Groko

So reagieren SPD-Politiker auf das Mitgliedervotum

Paul Starzmann04. März 2018
Am 4 März 2018 wartet die Presse im Willy-Brandt-Haus auf das Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums.
Debatte um den Koalitionsvertrag: Am 4 März 2018 wartet die Presse im Willy-Brandt-Haus auf das Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums.
Die einen freuen sich über die Zweidrittelmehrheit für die große Koalition, andere sind enttäuscht. Die Reaktionen aus der SPD nach dem Mitgliedervotum sind unterschiedlich. Gemeinsamkeiten gibt es aber auch.

Dass es unterschiedliche Reaktionen auf den Ausgang des SPD-Mitgliedervotums geben würde, war im Vorfeld schon klar. Wochenlang hatten die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten miteinander diskutiert, gerungen, gestritten über die Neuauflage der Groko. Da war vorprogrammiert, dass das Ergebnis am Ende nicht alle zufrieden stellen würde.

Nahles: „Wir bleiben jetzt zusammen“

Zufriedenheit und Erleichterung gibt es aber sehr wohl an diesem Sonntag. „Ich bin froh, dass es jetzt so gekommen ist“, wird etwa die designierte SPD-Chefin und Vorsitzende der Sozialdemokraten im Bundestag, Andrea Nahles, von SpiegelOnline zitiert. „Wir bleiben jetzt zusammen.“

Damit betont Nahles etwas, das sich durch fast alle Statements von Spitzenpolitikern der SPD zieht: die Gemeinsamkeiten innerhalb der Partei und der Wunsch nach Zusammenhalt. Ob Groko-Befürworter oder Gegner einer großen Koalition – viele Genossen wollen jetzt ihren Blick in die Zukunft richten und die Erneuerung der Partei voranbringen.

Kühnert: „Erstmal: Enttäuschung“

Das gilt auch für Juso-Chef Kevin Kühnert, der zuletzt so etwas wie das Gesicht der NoGroko-Kampagne geworden war. „Erstmal: Enttäuschung“, heißt es auf seinem Twitter-Account. Die Parteijugend habe gekämpft, um zu gewinnen – nun hat sie verloren. Dennoch blickt Kühnert positiv zurück auf die Debatte um die große Koalition, die SPD müsse fortsetzen, was in den vergangenen Wochen mit der Groko-Debatte begonnen worden sei: „Die SPD muss mehr sein, wie in den letzten Wochen und weniger, wie in den letzten Jahren“, lautet seine Forderung. „Kein #SPDerneuern ohne uns. Morgen geht’s los.“

Auf dem offiziellen Twitter-Kanal der Jusos findet sich eine ähnliche Botschaft: „Natürlich sind wir erstmal enttäuscht“, heiß es dort. „Dennoch müssen wir jetzt zusammenhalten und gemeinsam für unsere Partei kämpfen.“

Schäfer-Gümbel: „Richtig stolz“

Lob für diese Einstellung erhalten die Jusos von SPD-Vize Ralf Stegner, einem ausgesprochenen Groko-Befürworter. Die Parteijugend habe mit ihrem Engagement einen starken Beitrag zur innerparteilichen Demokratie geliefert, schreibt Stegner auf Twitter. Das bleibe auch jetzt wichtig für den „notwendigen Reformprozess innerhalb der SPD“. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sieht das ähnlich: „Danke für die leidenschaftliche Debatte der letzten Wochen“, schreibt er auf Twitter an seine eigene Partei gerichtet. „Jetzt: Vernünftig regieren und die #SPDerneuern.“

In Klingbeils Landesverband Niedersachen scheint die Freude über das Ja zur Groko groß zu sein. Ministerpräsident Stephan Weil wird auf Twitter mit den Worten zitiert: „Nach anstrengenden Wochen bin ich stolz und froh, Mitglied einer solchen Partei zu sein.“ Damit drückt Weil ein Gefühl aus, dass offenbar viele Genossen teilen. Auch er sei „gerade richtig stolz“ auf die SPD und „die Diskussionskultur der letzten Wochen“, schreibt etwa Parteivize Torsten Schäfer-Gümbel.

Miersch: „Guter Tag für die SPD“

Für Matthias Miersch, den Sprecher der Parlamentarischen Linken im Bundestag, ist es „ein guter Tag für die SPD und alle Mitglieder“. Alleine die innerparteiliche Debatte der vergangenen Woche habe schon den „Prozess der Erneuerung angestoßen“.

Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und stellvertretende SPD-Chefin, ist vor allem froh, „dass Deutschland endlich eine stabile Regierung bekommt“. Es gelte nun, „die vielen guten Vorhaben, die im Koalitionsvertrag stehen, für die Menschen umzusetzen und die Befürworter und die Gegner der GroKo mitzunehmen.“

Twitter: Viel Lob für die SPD

Auch in den anderen politischen Parteien herrscht weitgehend Erleichterung über das Ja der SPD-Basis zur Groko. So ist etwa die Vorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, froh, „dass die Hängepartie endlich vorbei ist.“ Von Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt eine Gratulation über den offiziellen Twitter-Account der CDU. Die Regierungschefin freue sich „auf die weitere Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes“.

