Sommerreise

Schäfer-Gümbel: „Der ländliche Raum ist vernachlässigt worden“

Fabian Schweyher03. August 2018
Sommerreise Schäfer-Gümpel
Bürgermeisterin Susanne Schaab führt Thorsten Schäfer-Gümbel durch die Altstadt von Schotten.
Bei seiner Sommerreise besucht der hessische SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel die Kleinstadt Schotten. Auch auf dem Land ist fehlender Wohnraum ein großes Thema. Schäfer-Gümbel möchte den ländlichen Raum stärken.

Der Anblick des „Alten Posthofs“ hebt sich ab – gegen die Fachwerkhäuser, die die hessische Kleinstadt Schotten zieren. Das Gebäude hat seine besten Tage hinter sich. Seit 40 Jahren steht es leer. Gestrüpp und Grünzeug ziehen sich an Außenwänden hoch. Die Fenster sind zerschlagen oder mit Holzplatten notdürftig abgedeckt.

Hindernis Denkmalschutz

Für Bürgermeisterin Susanne Schaab ist die Ruine Teil eines Problems, das viele hessische Gemeinden haben. Deswegen hat sie den SPD-Landeschef und Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel dorthin geführt. Das Haus könne weder abgerissen noch barrierefrei saniert werden, der Denkmalschutz verhindere dies. Gleichzeitig ließen sich die erhöhten Kosten einer Sanierung mit der niedrigen Miete nicht gegenfinanzieren. „Der Leerstand wird zementiert“, sagt Schaab. Wenige Schritte entfernt kommt eine weitere Ruine zum Vorschein. „Das ist nicht mehr nachvollziehbar“, sagt Schäfer-Gümbel. „Wir brauchen eine Neuausrichtung des Denkmalschutzes.“

Dass sich der 48-jährige SPD-Spitzenkandidat verfallene Häuser ansieht, ist kein Zufall. Die hessische SPD setzt bei dem Wahlkampf für die Landtagswahl am 28. Oktober 2018 auf die Themen Wohnen, Mobilität und Bildung. „Die soziale Frage des nächsten Jahrzehnts ist bezahlbares Wohnen“, sagt Schäfer-Gümbel. Steigende Mietpreise seien nicht nur in Großstädten ein „riesiges Thema“, sondern auch auf dem Land. „Bezahlbaren Wohnraum zu finden, spielt gerade für ältere Menschen eine Rolle.“ Deswegen macht Schäfer-Gümbel auf seiner Sommerreise zum Thema Wohnen Station in der 10.700-Einwohner-Stadt Schotten, rund eine Stunde mit dem Auto von Frankfurt entfernt.

Zuschüsse gefordert

„Das größte Problem ist der Mangel an familiengerechten und barrierefreien Wohnungen“, sagt Bürgermeisterin Schaab. Die Stadt sei in ihrer Entwicklung beschränkt. „Wir leiden unter den Denkmalschutzvorgaben“, so die SPD-Politikerin. Gleichzeitig erschwere der Regionalplan, dass an anderer Stelle gebaut werden dürfe. „Wir müssen belegen, dass wir Bedarf an Entwicklung haben.“ Die Folge: Wer in der Altstadt keine Wohnung finde, ziehe weg. Darunter seien häufig Pendler, die 40 Prozent der Stadtbewohner ausmachen.

„Ich will nicht, dass der Stadtkern leer steht und außerhalb boomen die Neubaugebiete.“ Deswegen fordert die Bürgermeisterin staatliche Zuschüsse. Mit ihnen sollen die zusätzlichen Kosten ausgeglichen werden, die bislang die Sanierung eines denkmalgeschützten Hauses verhindern. Ebenso wünscht sie sich finanzielle Unterstützung bei der Infrastruktur – von der Erneuerung von Dorfgemeinschaftshäusern bis zum Bau von Fußballplätzen. Schließlich litten Dörfer mit einem aktiven Vereinsleben weniger unter Wegzug, so Schaab. In den vergangenen 20 Jahren habe Schotten zehn Prozent seiner Bevölkerung verloren.

