
In der Debatte über die Erneuerung der SPD nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl meldet sich nun auch der Seeheimer Kreis zu Wort. Kurz vor dem Start des SPD-Parteitags in Berlin hat er ein siebenseitiges Reformpapier vorgelegt.
Schon jetzt die Bundestagswahl in den Blick nehmen
In ihren „21 Thesen zur SPD im 21. Jahrhundert“ fordern die Seeheimer „gemeinsam eine moderne sozialdemokratische Idee von der Zukunft und dem Leben im 21. Jahrhundert zu entwickeln“. Dabei dürfe die Partei jedoch „nicht in eine Oppositionsromantik verfallen“ und sich nur noch mit sich selbst beschäftigen. Die SPD müsse stattdessen „schon jetzt die nächste Bundestagswahl in den Blick nehmen – egal, wann sie abgehalten wird“.
Dafür müsse sich die Partei besser auf wenige Themen konzentrieren, statt zu jedem Thema etwas zu sagen. „Wer gleichzeitig für alles steht und es allen recht machen möchte, steht am Ende für nichts“, schreiben die Seeheimer in ihrem Papier. Stattdessen müsse die SPD Themen wie Rente, Bürgerversicherung und Europa nach vorne stellen, also „Inhalte, bei denen niemand uns etwas vormacht und die die Menschen besonders umtreiben“.
SPD muss „Partei der wirtschaftlichen Kompetenz“ sein
Besonders wichtig ist aus Sicht der Seeheimer der Bereich Arbeit. „Wir müssen eine klare Vorstellung davon entwickeln, wie Menschen künftig arbeiten werden und wie der Arbeitsalltag flexibel und arbeitnehmerfreundlich ausgestaltet werden kann“, heißt es in dem Papier. Dafür müsse die SPD, die „Partei der wirtschaftlichen Kompetenz“ sein.
Auch beim Auftreten der Sozialdemokraten sehen die Abgeordneten Verbesserungsbedarf. „Die SPD muss eine einfache Sprache sprechen und nach verständlichen Antworten suchen.“ Auch müssten „alteingeübte Begriffe“ hinterfragt und mit neuem Leben gefüllt werden. So fordern die Seeheimer auch, „eine Diskussion darüber anzustoßen, was soziale Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert bedeutet“.
SPD als Anwalt der Menschen
Dafür sei auch wichtig, dass die SPD es nicht populistischen Parteien überlasse, „Sorgen und Probleme der Menschen“ konkret zu benennen. „Dabei hilft eine vorauseilend übernommene Position der politischen Korrektheit wenig.“ Werde die SPD nicht wieder zum Anwalt „aller Menschen in unserem Land“, stelle dies „unser politisches System vor eine zu große Zerreißprobe“.
Auch strukturell muss sich die SPD nach Ansicht der Seeheimer dringend verändern. Allzu oft würden inhaltliche Entscheidungen innerhalb der Partei „als Entscheidung für oder gegen Personen gedeutet, Personalentscheidungen viel zu oft als inhaltliche Entscheidungen“. Stattdessen sollten künftig „die besten Ideen und das beste Personal eine Mehrheit finden können“.
Mehr Eigenverantwortung für Arbeitsgemeinschaften
Zur Erneuerung der SPD gehöre auch eine Stärkung der Arbeitsgemeinschaften. „Sie sollen wichtiger Ort für den Einstieg und die Annäherung an die SPD sein und in die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereiche hineinwirken“, schreiben die Seeheimer. Dafür sei es sinnvoll, dass die AGs „als selbstständige Organisationen“ mehr Eigenverantwortung erhalten und nicht nur als Anhängsel der SPD betrachtet werden. Allerdings bedeute das auch, sie künftig an ihrem Erfolg zu messen. „Einen Selbstzweck und damit eine Bestandsgarantie hat keine der Organisationen“, stellen die Seeheimer klar.
Stärken möchten sie auch die Rolle der Kommunen innerhalb der SPD. Die Partei müsse „Prozesse entwickeln, in denen unsere KommunalpolitikerInnen mehr und ernsthafter als bisher auch auf Bundesebene zu Wort kommen und in Entscheidungen einbezogen werden“. Ansätze dazu hatte es bereits auf dem SPD-Bundesparteitag 2012 gegeben. Dort wurde ein „Kommunalbeirat“ in den Parteistatuten verankert.