Wirtschaft

Eine Prognosenpause bitte! – Keine Gewissheiten vortäuschen!

Dietrich Jörn Weder17. April 2009

Keines unserer darauf spezialisierten Institute hat Zeitpunkt und Ausmaß dieses jähen Abschwungs vorausgesehen. Doch unbeirrt vom Versagen ihrer Kunst in dieser Krise haben Konjunkturforscher
bis in die jüngste Vergangenheit hinein die Öffentlichkeit mit Voraussagen erschreckt, mit denen sie gleichwohl kaum der Entwicklung hinterherkamen.

Jetzt endlich will einer von ihnen, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), mit dieser konjunkturellen Handleserei pausieren. Recht so!

Wenn etwas passiert, was bisher so nicht passiert ist, dann sind die Konjunkturforscher offenbar ebenso überrascht wie Herr Jedermann. DIW-Präsident Klaus Zimmermann spricht von einem
"Systembruch" und rechtfertigt damit das kollektive Versagen seiner Berufskollegen, das Ausbleiben von Vorwarnungen.

Unvorhergesehenes Konjunkturwetter

Doch die Treffsicherheit der Konjunkturprognosen war schon vor dem Einsetzen der in ihrer Art sicher beispiellosen Weltfinanzkrise grottenschlecht. Der Wendepunkt nach unten, das Umschlagen
der Entwicklung in einen Abschwung, wurde von der Mehrheit der Institute regelmäßig verkannt. Mit der Methode des Münzenwerfens wäre man kaum schlechter gefahren. Wären die Wettervorhersagen
ähnlich unsicher, niemand würde ihnen mehr Glauben schenken. Sie würden binnen Tagen aus allen Nachrichtensendungen verschwinden.

Der IG-Metallvorsitzende Berthold Huber hat die Konjunkturvorausschätzungen schon vor Monaten als Wissenschaft "ohne Substanz" verspottet. Im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern musste erst
ein Kind kommen, um den nur angeblich bekleideten Kaiser nackt zu nennen.

Untauglicher Börsenrat

Könnten die Wirtschaftsforscher ihren eigenen Voraussagen trauen, könnten sie an der Börse alle schnell reich werden. John Maynard Keynes, einer der hellsten Köpfe unter den Ökonomen des 20.
Jahrhunderts, hat an der Börse zwar am Ende ein Vermögen gemacht, aber nur, weil er weniger oft falsch als richtig lag.

Der New Yorker Wirtschaftsprofessor Nouriel Roubini war einer der ganz wenigen, der die gegenwärtige Wirtschaftskrise kommen sah und die von ihm beratenen Geldanleger vor großen Verlusten
bewahrte. Hätte man sich wie Roubini die ausufernden Übertreibungen in der Finanzwelt genauer angeschaut, hätte vielleicht auch manch einer hierzulande das Platzen der riesigen Spekulationsblase
vorausahnen können.

Nur mit Intuition und einer hellsichtigen Analyse darf man hoffen, den über der Zukunft liegenden Schleier im besten Falle ein wenig zu lüften. Das schematische Fortschreiben vergangener
Entwicklungen, die gängige Methode, bietet dagegen keine verlässliche Orientierung. Die oft bis zu ersten Stelle hinter dem Komma bezifferten gesamtwirtschaftlichen Prognosen, sind das Geld und
den Glauben nicht wert, die wir bisher in sie investiert haben.

Die Zukunft ist leider häufig und manchmal auch glücklicher Weise ein Bruch mit der Vergangenheit, ein "Systembruch". Diese Lehre wenigstens sollten wir als Gewinn aus dieser Krise mitnehmen.

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