Gleiche Lebensverhältnisse

Wenn die SPD die Wahl gewinnt, will Thorsten Schäfer-Gümbel als Ministerpräsident den ländlichen Raum finanziell besser ausstatten. „Wir brauchen einen kommunalen Finanzausgleich, in dem ein Flächenansatz integriert werden muss.“ Um vergleichbare Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu sichern, sei Mehraufwand nötig. Außerdem müssten die „Instrumente der Dorfentwicklung und der Städtebauförderung“ kontinuierlicher werden.

„Der ländliche Raum ist vernachlässigt worden“, stellt er fest. Dazu habe die Zentralisierungspolitik der Behörden beigetragen, die sich mit ihren Einrichtungen aus der Fläche zurückgezogen hätten, weswegen „der ländliche Raum geschwächt und weniger attraktiv wurde“. Als Ministerpräsident will Schäfer-Gümbel hier ansetzen: „Unser Ziel ist es, öffentliche Arbeitsplätze zurückzubringen und den ländlichen Raum zu stärken.“

Auch deswegen kritisiert der SPD-Spitzenkandidat die aktuelle Landesregierung. Schwarz-grün habe „sich am Anfang dieser Legislaturperiode darauf verständigt, in den schwierigen Infrastrukturfragen Wohnen, Mobilität und Bildung nichts zu ändern“. Torsten Schäfer-Gümbel gibt sich kämpferisch: „Für mich ist entscheidend, dass sich etwas verändert.“

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Kommentare

Wird das kulturelle Gedächtnis kommerzialisiert und privatisiert

Lt. der bifos e.V. gibt es Interessenunterschiede.

Einerseits soll mit historischen Gebäuden ein lebendiges Bild der Baukunst und Lebensweise vergangener Zeiten gezeichnet werden, dass damals im öffentlich Raum kaum behinderte Menschen sichtbar hatte.

Andererseits ist mit dem heutigen Anspruch des "Design für alle" sowohl die umfängliche Teilhabe von behinderten Menschen wie auch deren Einblick in historisch andere Zeiten zu gewährleisten. Es kann hier kein "entweder oder", sondern nur ein "sowohl als auch" geben. Die tatsächliche Barrierefreiheit muss im Einzelfall projektbezogen gelöst werden.

Hierfür muss das Land durch eine Landesbaugesellschaft die notwendigen finanziellen und technischen Lasten durch z. b. Ankauf vorhalten, um sie später an die Kommunen oder an private Nutzer[innen] saniert zu veräußern.

So können die internationalen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention, der Charta von Venedig und der Erklärung von Barcelona gewährleistet werden.

Konkret kann der Denkmalbeirat der Oberen Denkmalschutzbehörde als Ansprechpartner für Barrierefreiheit genutzt werden. Nur die Vorfinanzierung durch die öffentliche Hand verhindert den politischen Populismus.

wer zeichnet

verantwortlich für die Bildauswahl? Ich kann es nicht fassen, seht doch mal genau hin!

Sie redet auf ihn ein, er macht gute Miene zum bösen Spiel und lässt den Blick ins Weite schweifen.

was er denkt- eröffnet sich sofort: "Hört die denn nie auf zu quasseln"

Mit einem solchen Foto verkommt der Inhalt zur Farce- das muss euch doch klar sein

Best-Practice aus Hessen !

Die SPD sollte sich zur Aufgabe machen Best-Practice-Modelle aus dem In- und Ausland in die Breite zu bringen (nicht nur In Hessen) und zwar unabhängig davon welche Regierung diese einst initiiert hat !

Ein unbedingt zu verbreitendes Beispiel für ein WIN/WIN-Projekt für Integration und gleichzeitiger Unerstützung beim Erhalt bzw. Wiederbelebung der ländlichen Gemeinden:

https://www.hessen.de/pressearchiv/pressemitteilung/fluechtlinge-fuer-bu...

Ein inzwischen längst umgesetztes Besispiel für Kräftebündelung der Landgemeinden:
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/kleine-kommunen-planen-den-zusamme...

