
„Es ist Zeit für einen neuen Weg für Europa, einen Weg des Aufbruchs und des Respekts“, so eröffnete Sergei Stanishev, Präsident der Sozialdemokratischen Partei Europs (SPE), die Ratstagung der SPE am Donnerstag in Brüssel, die aufgrund der Corona-Pandemie nur in hybridem Format stattfand.
Ein starkes Bild der Sozialdemokratie
Gleichwohl stand am Anfang der Tagung ein starkes Bild: Auf einem gemeinsamen Panel diskutierten sieben sozialdemokratische Regierungschef*innen ihre Ideen für Fairness, Nachhaltigkeit und Respekt in Europa. Auch Dank des Wahlsiegs der SPD in Deutschland sieht sich die europäische Sozialdemokratie in einer starken Stellung, um als führende politische Kraft Europas Zukunft zu gestalten.
„Die Sozialdemokratie wird gebraucht“, rief Frans Timmermans, Vize-Präsident der EU-Kommission, den Gästen vor Ort und den digital zugeschalteten Delegierten zu. „Die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert war die Mutter unserer politischen Bewegung. Der Wandel, den wir heute erleben, ist mindestens ebenso so epochal und tiefgreifend.“ Umso wichtiger sei es, dass die Sozialdemokratie erneut sicherstelle, dass der Umbruch sozial gerecht verlaufe und der Wohlstand der Zukunft gerecht verteilt werde.
Scholz: „Aufbruch auf der Basis von Respekt“
Olaf Scholz beschrieb vor allem die industrielle Erneuerung als gemeinsame Kernaufgabe der Sozialdemokratie. Er unterstrich: „Dieser Aufbruch muss auf der Basis von Respekt aufgebaut werden. Wir wollen eine Gesellschaft, in der niemand auf andere herabschaut, sondern eine Gesellschaft auf Augenhöhe“ so Scholz weiter. Keine politische Kraft stehe dafür glaubwürdiger ein als die Sozialdemokratie. „Mit dem Wiederaufbauprogramm haben wir auch auf europäische Ebene eine starke gemeinsame Antwort gegeben. Das Wiederaufbauprogramm ist ein Signal des Aufbruchs und des Zusammenhalts.“ Und, so Scholz weiter, es zeige sich schon jetzt: „Es funktioniert!“
Nach Olaf Scholz ergriff die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson das Wort, beide kennen sich gut aus ihrer gemeinsamen Zeit als Finanzminister*innen ihrer jeweiligen Länder. Auch Andersson, die die erste Frau an der Spitze der schwedischen Regierung ist, machte deutlich, dass es die Sozialdemokratie sein müsse, die die grüne Transformation im Interesse der Menschen vorantreibe: „Wir können das mit Zuversicht tun. Wenn Europa diese Aufgabe mutig und gemeinsam anpackt, kann daraus ein neuer Boom entstehen – für unsere Industrie, für neue Jobs.“
Der Norden Schwedens als Vorbild
Im Norden Schwedens zeige sich derzeit, welch positive Energie in Transformationsprozessen freigesetzt werden könne. Der Norden Schwedens erlebe im Moment eine industrielle Revolution im Kleinen – mit vielen Unternehmen, die sich ansiedelten und neuen Jobs, die entstünden. „Wir kommen dort kaum mit dem Bau neuer Häuser und Wohnungen hinterher“, so Andersson.
Aufbruch und Respekt – um diese Stichworte kreiste auch die weitere Debatte. Eine Politik des Respekts verlange, sich noch entschiedener gegen Armut einzusetzen, betonte der portugiesische Premier Antonio Costa. 15 Millionen Menschen, unter ihnen viele Kinder, lebten europaweit in Armut. „Das ist eine dramatische Situation, die so nicht bleiben darf“, so Costa.
Barley: Auf Augenhöhe kommunizieren
Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin machte den Zusammenhang von Respekt und Gleichstellung deutlich. Dabei gehe es nicht nur darum, dass mehr Frauen in der Politik repräsentiert seien. Es gelte zugleich an der sozialen und strukturellen Basis für umfassende Gleichstellung zu arbeiten, so Marin. Die neue Europa-Beauftragte der SPD, Katarina Barley, ging auf die Bedeutung einer Sprache der Anerkennung und des Respekts ein. Gerade sozialdemokratische Politik müsse verständlich und auf Augenhöhe mit den Bürger*innen kommuniziert werden, um glaubwürdig und überzeugend zu sein.
Zum Schluss der SPE-Ratstagung nahmen die überwiegend digital zugeschalteten Delegierten eine gemeinsame Resolution an, die die Ausrichtung und Schwerpunkte der europäischen Sozialdemokratie für die nächsten Monate festlegt. Im kommenden Jahr will die SPE dann auf ihrem ordentlichen Kongress bereits erste Weichen für die nächste Europawahl im Jahr 2024 stellen, erläuterte Achim Post als Generalsekretär der SPE. „Die nächsten Europawahlen werden überaus wichtig. Und die Chancen für einen sozialdemokratischen Erfolg sind da.“ Die SPE werde diese Aufgaben anpacken - mit Zuversicht und Zusammenhalt.