Währenddessen bekommen die Sozialdemokraten am Tag der Entscheidung auch viel Zuspruch von ganz normalen Bürgern im Netz. Viele in den Sozialen Medien danken der Partei für die lebendigen Diskussionen um die Groko, das öffentliche Ringen der Genossen um den richtigen Weg. Die parteiinterne Debatte habe die Demokratie belebt, sind sich viele Twitter-Nutzer einig. Einer fordert: „Gerne mehr davon.“

 

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Kommentare

SPD erneuern - jetzt erst recht

Mit dem Eintritt in die GroKo sind die Aufgaben der zurück liegenden Zeit nicht erledigt: um den weiteren Absturz aufzuhalten, ist nicht nur kluges Regierungshandeln gefragt, sondern auch die weitere Analyse, was zu dem schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl 2017 geführt hat.
Das sei Martin Schulzs Schuld ist zu billig. Die SPD-Arbeit in der letzten GroKo hat viele Wählerinnen und Wähler nicht überzeugt; sie war auch zu wenig zukunftsorientiert. Hier kann die Partei Profil gewinnen, wenn sie sich nicht auf das Mitregieren beschränkt sondern deutlich darüber hinaus weist.
- z.B. auf eine andere europäische Wirtschaftspolitik, die die Südeuropäer nicht nur als Importeure deutscher Exporte wahrnimmt; d.h. auch keine Unterstützung für Weidmann als möglichem EZB-Chef;
- z.B. auf eine Neuausrichtung Europas unter Einschluss von und nicht gegen Russland; damit könnten auch die Konflikte in der Ukraine und in Syrien anders angegangen werden; und
- z.B. auf eine diplomatische Initiative für Afghanistan anstatt von mehr Soldaten; um nur ein paar Punkte zu nennen.
Wenn wir jetzt nicht den Mut zu einem Aufbruch haben, können wir wirklich bald einpacken.

Lieber Michael,

ich denke, Du sprichst einerseits sehr wichtige außenpolitische Aspekte an. Andererseits glaube ich nicht, dass die SPD damit tatsächlich allzu viele Pluspunkte bei Wählern sammeln könnte, wenn es ihr tatsächlich gelänge, in Syrien (!!), Afghanistan (!!) und der Ukraine (!!) etwas Positives zu bewirken - was aufgrund der Gemengelage der dort agierenden Parteien auch ungemein schwierig ist. Sollte sich die SPD nicht zunächst einmal auf die hiesigen Probleme besinnen und attraktive Gegenentwürfe zur CDU/CSU entwickeln??

Mehr mit Putin kuscheln?

Solche Vorschläge gefallen Putin und seinen Freunden bei AfD und DIE LINKE gewiß. Die Parteiführung wird klug genug sein zu erkennen, woher solche Vorschläge sonst noch kommen, z. B. von Putins RT.

Ja, Herr Krawinkel,

Ja, Herr Krawinkel, Deutschland und auch die EU müssen anfangen die Realität zu begreifen. Italien und Spanien (ein weit aus größeres Ausmaß als Griechenland) sind quasi pleite und Frankreich wackelt auch bedenklich. Der Target2-Saldo per 01/2018 von DE beläuft sich auf knapp 900 Milliarden Euro, Geld dass vor allen Dingen die Südstaaten der Bundesbank schulden. Das sind übrigens Kredite, über die nie gesprochen wird und die vom Parlament auch nicht abgesegnet sind.
Die völlig blödsinnigen Sanktionen (was sollen die eigentlich bewirken???) gegenüber Russland, Iran usw., die vorwiegend auf "Befehl" der USA zustande gekommen sind, müssen in Frage gestellt werden. Der Hegemon und Möchtegern-Weltbeherrscher USA ist ebenso pleite und hält sich nur noch durch Kriege/Ausbeutung und eben dem Dollar als Noch-Leitwährung über Wasser. Wer da nicht in die Zukunft blicken mag und aufzuhören, weiter Kriege anzuzetteln, auf dem Planeten auf dem wir alle sitzen, quasi den Knall noch nicht gehört hat und den alten transatlantischen Eliten weiter hinterher dackelt, dem ist nicht zu helfen. Die Musik wird nicht mehr in Washington/Tel Aviv gespielt.

Die Parteiführung kann froh sein

dass die Basis ein so klares Votum für die GroKo abgegeben hat. Nach dem Chaos und Zick-Zack-Kurs der vergangenen 12 Monate war das kaum noch zu erwarten. Ich hoffe nur, dass die Parteiführung diesen Vertrauensvorschuß nicht gleich wieder verspielt. Sie hat im Koalitionsvertrag viel versprochen, was kaum zu halten sein wird, spätestens beim nächsten Konjunkturabschwung und Zinsanstieg für den Schuldendienst wird so manche Wohltat im Koalitionsvertrag wieder einkassiert werden müssen.

Vertrauensvorschuß nicht gleich wieder verspielt

Zitat
"Sie hat im Koalitionsvertrag viel versprochen, was kaum zu halten sein wird, spätestens beim nächsten Konjunkturabschwung und Zinsanstieg für den Schuldendienst wird so manche Wohltat im Koalitionsvertrag wieder einkassiert werden müssen."

Das verlorene Wählerpotential der SPD wird´s nicht interessieren, für die sind "Wohltaten" nicht vorgesehen, die gehen einfach weiter zur Tafel und holen sich dort ihre verfassungsrechtlich geschützte "kulturelle u. menschenwürdige Teilhabe".