Unterstützen und Modellprojekte in die Breite bringen:
https://landhatzukunft.hessen.de/pressemitteilungen/modellprojekt-wird-w...

Innovative Kräfte bündeln und vernetzen !
https://www.kommune21.de/meldung_16611_Gemeinsam+zum+Ziel.html

Bla...bla

Die Menschen haben die Schn....voll von dem Bla...bla der Groko-Regierungsparteien und ihren gebrochenen Wahlversprechen oder oberflächlichen wirkungslosen Problemlösungsstrategien (s.Mietpreisbremse!).
Weitaus Wertvolleres kommt von unten, von engagierten Bürger/inne/n die ihr Schicksal selbst (siehe veresemmelter Breitbandausbau etc.) in die Hand nehmen.
Gerade die SPD sollte sich zur Aufgabe machen derartige Initiativen durch Anreize zu unterstützen und deregulieren dort wo erforderlich, damit bürgerschaftliches Engagement den Freiraum entwickleln kann den es braucht.
Es braucht mehr Aufrufe für innovative Projekte gerade im ländlichen Raum und massive, auch finanzielle Unterstützung, die tlw. auch durch organisertes privates Sponsoring unterstützt werden muss. Bessere steuerliche Anreize für Sponsoring statt der Verbrennung von Werbegeldern !!!
Die besten Projekte kommen von "unten" und werden nicht von oben verordnet (siehe gescheiterte Gebietsreform in Thüringen und Brandenburg) !!

Traurig ist...

...dass in den Groko-Episoden die Grundversorgung, also die staatlich bis kommunal zu erbringende "öffentliche Daseinsvorsorge" gerade von den Groko-Parteien auf das übelste vernachlässigt wurde.
Gerade das Abhängen der ländlichen Regionen bei öffentl.Nahverkehr, Breitbandausbau, Kinderbetreuung, mediz.Versorgung etc. hat dazu geführt dass auf dem Land Menschen abwandern und der Druck auf die Städte massiv gewachsen ist ! Presiexpolsionen in der Stadt, "tote", überalterte Gemeinden auf dem Land !
Bleibt zu Hoffen dass nach einer hoffentlich kurzen akt. Groko-Episode, eine Bündelung der Kräfte, die nicht Politik für raffgierige Großkonzerne macht, sondern für Menschen auf dem Land und in der Stadt, folgt !
Deshalb unterstützt die überparteiliche "Progressive, soziale Plattform" ! www.plattform.pro

...ein öfentlicher Aufruf...

...dass sich unsere SPD (auch) mehr mit sich selbst beschäftigen sollte !!!
Wie soll denn sonst die Erneuerung funktionieren, die gleichzeitig mit dem Groko-Regierungsantritt versprochen wurde ?!!!

https://www.focus.de/politik/deutschland/umfragedebakel-statt-gegen-unio...

zu bla...bla

..gemeint war natürlich die steuerliche Förderung von Sponsoring zugunsten sozialer Projekte und nicht die steuerliche Förderung des Sponsoring an Parteien oder an Amtsträger während oder nach ihrer politischen Karriere !!!

Integrationspotentiale generell bei Projekten einbeziehen !!

"Integrationspotentiale ländlicher Regionen im Strukturwandel" so lautet ein Forschungs-Praxis-Projekt der Schrader-Stiftung auf deren Erkenntnissen schon die in der Integration sehr erfolgreiche Stadt Scwäbisch-Gmünd zurückgreift mit dem hoffentlich inzwischen bundesweit bekannten Modell "Gmünder Weg"!.
Politik ist gut beraten bei Stärkungs- und Wiederaufbauprojekten für den seither oftmals sträflich vernachlässigten ländlichen Raum das Thema Integration generell mitzuplanen und zugewanderte Neubürger als vollwertige Unterstützer ihrer Projekte entspreched ihres Wissens, Könnens und ihrer Interessen einzubeziehen. Gibt es eine bessere Möglichkeit der Integration und der Sprachanwendung als bei einem gemeinsamen Projekt zum Vorteil aller ? Mir ist jedenfalls nichts besseres bekannt !
https://www.schader-stiftung.de/themen/vielfalt-und-integration/fokus/zu...
Gmünder Weg:
https://www.schwaebisch-gmuend.de/8268-Der-Gmuender-Weg.html

Der ländliche Raum ist vernachlässigt worden“, stellt er fest.

