Export von Überwachungs-Software

Pegasus ist kein Einzelfall

Christian Rath20. Juli 2021
Mit einer Spähsoftware wie Pegasus kann auch die Kontrolle von Smartphones übernommen werden
Die Enthüllungen des „Pegasus-Projekts“ haben ein hohes Maß an Menschenrechtsverstößen zum Vorschein gebracht. Die EU muss jetzt nachschärfen: Exportinteressen dürfen nicht über die Menschenrechte gestellt werden.

Die Spähsoftware Pegasus ist für Polizei und Geheimdienst äußerst attraktiv. Mit ihr kann auch verschlüsselte Kommunikation überwacht werden. Und mit ihr kann der Staat die Kontrolle von Smartphones übernehmen, meist ohne das Betroffe auch nur einen falschen Link anklicken müssen.

Software gegen Oppositionelle, Journalist*nnen und Aktivist*innen

Auch autoritäre Regime wie Saudi-Arabien und Aserbeidschan nutzen Pegasus, die Spähsoftware der israelischen Firma NSO. Und wie nun ein internationales Medien-Konsortium herausfand, wird die Software nicht nur zur Aufklärung und Verhinderung von Terrorismus und Kindesmissbrauch eingesetzt, sondern auch gegen Oppositionelle, unter anderem gegen kritische Journalist*nnen und Aktivist*innen.

Es ist zunächst einmal die Verantwortung der israelischen Firma und der israelischen Regierung, mit wem NSO Geschäfte macht und machen darf und wie dies kontrolliert wird. Zwar macht auch die Polizei in Saudi-Arabien normale Verbrechensbekämpfung. Aber die Annahme, dass eine Spähsoftware gegen nur „Terroristen“ und „Kriminelle“ eingesetzt wird, kann niemand beruhigen. Schließlich sind Diktaturen schnell bei der Hand, ihre Gegner zu Terroristen und Kriminellen zu erklären.

Exportinteressen vor Menschenrechte gestellt?

Erforderlich wäre ein internationales Exportverbot von Sicherheitstechnik an Unrechts-Regime. Allerdings könnte niemand Israel zwingen, einen derartigen Vertrag zu unterzeichnen. Wir Europäer sollten uns daher erst einmal selbst in die Pflicht nehmen. NSO ist schließlich nicht das einzige Unternehmen, das Sicherheitstechnik herstellt und an autoritäre Regime verkauft.

Immerhin hat die EU auf langjährigen Druck von Nichtregierungs-Organisationen im März die Dual-Use-Verordnung verschärft. Bei der Exportgenehmigung von Überwachungstechnik muss nun auch die Menschenrechtslage im Empfängerstaat berücksichtigt werden. Organisationen wie Reporter ohne Grenzen halten das alles jedoch für zu vage. Die EU habe die Exportinteressen über die Menschenrechte gestellt.

Deutschland muss handeln

Die Informationen über die Anwendung von Pegasus gegen Oppositionelle könnten nun helfen, hier nachzuschärfen. Denn jetzt kann wirklich niemand mehr behaupten, man habe nicht gewusst, was mit dieser Technik in den Empfängerländern (auch) gemacht wird. Deutschland sollte von den hiesigen Sicherheitsfirmen nun sofort verlangen, dass sie Geschäfte mit allen rechtsstaatlichen und demokratischen Problemstaaten unterlassen - auch wenn diese EU-Mitglieder sind wie Ungarn.

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Kommentare

Doch mal aus Versehen aufgewacht ?

Die unkontrollierte Verbreitung von Spionagesoftware sowie die ebenfalls unkontrollierte, wahnhaft-zwanghafte Datensammelwut sind nicht gerade neu. Neu ist auch nicht die Überlassung solcher Mittel an "Unrechtsregime" oder andere zweifelhafte Staaten und Organisationen.

Wie irgendwelche Regeln und Gesetze dort wirken sollen, wo niemand kontrolliert, darf hoffentlich gefragt werden. Hierzulande gibt es schließlich mehr als zuviel Beispiele dafür, was ohne jede wirksame Kontrolle so alles passiert.

Unterschiede

Wer legt denn fest wer die "Guten" und wer die "Zweifelhaften" oder gar "Bösen" sind ? Ich gehe mal davon aus WIR verwenden solch eine Software nicht.
Viel Vertrauen in UNSERE Sicherheitsorgane habe ich da allerdings auch nicht.

"die Guten" (tm) nennen es nur anders

In Neusprech nennt sich das TKÜ, kommt aber aufs Gleiche raus. Offiziell benutzt man hierzulande den "Bundestrojaner", der zwar keinerlei Beweiskraft sicherstellen kann, unter Anderem weil die vorgeblich abgefischten Daten auf einem Server eines Billiganbieters in den USA gespeichert werden... Naja, wens interessiert, der CCC hat diese Malware schon bei Neuerscheinung zerpflückt und ein Bild von Freddy Mercury als "Beweis" auf den "Beweismittelserver" aufgespielt.

Wenns grad nicht so funktioniert fragt man halt die "Wertepartner", ob die sich hierzulande die Finger dreckig machen, läßt sich alles frei Haus liefern und revanchiert sich entsprechend.

ja, im

Stachanow-System wäre das, oder anderes gesellschaftlich geächtetes, nicht passieren. Da kam auf jeden Bürger wenigstens ein Aufpasser. Wo ist das Problem. Die Sache ist aufgeflogen, und jetzt gibt es Strafen, soweit Strafbarkeit nachzuweisen ist. Letztes wird, wenn ich Sie richtig verstanden habe, so schwer nicht sein, also fahren welche ein, Platz in den Haftanstalten vorausgesetzt

whatboutism und verzerrte Wahrnehmung ?

NSO als Firma ist seit Jahren wegen ihrer Geschäftsverbindungen bekannt, mehrere Klagen in den USA sind lediglich mit Formalien abgewehrt worden, unter Anderem betreffs des Unternehmensstandorts.
Automatisierte Schnüffelei und Datensammelei ist "manueller" Beschattung außerdem weit überlegen, was die Menge der gestohlenen Informationen angeht. Es wird schließlich nicht "nur" ein Mensch in der maximalen Abtastgeschindigkeit des Mitschreibenden ausspioniert sondern verzögerungsffrei und nur durch die Datenübertragungsrate begrenzt der Mensch, alle seine Maschinen sowie alles, was sich durch die infiltrierten Geräte an Umwelt noch überwachen läßt.

Von einer Bestrafung kann keine Rede sein, was nicht mal die US-Justiz mit ihren abstrusen Konstruktionen festnageln kann kann auch kein noch nicht einmal existentes Gesetz zu Fassen bekommen.

Wer im Einklang mit Reichen und Mächtigen schnüffelt kommt fast immer straffrei davon, so auch sämtliche Mobilfunkkonzerne die nach mittlerweile 5 (könnte noch eins dazukommen) teils höchstrichterlichen Verboten in den USA auch weiterhin die Ortsdaten ihrer Kunden an zahlungskräftige Interessenten verramschen.

gut, wenn strafrechtlich

nichts zu machen ist, dann ist die Sache ok, oder man sorgt mit parlamentarischer Mehrheit für einen Änderung des Strafrechts. Alles andere geht ins private, und da komme man mir nicht mit Moral , Christlichen Grundwerten , religiösen Wahrheiten oder ähnlichem Firlefanz