Interview mit Johannes Fechner

Politische Stiftungen: „Kein Geld für Verfassungsfeinde“

Jonas Jordan02. März 2023
Johannes Fechner ist SPD-Bundestagsabgeordneter.
Johannes Fechner ist SPD-Bundestagsabgeordneter.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist klar: Ein Stiftungsgesetz muss her, um die Arbeit der politischen Stiftungen in Deutschland künftig zu regeln. Wie das aussehen könnte, erklärt der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner.

Seit Jahrzehnten gibt es politische Stiftungen in Deutschland, bislang jedoch ohne Stiftungsgesetz. Warum?

Weil wir bisher eine faire Mittelverteilung hatten, die das Bundesverfassungsgericht weder in einem Grundsatzurteil 1986 noch danach beanstandet hat. Jetzt hat der Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen, dass wir nur Stiftungen Zuwendungen aus Steuermitteln zukommen lassen können, bei denen es keine Zweifel an ihrer Verfassungstreue gibt. Diese Zweifel haben wir bei der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Deshalb haben wir sie im Haushalt 2022 ausgenommen. In den Vorjahren haben wir sie nicht berücksichtigt, weil politische Stiftungen entsprechend unserer vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Praxis immer erst Steuergelder bekamen, wenn die ihr nahestehende Partei eine zweite Wahlperiode im Bundestag war.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun nicht gesagt, dass diese Nichtberücksichtigung der DES verfassungswidrig ist, sondern es hat gesagt, dass es für einen solchen Eingriff in die Chancengleichheit eines Gesetzes bedarf. Das Haushaltsgesetz reicht dem Bundesverfassungsgericht dafür nicht aus.

Sie haben nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes angekündigt, der Bundestag werde nun schnell ein Stiftungsgesetz verabschieden. Gibt es schon konkrete Pläne dafür?

Wir steigen jetzt schnell ein in die Beratungen und besprechen uns innerhalb der Ampel. Ziel ist es, das Stiftungsgesetz spätestens im November dieses Jahres vor Abschluss der Haushaltsberatungen zu verabschieden, damit auf Basis des Stiftungsgesetzes Zuwendungen, die im nächsten Haushalt eingestellt sind, erfolgen können.

Aktuell erhalten die politischen Stiftungen Zuwendungen aus drei verschiedenen Fördertöpfen: für die Studienförderung, für ihre Auslandsarbeit und sogenannte Globalzuschüsse für ihre Bildungsarbeit in Deutschland, um die es vor allem im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ging. Soll das Stiftungsgesetz alle Bereiche betreffen?

Es geht auf jeden Fall um die Globalzuschüsse. Ob wir noch weitere Regelungen mitaufnehmen, werden wir sehen. Es ist aber naheliegend. Denn der Grundsatz, dass Verfassungsfeinde kein Geld aus Steuermitteln bekommen dürfen, gilt auch dort. Deswegen ist es gut möglich, dass wir umfangreichere Regelungen treffen werden.

Werden die Regelungen des Stiftungsgesetzes Einfluss auf die Höhe der Gelder und ihre Verteilung haben?

Na klar, natürlich. Dort wird geregelt werden, nach welchen Kriterien Stiftungen in welcher Höhe  Fördergelder bekommen.

Bislang gab es verschiedene Faustregeln, beispielsweisedass eine Partei zweimal in Folge in den Bundestag einziehen muss, um Gelder zu erhalten, und sich deren Höhe nach den letzten vier Bundestagswahlergebnissen richtet. Werden diese jetzt im Gesetz festgeschrieben?

In die Richtung wird es gehen, ja.

Welche rechtlichen Voraussetzungen sind notwendig, damit die AfD-nahe DES nicht profitiert?

Der Grundsatz ist: Kein Geld für Verfassungsfeinde. Nach diesem Grundsatz werden wir jetzt Kriterien im Gesetz festschreiben, dass Verfassungsfeinde kein Geld bekommen. Wir werden genau beraten, wie wir die Hürden setzen können. Der Haushaltsausschuss hat beschlossen, dass schon bei Zweifeln an der Verfassungstreue die Steuergelder gestoppt werden. In diesem Sinne werden wir beraten.

Was sind mögliche Kriterien? Ob Teile der Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden?

Die Ergebnisse des Verfassungsschutzes können ein Kriterium für die Verfassungstreue sein. Hier ist zu fragen: Gibt es belegbare Hinweise, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung abgelehnt wird? Gibt es dort Personen, die einschlägig vorbestraft sind? Das sind Kriterien, an die man denken kann.  