Der ländliche Raum ist vernachlässigt worden“, stellt er fest. Dazu habe die Zentralisierungspolitik der Behörden beigetragen … Und Genosse Kurt Beck fordert heute mehr Zentralisierung und die Fusion von Bundesländern. Mit derlei Themen möchte der VORWÄRTS in den versprochenen politischen Dialog mit der Partei und der Gesellschaft treten?
Ich würde in dieser Zeitung gern lesen, warum z. B. die SPD-Umweltministerinen (egal ob Barbara Hendricks od. Svenja Schulze) von den eigenen Genossen (Weil, Scholz, Gabriel) zurückgepfiffen werden, sobald sie Ihren Job machen und höhere Umweltauflagen für die Autoindustrie einfordern. Das wäre einmal ein Thema, das einer erneuerten SPD besser zu Gesicht stände.

Klare Zustimmung, aber...

Was es nicht gibt, das kann nicht diskutieren.
Richtig ist:"Das wäre einmal ein Thema, das einer erneuerten SPD besser zu Gesicht stände."

Bisher gibt es aber keine erneuerte SPD, keine noch so geringen Anzeichen für die angeblich gewollte "Erneuerung", nicht mal einen groben Anhalt, was man sich unter diesem leerem Wort überhaupt vorstellen soll.
Sicherlich gibt es auch in diese Online-Präsenz mehrere Artikel die irgendwelche "Erneuerung" proklamieren doch wenn man genauer hinsieht findet nichts statt und der Vorstand sowie alle hochrangigen Funktionäre und Posteninhaber führen weiterhin nur aus, was die neoliberalen Vorgaben umgesetzt bzw. blockiert haben wollen.

Gerade im ländlichen oder anderweitig "strukturschwachen" Bereich muß der Staat in direkter Konkurrenz zu "Investoren" eine Sicherstellung jeden Grundbedarfs garantieren weil kein Investor sich um die Menschen einen Dreck schert.
In Bereichen in denen zu geringe Verzinsung des eingebrachten Kapitals der Grundfunktion entgegensteht muß staatlich eingegriffen und unterstützt werden. Die Funktion,wohlgemerkt, nicht die Profite.
Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, "erneuert" oder nicht.
Nur tut sich nichts...

Erbärmliches Aussenbild

Außer dem hilflosen Grinsen ihres Generalsektetärs (wurde wohl stellvertretend vorgeschickt ?) scheint von (unserer) SPD-Alt nichts mehr übrig zu sein !
Die ganze Mutlosigkeit,Hilflosigkeit und Ignoranz der derzeitigen Parteivorderen wird besonders nach den Ausführungen von Harald Lesch deutlich der nicht nur über das von der SPD vorsätzlich vernachlässigte Thema Klima und Umwelt und daraus folgende Szenarien sprach, sondern auch über Fluchtursachen die von der derzeitigen Regierung mehr verstärkt als bekämpft werden. Auch auf weitere Versäumnisse angesprochen fand Genosse Klingbeil trotz ringen keine Ausflucht, weil es keine gibt. Den Mut die SPD-Fehler der Vergangenheit klar zu benennen fand er aber auch nicht. Ein unwürdiges Schauspiel.
Spätestens nach den kommenden Landtagswahlen (Bayern-Prognose: SPD 8 %, Grüne 15 %) wird die SPD-Basis mit ihrer ignoranten Parteispitze abrechnen ! Fehler der Vergangenheit und Gegenwart werden verdrängt ! Erneuerung bleibt aus !

Link zur Talkshow "Lanz" mit u.a. Harald Lesch u. Lars Klingbeil