebsblindheit oder für gefährlichen Pragmatismus, der bei einigen Politiker/inn/en manchmal damit zu tun hat, dass sie sich allenfalls für die Dauer einer Legislaturperiode in der Verantwortung sehen. Nachhaltig ist da bei denjenigen  nur das Streben nach der eigenen Karriere. Sicher ist das bei manchem/er Journalist/in auch der Fall und zudem gibt es nicht selten traditionelle Verbindungen zwischen Parteien und Verlagshäusern.
Am weitesten von solch Beeinflussung entfernt, dürften wohl die öffentlich/rechtlichen Medien sein, die wir aus den genannten Gründen in ihrer Unabhängigkeit stärken müssen.! s.a. deutschlandfunk.de 

Könnte es evtl. vielleicht auch an schlechter Politik liegen?

Liebe Parteiführung,

ich sehe hier 4 Punkte, die als verbesserungswürdig benannt werden (zu späte Kür Spitzenkandidat, WBH, fehlende Zukunftsideen, schlechte Führungskultur). Das ist sicher nicht falsch. Gleichwohl, wenn ich mit Bürgern spreche, dann wird meistens ein anderer Punkt genannt: Schlechte Politik!

In den letzten 20 Jahren (1998 – 2018) war die SPD 16 Jahre in der Bundesregierung. In dieser Zeit hat sich die Kinderarmut erheblich ausgeweitet, heute ist fast jedes 5. Kind davon betroffen. Nachdem es Deutschland insgesamt recht gut geht, kann die Ursache ja nur eine verfehlte Familien- bzw. Kinderpolitik sein.

Ähnlich sieht es bei der Rente aus. Dass Riester ein Flop war, sollte auch innerhalb der SPD unstreitig sein – zumindest die Mehrheit der Bürger sieht das so. Gleichzeitig sinken die Leistungen der gesetzlichen Rente, obwohl wir heute Rekordbeschäftigung haben. Das ist doch niemandem vermittelbar.

Die Klimaziele 2020 wird Deutschland meilenweit verfehlen. Und auch das kommt ja nicht von ungefähr. Wenn die SPD mit aller Kraft die Kohleverstromung verteidigt und den Schutz von 20.000 Arbeitsplätzen über den Klimaschutz stellt, ist das eben das Ergebnis.

Schlechte Politik

An einer wirklichen Erneuerungsdebatte scheint der PV kein Interesse zu haben. Werbekampagnen einzukaufen hat mit Erneuerung nichts zu tun. Die SPD darf sich durch die neoliberale Presse nicht wieder einen Neoliberalen als Kanzlerkandidat aufdrücken lassen (Steinbrück) noch die Flucht in einen Eurokraten (Schulz). Da muss jemand ran d** für sozialdemokratische Inhalte steht.
Lest Euch doch mal das Berliner Programm durch, da steht genug drin in Sachen Sozialstaat und Friedenspolitik.
Mit den Grünen und der Frau Kipping um die neo****urbanen Schichten zu konkurieren bringt nichts, da helfen auch nicht die Werbeagenturen. Die SPD war stark als sich ihre Mitglieder glaubwürdig im Straßenwahlkampf engagierten und sich nicht für die Politik des PV schämen mussten.