Energiekrise

Reaktionen auf Entlastungspaket: Viel Lob, ein paar Fragezeichen

Jonas Jordan05. September 2022
Hurra, das Paket ist da! 65 Milliarden Euro schwer ist das Entlastungspaket der Bundesregierung.
65 Milliarden Euro schwer ist das Entlastungspaket der Bundesregierung.
Für das geplante dritte Entlastungspaket der Bundesregierung gibt es viel Lob. Nicht nur aus der SPD, auch von Gewerkschaften und Sozialverbänden. Es gehe auch um mehr Sicherheit für die Bürger*innen, sagt SPD-Chefin Saskia Esken.

Lange war darum gerungen worden, am Sonntag einigte sich die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP letztlich auf ein 65 Milliarden Euro schweres drittes Entlastungspaket. Die Reaktionen darauf fallen sehr positiv aus, vor allem natürlich aus der SPD selbst. Die Parteivorsitzende Saskia Esken spricht am Montagmittag auf einer Pressekonferenz in Berlin von schweren existenziellen Sorgen der Menschen in Deutschland, die sich nicht mit einer einfachen Lösung beiseite wischen ließen. „Wir haben deshalb ein ganzes Bündel an klug aufeinander abgestimmten Maßnahmen entwickelt, um Menschen, Institutionen und Betrieben Sicherheit zu geben und Entlastung zu bieten in der aktuellen Situation“, erklärt sie. Dieses Paket sei komplex und teuer, aber notwendig.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz bezeichnet den Beschluss als „großen Wurf“. Auf Twitter schreibt sie: „Wir gehen an die Übergewinne, bremsen Strompreise und entlasten zielgerichtet kleinere und mittlere Einkommen.“ Für Andreas Stoch, den Landes- und Fraktionsvorsitzenden der SPD in Baden-Württemberg zeige das Entlastungspaket, wie Solidarität und Zusammenhalt funktionierten. Es sei „das richtige Signal, dass diejenigen unterstützt werden, die es aus eigener Kraft nicht schaffen“.

Rehlinger: „Kraftvolles Bollwerk gegen Kriegsauswirkungen“

Aus Sicht von Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlandes und stellvertretende SPD-Vorsitzende, habe die Bundesregierung unter Führung von Olaf Scholz „die Sorgen der BürgerI*innen verstanden und ein kraftvolles Bollwerk gegen die Kriegsauswirkungen hierzulande beschlossen. Deutschlands Zusammenhalt ist stärker als die Erpressung und die Aggression von Putin“, kommentiert sie. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Zimmermann lobt vor allem den Teamgedanken hinter der Einigung. „Olaf Scholz, Omid Nouripour und Christian Lindner sitzen da als Team, das um die besten Lösungen für das Land gerungen hat. Auch das ist eine wichtige Botschaft: Die Ampel funktioniert und steht zusammen.“

Zudem, schreibt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende der NRW-Landesgruppe im Bundestag Achim Post, zeige die Ampel-Koalition mit dem Entlastungspaket ihre Verlässlichkeit. „Bundeskanzler Scholz ist es gelungen, die Regierungspartner hinter einem Anti-Krisen-Programm zu versammeln, das einer Logik folgt: Zu tun, was nötig ist, um Solidarität und Zusammenhalt in der Krise zu sichern“, kommentiert Post. Ein Durchbruch für mehr Gerechtigkeit in der Krise seien insbesondere auch die Vereinbarungen zum Abschöpfen krisenbedingter Zufallsgewinne.

DGB-Chefin Fahimi: „Beeindruckendes Paket“

Auch von Gewerkschaftsseite ist die Unterstützung für die Einigung groß. So bezeichnet die DGB-Bundesvorsitzende Yasmin Fahimi diese als „beeindruckendes Paket in einer Zeit beispielloser historischer Herausforderungen“. Damit sei zugleich ein wichtiges Signal verbunden, dass in der akuten Krise der Staat soziale und wirtschaftliche Verantwortung übernehme. Die zentrale Aufgabe sei es aus ihrer Sicht nun, die guten Absichten schnell in konkrete und überzeugende Gesetzgebung zu überführen.

