Peter Beuth sollte endlich als hessischer Innenminister zurücktreten. Dafür gibt es inzwischen unzählige Gründe. Beginnen wir am 21. Februar 2019: An diesem Tag sollte das Rückspiel in der Zwischenrunde der Europa League zwischen Eintracht Frankfurt und Schachtar Donezk im Frankfurter Waldstadion über die Bühne gehen. Die Fans der Eintracht hatten tagelang eine Choreographie vorbereitet. Doch wenige Stunden vor dem Spiel ließ Beuth Fanräume im Stadion durchsuchen, angeblich wegen Hinweisen auf verbotene Pyrotechnik. Als die Fans daraufhin frustriert die Choreo absagten und ein Spruchband entrollten, auf dem sie Beuth kritisierten, ging die Polizei rabiat dagegen vor. Ein Anhänger wurde über eine Bande gestoßen und erlitt einen Lendenwirbelbruch.
Dilettantisch und teilnahmslos im Kampf gegen Rechts
In ganz Deutschland solidarisierten sich anschließend die Fanszenen mit der Eintracht-Kurve. Der verletzte Anhänger erhielt später 7.000 Euro Schmerzensgeld. Auf eine Entschuldigung von Peter Beuth wartet er bis heute. Nun könnte man argumentieren, Beuth sei letztlich eben ein besonders engagierter Law-and-order-Politiker, wie es so viele in den Reihen der hessischen CDU gibt. Hatte er doch schon früher gefordert, Fans für das Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion zu inhaftieren. Doch so rücksichtlos der Innenminister gegen hessische Fußballfans vorgeht, so dilettantisch und teilnahmslos zeigt er sich im Kampf gegen Rechts.
Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, das Attentat von Wächtersbach, der rechtsterroristische Anschlag in Hanau – Taten rechter Gewalt binnen weniger Monate in Hessen, bei denen ich mich zum einen frage, wie sie passieren konnten. Denn Stephan E., der mutmaßliche Mörder von Walter Lübcke, war den hessischen Behörden als Neonazi bekannt. Auch der Attentäter von Hanau war bereits vor seiner schrecklichen Gewalttat mit kruden Gedankengängen auffällig geworden. Zum anderen frage ich mich, wann denn die hessische CDU endlich einmal anfangen möchte, eine Strategie im Kampf gegen Rechts zu entwickeln.
Denn das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen brachte die Drohmail-Affäre rund um die hessische Polizei. Die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz hatte ebenso wie die Linken-Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag Janine Wissler E-Mails erhalten, in denen sie mit dem Tod bedroht wurde. Diese waren mit der Unterschrift „NSU 2.0" versehen und enthalten private Daten, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Diese Daten wurden mutmaßlich durch ein rechtsextremes Netzwerk innerhalb der hessischen Polizei abgerufen.
Münch ist Beuths Bauernopfer
Diesmal reagiert Beuth, doch viel zu spät und mit einem Bauernopfer. Hessens Polizeipräsident Udo Münch wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Eine Maßnahme, um von der Unfähigkeit seines Dienstherrn, Innenminister Peter Beuth, abzulenken. Doch wenn dieser noch einen Funken Anstand besitzt, sollte er seinen Hut nehmen.
Täte er das, wäre es ein wichtiges, aber auch überraschendes Signal. Denn Beuths bisherige Art, Skandale auszusitzen und sich zugleich im Kampf gegen Rechts untätig zu zeigen, hat System innerhalb der hessischen CDU. Ein gewisser Volker Bouffier war von 1999 bis 2010 Beuths Amtsvorvorgänger. Bouffier versucht sich inzwischen als weiser Landesvater zu gerieren. Doch wer ihn Anfang des Jahrtausends als hessischen Innenminister erlebt hat, kann ihm das nicht abnehmen. Ins Amt kam er nach dem erfolgreichen ausländerfeindlichen Wahlkampf seines Duz- und Parteifreundes Roland Koch. In Bouffiers Amtszeit als Innenminister fiel das Erstarken rechter Netzwerke in Nord- und Mittelhessen ebenso wie der Mord des NSU-Terror-Trios an Halit Yozgat in Kassel. Bouffier behinderte dessen Aufklärung, indem er die Vernehmung eines anwesenden V-Mannes verhinderte.
Man könnte die Brücke noch weiter schlagen hin zu den antisemitischen Äußerungen des früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, der inzwischen in der AfD gelandet ist, zu den rechtskonservativen Reden Alfred Dreggers oder hin zu Alexander Gauland als Chef der hessischen Staatskanzlei. Doch das würde zu weit führen. Fürs Erste würde es reichen, wenn Peter Beuth als hessischer Innenminister zurückträte. Allein mir fehlt der Glaube.