Besteht die Gefahr, dass der DES noch Gelder für die vergangenen Jahre nachgezahlt werden müssen? 

So lese ich das Urteil nicht. Wir werden es noch in Ruhe beraten, aber meines Erachtens ergibt sich aus dem Urteil kein Nachzahlungsanspruch.

Zur Person

Johannes Fechner ist seit 2013 SPD-Bundestagsabgeordneter. Dreimal zog er bislang über die Landesliste der SPD Baden-Württemberg ins Parlament ein. Bei der Wahl im Jahr 2021 lag er im Wahlkreis Emmendingen – Lahr nur 90 Stimmmen beziehungsweise 0,05 Prozent hinter seinem CDU-Kontrahenten. Seit Dezember 2021 ist er Parlamentarischer Geschäftsführer und Justiziar der SPD-Bundestagsfraktion.

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Kommentare

Verfassungswidrig versus verfassungsfeindlich

Verfassungswidrigkeit kann ausschliesslich durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt werden.

Im GG ist 'Verfassungsfeindlichkeit' nicht geregelt.

Wer 'Verfassungstreue' prüfen will, will eine Gesinnungsprüfung einführen.

Man stelle sich das Geschrei vor, würden CDU/CSU+AfD+FDP mit einer 51% Mehrheit so etwas einführen wollen.

Kriterien

Das ist meines Erachtens eine falsche Implikation Ihrerseits, denn auf mögliche Kriterien geht Johannes Fechner ja in der vorletzten Frage bereits ein.

ja, das ist so ein Grenzgang

in Hanover hat gerade ein demokratisch gewählter BGM dem Druck demokratisch nicht legitimierter Organsiationen stattgegeben, dabei ist er doch denen nicht, vielmehr nur dem demokratisch begründeten Gesetzen und der demokratisch legitimierten Stadtverordnetenversammlung verpflichtet. Ist das jetzt verfassungswidrig, oder ist es verfassungsfeindlich? Ich weiß es nicht, bin mir auch nicht sicher, ob ich das hier überhaupt sagen darf.
Letztendlich kann angenommen wird, dass der parlamentarische Gesetzgeber mit den vorhandenen Mehrheiten ein Gesetz verabschieden wird, dass eine finanzielle Begünstigung der in Rede stehenden Stiftung ausschließt, schließlich ist der zu verteilende Kuchen ja nicht begrenzt, und wer teilen muss, hat immer weniger als der , der nicht teilen muss.
Das alles wird dann wiederum das BVG ins Spiel bringen, der AfD also eine Öffentlichkeit schafft, bei dem zu erwartenden Urteil, dass den politischen Ertrag weit über das stellen wird, was an finanzieller Zuwendung hier überhaupt diskutiert werden kann.
Ich würde mir wünschen, man würde die AfD inhaltlich stellen. Tricksereien bew. nichts, jedenfalls war dies bisher so, die AfD steht stärker da als je zuvor

ja, das ist so ein Grenzgang

in Hanover hat gerade ein demokratisch gewählter BGM dem Druck demokratisch nicht legitimierter Organsiationen stattgegeben, dabei ist er doch denen nicht, vielmehr nur dem demokratisch begründeten Gesetzen und der demokratisch legitimierten Stadtverordnetenversammlung verpflichtet. Ist das jetzt verfassungswidrig, oder ist es verfassungsfeindlich? Ich weiß es nicht, bin mir auch nicht sicher, ob ich das hier überhaupt sagen darf.
Letztendlich kann angenommen wird, dass der parlamentarische Gesetzgeber mit den vorhandenen Mehrheiten ein Gesetz verabschieden wird, dass eine finanzielle Begünstigung der in Rede stehenden Stiftung ausschließt, schließlich ist der zu verteilende Kuchen ja nicht begrenzt, und wer teilen muss, hat immer weniger als der , der nicht teilen muss.
Das alles wird dann wiederum das BVG ins Spiel bringen, der AfD also eine Öffentlichkeit schafft, bei dem zu erwartenden Urteil, dass den politischen Ertrag weit über das stellen wird, was an finanzieller Zuwendung hier überhaupt diskutiert werden kann.
Ich würde mir wünschen, man würde die AfD inhaltlich stellen. Tricksereien bew. nichts, jedenfalls war dies bisher so, die AfD steht stärker da als je zuvor