Von Jörg Hofmann, dem Vorsitzenden der IG Metall, kommt Lob, aber auch ein wenig Kritik. „Das vorgestellte Entlastungspaket enthält wichtige Weichenstellungen für Bürgerinnen und Bürger wie auch Unternehmen. Dennoch lässt es viele Fragen offen“, kommentiert er. Beispielsweise müsse die Strompreisbremse um einen Gaspreisdeckel ergänzt werden. Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis lobt: „Die Bundesregierung hat ein sehr umfangreiches, systematisches und ausgewogenes Entlastungspaket vorgelegt, das die Hauptforderungen der Gewerkschaften enthält.“ Damit könnten die Risiken einer drohenden Rezession abgemildert werden.

Bentele: VdK-Forderungen erfüllt

„Das Warten auf das dritte Entlastungspaket hat sich in jedem Fall gelohnt“, lobt auch der Chef der Deutschen Energieagentur (dena), Andreas Kuhlmann im Interview mit dem „vorwärts“. Die Bundesregierung bringe damit „umfangreiche Maßnahmen auf den Weg, die ganz unterschiedliche Zielgruppen wirksam entlasten“. Der Staat müsse denen helfen, die diese Hilfe am dringendsten brauchen. „Das machen dieses Entlastungspaket nun auch im Kern aus meiner Sicht“, so Kuhlmann.

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Verena Bentele bezeichnet das Entlastungspaket als „beeindruckend“. Die vorgelegten Pläne der Ampel-Koalition wirken sich in einem Punkt auch unmittelbar aus: „Wir sind begeistert, dass so viele wichtige Forderungen des VdK enthalten sind. Rentnerinnen und Rentner bekommen endlich die Energiepreispauschale von 300 Euro. Die von uns angekündigte Klage werden wir nun nicht weiterverfolgen.“

Laut Michaela Engelmeier, seit kurzem Vorstandsvorsitzende des SoVD, enthalte das Paket viele richtige Maßnahmen. An einigen Stellen sei man jedoch zu kurz gesprungen. „Der Energiekostenzuschuss für Rentnerinnen und Rentner war überfällig. Die einmalige Entlastung reicht aber nicht aus. Das muss verstetigt werden“, kommentiert sie auf Twitter. Was völlig fehle, sei ein fairer Beitrag von Spitzenverdiener*innen zur Finanzierung. Die Ankündigungen zur Übergewinnsteuer seien ihr zu vage.

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Kommentare

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Entlastungspaket

Wenn auch viel Kritik geübt wird, halte ich das Entlastungspaket für einen Erfolg, wenn tatsächlich auch mal die Gewinner der Krise zur Kasse gebeten werden; nur ist zu befürchten, dass diese dann wiederum diese Steuern an die Abnehmer weitergeben werden. Bezüglich der Rüstungsindustrie wäre dies egal, problematisch wird es im Energiesektor.

Der baden-württembergische Ministerpräsident übt Kritik an dem Anteil der Länder für den ÖPNV. Jedoch solange Kretschmann über 20 Mio. Euro für einen Unsinn wie "The Länd" ausgeben kann, sollte er für den ÖPNV, der seiner Bevölkerung dient, erst recht Geld zur Verfügung stellen können.

Lob ist nicht immer gleich Lob, denn

es gibt auch den so genannten Selbstlob, der hilft mir zuweilen auch so, wie er jetzt der Ampel zugute kommt. Wenn alle schimpfen und kritik aus allen Richtungen auf mich einprasselt, dann sage ich mir mit aller Gewissheit- Max, du bist doch der beste, da können die anderen sagen was sie wollen.

Ich halte die Maßnahmen für unzureichend, und es wird sich in den nächsten Tagen/Wochen zeigen ob es mit der Verteilung von Geld getan sein kann, denn Geld baut ja keine Wohnungen, schaffte keine Wärme oder Kilowatt. Alles was knapp ist, also Gas, Strom, Wohnungen wird nur billiger, wenn das Angebot steigt- oder die Nachfrage sinkt. Mehr Geld - so wie es die EZB gemacht hat- führt bei gleichbleibendem Angebot, zB von Wohnungen, nur dazu, dass die preise steigen. Für mehr Geld gibt es dann weniger Wohnung.

„Viel Lob, ein paar Fragezeichen.“

Na, dann ist ja alles in Ordnung.

Die bisherigen drei Entlastungspakete werden die Folgen des Putin-Krieges und unserer Sanktionen nicht ansatzweise ausgleichen können. Wir brauchen dringend das vierte Entlastungspaket: den Krieg sofort beenden.