Frankreich

Der Präsident verteidigt die exemplarische Republik

Lutz Hermann11. April 2013

Kräftemessen in Paris um Anstand, Ehrlichkeit und Transparenz. Der sozialistische Staatspräsident Francois Hollande hat vor 10 Monaten, als er gegen den konservativen Nicolas Sarkozy die Präsidentschaftswahl gewann, eine exemplarische Republik“ ausgerufen. Soll heissen: Hartes Durchgreifen bei Finanzaffären, transparente Vermögensverhältnisse. Skandale wie unter seinem Vorgänger soll es nicht mehr geben. Jetzt folgt ein Massnahmekatalog, um die französische Politik einer moralischen Selbstprüfung zu unterziehen und Steueroasen auszutrocknen.

Hollande zieht Konsequenzen aus der Affäre um den inzwischen geschaßten Haushaltsminister Jérome Cahuzac. Mehrmals vom Staatschef und auch in der Nationalversammlung gedrängt, ob er ein Schwarzgeldkonto in der Schweiz habe, leugnete der 60-jährige Politiker, einst ein angesehener Schönheitschirurg, illegales Bunkergeld zu besitzen. Dann, nach drei Wochen, als ihm ein Ermittlungsverfahren drohte, räumte Cahuzac das Konto ein. Hollande zeigte sich bitter enttäuscht; er sei "schockiert und tief getroffen“.

Spendengelder von L´Oréal

Der Sozialist Hollande sieht den Zeitpunkt gekommen, gegen die laxen Sitten in der französischen Politik durchzugreifen. Verklausuliert wirft er seinem Amtsvorgänger vor, während seiner Regierungszeit Druck auf die Justiz ausgeübt zu haben. Sarkozy war mit illegalen Spendengeldern der Multimillionärin und L´Oréal-Erbin Liliane Bettencourt in Verbindung gebracht worden. Sie hatte weiter Millionengelder am französischen Fiskus vorbei in der Schweiz gebunkert. Sarkozy selbst soll Millionen Euro für hunderte von zweifelhaften Meinungsumfragen aus dem Budget des Elyséepalastes bezahlt haben – ein juristische Nachspiel wird derzeit vorbereitet.

Jetzt greift Hollande durch. Minister und Abgeordneten, gleich welcher politischen Herkunft, müssen Einkommen und Vermögen einer Spezialbehörde melden. Enge Mitarbeiter im Präsidialamt werden einbezogen. Zudem soll eine Zentralstelle Steuerbetrüger auflisten, Ermittlungen einleiten und mit europäischen Nachbarstaaten eng zusammenarbeiten. Das war vor kurzem auch ein Thema bei der Begegnung von Hollande mit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in Paris gewesen. Nachgewiesene Steueroasen werden ausgetrocknet. Weigert sich ein solches Paradies, werden seine Geschäfte geschlossen. Fünf EU-Mitgliedsländer, darunter die Bundesrepublik, haben in einem Brief an die Europakommission ihre Bereitschaft erklärt, automatisch Steuer-Infos auszutauschen.

Großbanken müssen Listen vorlegen

Ferner will die Linksregierung Großbanken unter schärfere Kontrolle stellen. Jedes Jahr sollen sie eine Liste über ihre Auslandsvertretungen und Tochtergesellschaften und deren Geschäfte vorlegen. Noch will die Regierung die Tatsache nicht an die große Glocke hängen, dass französische Banken hinter den Kulissen betuchte Franzosen geholfen haben, im Ausland Spekulationsgelder anzulegen.

Francois Hollande geht es vor allem um den Ruf seiner Volksvertreter, zugleich aber auch um die Stellung der Grande Nation als internationaler und angesehener Finanzplatz. Korruptionsaffären vom Format Jérome Cahuzac werfen ein dunkles Licht auf die politische Kultur eines Landes, in dem es bisher kein Staatspräsident gewagt hat, Finanzjongleuren, Steuerbetrügern und Spekulanten das Handwerk zu legen.

Die Causa Cahuzac zeigt wie in einem Brennglas die Verlogenheit einiger Spitzenpolitiker, die auch bei der Übernahme von Mandaten nicht daran dachten, über ihre persönliche Finanzverhältnisse aufzuklären. Nun kommt heraus, dass Cahuzac im Jahre 2009, kurz vor der Übernahme des Vorsitzes des Finanzausschusses der Nationalversammlung, auch noch 15 Millionen Euro in der Schweiz anlegen wollte. Woher die hohe Summe kommt, ist unbekannt. Die konservative Opposition will das Gesetz blockieren. Aber die Linksregierung ist bereit, bei der Debatte in der Nationalversammlung notfalls schmutzige Wäsche zu waschen: es wäre die Wäsche von Nicolas Sarkozy.