Sondersitzung am Sonntag

Resolution gegen Putins Krieg: Wie der Bundestag zur Ukraine steht

Jonas Jordan27. Februar 2022
Der Bundestag kam am Sonntag aufgrund des Ukraine-Kriegs zu einer Sondersitzung zusammen.
Der Bundestag kam am Sonntag aufgrund des Ukraine-Kriegs zu einer Sondersitzung zusammen.
Mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP sowie CDU/CSU hat der Bundestag am Sonntag eine Resolution verabschiedet. Darin fordert er Präsident Putin und die russische Regierung auf, den Angriffskrieg auf die Ukraine unverzüglich einzustellen.

„Der Deutsche Bundestag fordert Präsident Putin und die russische Regierung auf, den Angriffskrieg auf die Ukraine unverzüglich einzustellen und ihre Truppen sofort vom Gebiet der Ukraine abzuziehen. Eine sofortige Waffenruhe ist das Gebot der Stunde“, heißt es in einem Entschließungsantrag, der am Sonntag in einer Sondersitzung des Bundestages mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP sowie der CDU/CSU beschlossen wurde. Der Bundestag verurteilt das Vorgehen der russischen Regierung aufs Schärfste und erklärt seine volle Solidarität mit der Ukraine und ihrer Bevölkerung. Es werde „dem Regime von Präsident Putin“ nicht gelingen, den Geist des Euromaidans und die freie ukrainische Gesellschaft zu besiegen.

Bundestagsbeschluss: SWIFT-Ausschluss richtig

Der Ausschluss EU-gelisteter russischer Banken vom internationalen Zahlungssystem SWIFT sei vor dem Hintergrund dieser historischen Zäsur folgerichtig. Der Bundestag begrüßt in dem Antrag zudem die von der EU und ihren Partner*innen beschlossenen Sanktionen gegen den russischen Finanz-, Energie- und Verkehrssektor sowie die zusätzlichen Listungen russischer Personen, Ausfuhrkontrollen und Ausfuhrfinanzierung. Diese Maßnahmen würden massive und schwerwiegende Konsequenzen für das Vorgehen Russlands nach sich ziehen. Ebenso wird die Suspendierung von Russlands Mitgliedschaft im Europarat positiv beurteilt.

Der Bundestag fordert die Bundesregierung außerdem auf, der Ukraine alle infrage kommenden politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und humanitären Unterstützungsmaßnahmen zukommen zu lassen sowie zu prüfen, ob weitere militärische Ausrüstungsgüter der Ukraine zur Verfügung gestellt werden können. Zudem solle die Aufnahme Flüchtender und Schutzsuchender aus der Ukraine in Deutschland ermöglicht und die europäischen Nachbarländer bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtenden und Schutzsuchenden unterstützt werden.

Für eine solidarische Zusammenarbeit innerhalb der NATO

Der veränderten sicherheitspolitischen Lage soll durch eine intensive, solidarische Zusammenarbeit innerhalb der NATO, aber auch die Modernisierung der Bundeswehr und eine bessere finanzielle Ausstattung Rechnung getragen werden. Berichten über Kriegsverbrechen Russlands soll nachgegangen werden. 

Zuvor hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich in der Bundestagsdebatte im Anschluss an die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz deutlich gemacht: „Der vom russischen Präsidenten befohlene Überfall auf die Ukraine ist eine entsetztliche Barbarei. Das ist Putins Krieg.“ Der russische Präsident zerstöre damit endgültig die internationale Ordnung, die seit dem Ende des Kalten Kriegs galt. „Heute ist eine Nation auf dem europäischen Kontinent das Opfer, morgen kann es auch ein Land in Zentralasien treffen. Wir müssen Putin die Stirn bieten“, sagte Mützenich und appellierte an den chinesischen Staatschef: „Präsident Xi, ändern Sie den Kurs, stoppen Sie den Krieg Putins! Nur dann kann China eine internationale Ordnung für den Frieden in Zukunft mitprägen.“

Mützenich: „Es gibt ein anderes Russland“

„Putin und seine Handlanger“ sollten wissen: Langfristig werde das Regime die Auswirkungen der Sanktionen spüren. „Unser Land ist bereit, die finanziellen und wirtschaftlichen Konsequenzen zu tragen“, sagte Mützenich und dankte „den mutigen russischen Staatsbürgern, die öffentlich oder im Sinn des zivilen Ungehorsams die Barbarei ihres Präsidenten verurteilen. Sie zeigen damit der Welt, dass es ein anderes Russland gibt. Ein Russland, das Teil der Völkergemeinschaft sein möchte und in Frieden mit seinen Nachbarn leben will.“

Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken fand deutliche Worte: „Der russische Machthaber Wladimir Putin hat mit abscheulicher Arroganz das Völkerrecht gebrochen und die Ukraine überfallen. Er hat das Blutvergießen in Europa wieder in das Hier und Jetzt geholt. Jetzt haben wir Krieg in Europa.“ Es sei die vordringliche Aufgabe, diesen blutigen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Deswegen sei es eine tragische Notwendigkeit, dass die Bundesrepublik nun Waffen zur Selbstverteidigung an die Ukraine liefere. „Ich bin der festen Überzeugung, dass Demokratie und Freiheit immer obsiegen werden“, sagte Esken.

Woidke: Brücken in die russische Zivilgesellschaft bauen

Einen bewegenden Redebeitrag lieferte der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der daran erinnerte, dass im Zweiten Weltkrieg 25 Millionen Menschen aus der Sowjetunion gestorben sind. Umso mehr sei es aus der Historie heraus notwendig, auch in schweren Zeiten weiter zu versuchen, Brücken in die russische Zivilgesellschaft zu bauen. „Denn wenn wir diese Brücken nicht bauen, hat Präsident Putin gewonnen“, sagte Woidke. Dieser „verbrecherische Krieg“, den Putin führe, sei nicht nur eine Tragödie für die Menschen in der Ukraine, sondern auch für die Menschen in Russland. 

„Es ist ein Krieg gegen uns alle“, sagte Woidke und zeigte sich zugleich überzeugt, dass „diese Aggression“ ihre Ziele nicht erreichen werde, nicht in der Ukraine und nicht in Europa. „Die Menschen in Europa, in Brandenburg wollen Frieden und Freundschaft mit dem russischen Volk.“

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Kommentare

Putins Krieg

Selbstverständlich ist Putins Krieg zu verurteilen; ebenso ist die Solidarität mit der Ukraine, vor allem auch mit den Flüchtlingen, wichtig.

Dennoch habe ich Zweifel, ob Waffenlieferungen der richtige Weg sind, um dieses Morden zu beenden. Denn aufgrund der Drohungen Putins am Kriegsbeginn und am 27.02. ist natürlich damit zu rechnen, dass er seine Drohungen allein schon aus dem Grunde wahrnimmt, weil er sich - vermutlich unerwarteterweise - international und wohl auch schon national isoliert vorkommen muss, und daher nichts mehr zu verlieren hat.

Sollte er zu einem atomaren Schlag - angeblich aus Verteidigungsgründen gegen die Nato - ausholen, muss er mit einem Gegenschlag der westlichen Atommächte rechnen, wobei die Folgen für alle Betroffenen, insbesondere in Europa, zu einer totalen Katastrophe führen werden.

ich stimme dem zu,

und ich muss- auch wenn der Trend in die entgegengesetzte Richtung läuft- noch einmal deutlich machen, dass es in den vergangen 20 bis 30 Jahren versäumt wurde, Russland einzubeziehen, oder doch wenigstens Verständnis aufzubringen für die russischen Belange . Das Gegenteil ist passiert. Man hat provoziert (Obama), man hat antirussische Reflexe gestärkt (Polen u.a.), man hat die Ukraine gespalten und sich zunutze gemacht um Russland und nicht zuletzt die Russen auch die in der Ukraine geringgeschätzt. Den Zustand , den wir heute beklagen, beschreibt Goethe vorbildlich :"Die ich rief, die Geister,/Werd ich nun nicht los". Und nun geht es munter weiter. Offensichtlich ist man in den USA -die allein zählen- der Meinung, man könne das Spiel noch weiter anheizen. Man meint wohl Putin in eine Lage bringen zu können, in der sich ein anderer im April 45 befand. Aber: der andere war zu dem Zeitpunkt so gut wie wehrlos, und das ist ein Zustand, den eine Atommacht niemals wird beklagen müssen. Wer den Frieden will, muss ihn mit Putin suchen, nicht gegen Putin. Blicken wir auf die Demonstrationen in Russland- muss uns nicht Bange werden um die Zukunft nach Putin, die ja so oder so kommen wird.