Offener Brief

Regierungsbildung in Italien: Was Barley von EVP-Chef Weber fordert

Jonas Jordan05. Oktober 2022
Die Vizepräsidentin des Europaparlaments Katarina Barley hat sich mit einem Offenen Brief an Manfred Weber gewandt.
Die Vizepräsidentin des Europaparlaments Katarina Barley hat sich mit einem Offenen Brief an Manfred Weber gewandt.
Nach der Parlamentswahl in Italien droht eine rechtsextreme Regierungschefin Giorgia Meloni. Um diese zu verhindern, hat sich Katarina Barley an EVP-Chef Manfred Weber gewandt. Er solle die Brandmauer gegen rechts aufrecht erhalten.

Drei Jahre ist es her, dass der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber EU-Kommissionspräsident werden wollte. Aus diesem Vorhaben wurde nichts. Stattdessen ist Weber seit Mai Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), gewissermaßen der Dachverband aller konservativen Parteien in Europa. In dieser Funktion unterstützte Weber kürzlich die italienische Schwesterpartei Forza Italia mit deren umstrittenen Vorsitzenden Silvio Berlusconi bei der dortigen Parlamentswahl.

Das ist deswegen pikant, weil Forza Italia in einem rechten Parteienbündnis mit der Lega von Matteo Salvini und den Fratelli d'Italia unter Führung von Giorgia Meloni antrat. Dieses Bündnis war bekanntlich erfolgreich, sodass die Rechtsextremistin Meloni in Kürze neue Ministerpräsidentin werden könnte.

Appell an Weber

Um das zu verhindern, hat sich die Vizepräsidentin des Europaparlamentes Katarina Barley (SPD) nun mit einem Offenen Brief gemeinsam mit dem FDP-Abgeordneten Moritz Körner und Daniel Freund von den Grünen an Weber gewandt. Darin fordern die drei Parlamentarier*innen, der EVP-Chef solle Einfluss auf seinen Parteifreund Berlusconi nehmen, damit dieser keine gemeinsame Regierung mit Meloni bilde. „Wer sich mit den Extrem-Rechten verbündet, der zähmt sie nicht. Wer mit den Extrem-Rechten paktiert, verhilft ihnen zum Machtgewinn“, schreiben sie und nennen den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán als mahnendes Beispiel.

Europäische Grundwerte dürften nicht geopfert werden, um Regierungsbeteiligung zu erkaufen. Zudem dürften Stimmen aus einer pro-europäischen Parteienfamilie nicht eine rechtsextreme Regierung an die Macht bringen. „Die demokratische Brandmauer nach rechts darf nicht fallen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Italien zum Präzedenzfall für Europa wird und noch mehr rechtsextreme Parteien in ihrem Machtstreben mit konservativen Kräften paktieren“, fordern die drei Abgeordneten von SPD, FDP und Grünen daher.

Ausschluss von Forza Italia?

Weber solle auch die EVP-Mitglieder in Italien auf diesen pro-demokratischen und pro-europäischen Konsens verpflichten, fordern sie. Es sei noch nicht zu spät, eine rechtsextreme Regierungschefin Giorgia Meloni in Italien zu verhindern. Sollte Forza Italia dennoch einer Regierungsbildung zustimmen und Giorgia Meloni zur Ministerpräsidentin mitwählen, dürfe Berlusconis Partei keine Zukunft in der pro-europäischen Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei haben, fordern die drei Parlamentarier*innene in dem Offenen Brief.

Sie schließen mit einem Appell an Weber: „Europas Konservative sollten ein essenzieller Baustein der Brandmauer gegen rechte Demokratiefeinde sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie bröckelt und vertrauen auf Ihre Unterstützung.“

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Kommentare

die Vizepresidentin des EU Parlaments tritt mit Forderungen auf

in Bezug auf die Bildung nationaler Regierungen? Echt jetzt? Woher stammt die Befugnis, welcher Kommissar ist hier führend- wer hält welche Fäden in der Hand?

die Vizepresidentin des EU Parlaments tritt mit Forderungen auf

Es geht doch um die Auseinandersetzung zwischen der Abgeordneten Katarina Barley von der S&D-Fraktion, also der Sozialdemokraten, einerseits und dem Fraktionsvorsitzenden der EVP, Weber, andererseits, der offen die Rechten mit Berlusconi bei der Wahl unterstützt hat. Dabei war klar, dass Berlusconi mit seiner Forza Italia mit der Neofaschistin Meloni koalieren will.

sie nutzt ihr Amt- das sie eigentlich

überparteilich wahrnehmen muss, für parteipolitisches klein klein. Das mag sie tun, aber dann ist sie als Parlamentspräsidentin disqualifiziert

sie nutzt ihr Amt

Sie hat ihre Forderung an Weber nicht in ihrer Funktion als Vizepräsidentin, z.B. während sie eine Sitzung geleitet hat, sondern als Abgeordnete gestellt. Dies ist doch auch bei uns üblich, wenn sich z.B. Kubicki oder Göring-Eckardt, die beide Bundestagsvizepräsidenten sind, äußern

ich würde ja gerne zustimmen, aber

mit Blick auf das Foto zum Artikel geht dies nicht. Barley hat das sicher so freigegeben, dann ist sie Presidial unterwegs, in dieser Sache

Was Barley von EVP Chef Weber fordert

Bei diesem Demokratieverständnis einer sozialdemokratischen Juristin verschlägt es mir als SPD Mitglied die Sprache. Kommen Sie mal runter vom hohen Ross, Genossin Barley!