
Olaf Scholz und Klara Geywitz auf der einen Seite und Norbert Walter-Borjans mit Saskia Esken auf der anderen Seite lieferten sich am Dienstagabend ein teilweise hitziges Wortgefecht quer durch die sozialdemokratischen Themen. Was sich schon beim Thema Grundrente anbahnte, setzte sich auch bei der Interpretation des Klimapakets fort.
Einig waren sich beide Duos, dass der Klimaschutz nicht auf den Rücken der Schwächsten in der Gesellschaft vorangetrieben werden sollte. Gleiches galt für den Grundtenor, dass Klimaschutz heute wichtiger ist denn je und ein Umdenken stattfinden muss, die Wirtschaft sich verändern muss. Erst recht, seitdem Fridays for Future und andere Akteure den Regierungsparteien in den vergangenen Monaten ordentlich Druck gemacht haben. Doch der vorliegende Beschluss zum Klimapaket wurde von den Teams, die an die Spitze der SPD wollen, unterschiedlich bewertet.
„Wie stellen wir uns eine sozialökologische Modernisierung vor?“, hatte Moderatorin Nana Rink das Thema eingeleitet, mit Verweis auf die Klimaproteste: „Wir sind Greta, das sagen immer mehr junge Menschen. Sie wollen dass wir in ihre Zukunft investieren.“
„Die Zukunft hat jetzt eine Lobby"
Notwendige Investitionen in die Zukunft sieht Norbert Walter-Borjans, der als erster antworten durfte, im Bereich der nachhaltigen Wirtschaft: „Wir merken jetzt, dass die Zukunft, in die wir die ganzen Lasten verschoben haben, mittlerweile vor der Tür steht und die hat jetzt eine Lobby.“ Der Wunsch der Demonstranten nach einem dramatischen Umsteuern sorge auch für eine Aufgabe der Sozialdemokratie. „Wir müssen eine Transformation hinbekommen“, erklärte „Nowabo“. „Die Kohle-Kumpel oder die Pendler dürfen nicht die sein, die die Last tragen.“ Er forderte mehr öffentliche Investitionen in Kohlerevieren und anderen Regionen, die von dem Wandel betroffen sind. „Wir müssen es schaffen, dass da neue Strukturen entstehen“, sagte er mit Blick auf neue Arbeitsplätze. „Das wird man aber am Ende nicht schaffen, wenn man mit der schwarzen Null hausieren geht“, erneuerte der ehemalige Finanzminister von Nordrhein-Westfalen die Kritik an der Haushaltspolitik von Bundesfinanzminister Olaf Scholz.
Im direkten Anschluss an ihren Teampartner plädierte auch Saskia Esken für eine Klimaprämie, ausgezahlt pro Kopf an jeden Bürger, gepaart mit einem wesentlich höheren CO2-Preis als den jüngst beschlossenen 10 Euro pro Tonne. Aus ihrer Sicht eine fairere Variante, die auch schon in einem Gutachten erwähnt wurde – im Auftrag des SPD-geführten Bundesumweltministeriums.
Klara Geywitz ergänzte die Debatte um einen größeren Rahmen: „Wir brauchen eine ökologische Industriepolitik die dafür sorgt, dass Wachstum nicht gleich einhergeht mit steigendem Ressourcenverbrauch.“ Über die Instrumente dafür könne man lange diskutieren. „Mir ist wichtig, dass wir begreifen, wie groß die Veränderung ist, vor der wir stehen.“ Gleichzeitig sei es aber auch eine Riesenchance für die Modernisierung der deutschen Wirtschaft. „Wenn wir das schaffen, dann ist das ein Exportschlager.“
„Wir sind uns doch vollkommen einig, aber warum machen wir es dann nicht?“, kritisierte Esken direkt. Durch die Entwicklungen im Sommer habe sich ein Fenster geöffnet, um zu akzeptieren, dass sich etwas verändern müsse. „Und wir machen so ein Klimapäkchen?“ Außerdem sieht sie durch die neuen Abstandsregeln für Windkraftanlagen an Land eine Gefahr für den Industriezweig. „Nachdem wir schon den Solarmarkt kaputt gemacht haben, kommt jetzt als nächstes der Windenergiemarkt.“
Scholz verteidigt Klimapaket
Das wollte Olaf Scholz widerrum nicht so stehen lassen. Das Klimaschutzgesetz sei von der SPD-Fraktion im Bundestag fast einstimmig angenommen worden. „Es scheint also nicht so schlecht zu sein.“ Er verteidigte den Kompromiss außerdem mit der Vorbildfunktion der Bundesrepublik: „Wir sind ein Land, dass die wirtschaftliche Kraft und die Ingenieure hat, das hinzukriegen.“ Wenn der Umbau gelinge, dann bestehe die Chance, dass viele geplante Kohlekraftwerke auf der Welt nicht gebaut werden und stattdessen die in Deutschland entwickelten Technologien genutzt werden. „Deshalb finde ich es richtig, dass wir 150 Milliarden Euro investieren.“ Für ihn sei das Klimaschutzpaket der richtige Weg. „Deutschland geht voran mit dieser Entscheidung.“
Dem hielt Norbert Walter-Borjans entgegen: „Es gibt in anderen Staaten der Welt, auch denen mit hoher Wirtschaftskraft, eine deutlich höhere Bepreisung von CO2. Deutschland ist mit dem Einstieg nicht an der Spitze der Bewegung.“ Er kam außerdem wieder auf den grundlegenden Kompromiss zurück. „Wir dürfen uns doch dann nicht hinstellen und sagen: Das war das gewollte Ende der Fahnenstange!“ Seiner Meinung nach hätte ein Prämienmodell die oberen zehn Prozent der Bevölkerung stärker belastet, die übrigen neunzig Prozent hingegen sogar entlastet.
Dieses Modell geißelte Scholz widerrum als nicht realisierbar und obendrein als neoliberales Modell: „Über Preise etwas zu regeln statt über Gesetze ist keineswegs ein sozialdemokratisches Konzept.“ Dem hielt Esken entgegen: „Die Klima-Dividende ist ein Konzept der SPD.“
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