Ex-Kanzler

Parteiordnungsverfahren beginnt: Was Gerhard Schröder vorgeworfen wird

Kai Doering14. Juli 2022
Droht der Ausschluss aus der SPD? Ex-Kanzler Gerhard Schröder muss sich einem Parteiordnungsverfahren stellen.
Droht der Ausschluss aus der SPD? Ex-Kanzler Gerhard Schröder muss sich einem Parteiordnungsverfahren stellen.
Am Donnerstag beginnt das Parteiordnungsverfahren gegen Gerhard Schröder. 17 SPD-Gliederungen werfen ihm parteischädigendes Verhalten vor. Schröders Anwalt glaubt nicht an einen Ausschluss.

Die Abstimmung im Vorstand des SPD-Ortsvereins Essen-Frohnhausen/Altendorf fiel einstimmig aus. Anfang März sprach sich das Gremium dafür aus, ein Parteiordnungsverfahren gegen Gerhard Schröder zu beantragen. Das Ziel: Der Ausschluss des Ex-Kanzlers aus der SPD. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht und alle Argumente abgewogen“, sagt Ali Kaan Sevinc, der Ortsvereinsvorsitzende. Letztlich sei die Meinung der Essener Genoss*innen aber einhellig gewesen. „Wir wollen Haltung zeigen.“

„Gerhard Schröder hat der SPD massiv geschadet.“

Am Donnerstag wird Ali Kaan Sevinc nach Hannover reisen. Dann steht die erste mündliche Verhandlung im Parteiordnungsverfahren gegen Gerhard Schröder an. Eigentlich sollte sie schon Mitte Juni stattfinden. Wegen Corona musste sie zweimal verschoben werden. Insgesamt 17 Gliederungen der SPD aus dem gesamten Bundesgebiet haben Anträge auf ein Parteiordnungsverfahren gestellt. Deshalb wird nun die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover aktiv, da Schröder Mitglied im Ortsverein Oststadt-Zoo ist. Zwei Verhandlungstage sind angesetzt. Dann soll eine Entscheidung fallen.

„Gerhard Schröder hat der SPD massiv geschadet“, ist Ali Kaan Sevinc überzeugt. „Die Verteidigung und Unterstützung der Kriegsverbrechers Putin ist mit der der Mitgliedschaft in der SPD nicht vereinbar.“ Durch seine öffentlichen Äußerungen und das lange Festhalten an seinen Posten bei russischen Staatskonzernen habe Schröder der Partei großen Schaden zugefügt. „Im Landtagswahlkampf sind wir am Stand ständig darauf angesprochen worden“, erinnert sich Sevinc.

Anwalt sieht keine Grundlage für Parteiausschluss

Dass Schröder der Verhandlung fernbleiben will, bedauert der Ortsvereinsvorsitzende. „Ich hätte ihm unsere Kritik gern persönlich mitgeteilt.“ Auf die Anhörung im Kurt-Schumacher-Haus in Hannover ist Ali Kaan Sevinc dennoch gespannt. „So ein Verfahren ist für mich das erste Mal. Als wie den Antrag verfasst haben, wussten wir gar nicht, wie so etwas geht.“ Am Ende erfüllte er aber alle formalen Kriterien und wurde zugelassen.

Gerhard Schröder selbst hält sich zu dem Parteiordnungsverfahren bisher bedeckt. Sein Anwalt Michael Nagel erklärte jedoch Anfang Juli in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, dass er keine Grundlage für einen Parteiausschluss des Ex-Kanzlers sehe. Dafür gebe es „keine tatsächliche und rechtliche Grundlage“. Ali Kaan Sevinc sieht das anders, ist aber überzeugt, dass Schröder eine Rüge ebenso wenig hinnehmen werde wie einen Parteiausschluss. „Das Verfahren wird sich über alle Instanzen ziehen“, ist er überzeugt. Nach dem Unterbezirk wären das der Bezirk Hannover und schließlich die Schiedskommission der Bundes-SPD.

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Kommentare

SPD: Parteiordnungsverfahren gegen Gerhard Schröder läuft

Wandelt sich die SPD in der Sache Schröder in einer Metzgerei? Dann und denn prost! In einem solchen Fall würde ich, als italienischer Mitbürger und sozialfaschist schreien: S c h a n d e!

Gerhard Schröder hat der SPD massiv geschadet

Ja, diese Behauptung stimmt und zwar besonders für den Zeitraum seiner Kanzlerschaft. Das Wahlprogramm, das vielen Menschen 1998 Hoffnung machte wurde in keinster Weise umgesetzt. Der völkerrechtswidrige Jugoslawienkrieg, Hartz und Agenda ..... das hat der SPD wahrlich geschadet. Verwunderlich ist für mich, daß diejehnigen, die ihm damals assistierten oder die unter ihm groß wurden heute die Bestimmer*innen in der SPD sind und nicht bereit von der damaligen Politik abzurücken.
Was G.S. als Privatier macht, da mag man die Nase rümpfen, aber es passt zu meinem Bild von ihm und für die SPD-Oberen war das bis zum 24.2.22 auch nicht sehr anstößig. Wenn jetzt an G.S. neue Maßstäbe angelegt werden, dann sollten diese Maßstäbe auch für andere SPD Funktionäre, die sich dem Kapital angedient haben gelten - auch wenn sie für nichtrussländische Konzrene lobbyieren.

Guter Kommentar

Lieber Armin,
Ich teile Deine Meinung zu 100 Prozent.
Ich erinnere mich gerne daran, wie wir im Jahr 1998 fast eine halbe Million Gewerkschafter in Bonn waren und für ein Ende der Verteilungspolitik „von unten nach oben“ der Regierungen Kohl demonstriert haben. Gewerkschafter und Sozialdemokraten im Schulterschluss. Eine historische Wahl, bei der das erste Mal eine Bundesregierung abgewählt wurde. Das Ergebnis war dann ein anderes. Die Umverteilung noch massiver. Vermögenssteuer ausgesetzt, Spitzensteuersatz um fast 10 Punkte gesenkt und u.a. die Regelungen des geldwerten Vorteils bei Arbeitnehmern massiv verschärft. Im Grunde ist er der Totengräber der Sozialdemokratie und alle sind ihm gefolgt. Diejenigen, die nicht folgen wollten, wurden weggemobbt. Es gäbe noch soviel zu sagen …

Schröder

Ganz richtig. Schon kurz nach dem Beginn seiner Kanzlerschaft hatte Schröder alle Versprechen vor der Wahl, die für viele eine Hoffnungswahl nach der Kohl-Ära war, gebrochen. Er wurde Kanzler der Konzerne genannt, leitete die Agenda 2010 ein, schaffte aber die Steuern für die Einnahmen vom Verkauf von Vermögensanteilen ab.

Insofern war es nur konsequent, dass der vielgescholtene Oskar Lafontaine diese Politik nicht mehr mitmachen wollte und als Finanzminister zurücktrat. Er hätte, wie er auch später eingeräumt hat, den Parteivorsitz behalten sollen. Als bemerkenswert fand ich seine Abschiedsrede im saarländischen Landtag im März d.J. und die entsprechenden Worte des damaligen Landtagspräsidenten, danach erhoben sich alle Abgeordneten von den Plätzen.

Dass Ex-Kanzler*innen, die im Gegensatz zu Normalbürger*innen ohnehin über zahlreiche Privilegien verfügen, noch ein Büro mit mehreren Beschäftigten im Bundestag unterhalten-natürlich auf unsere Kosten-halte ich für völlig unbegründet und stellt einen Affront gegenüber allen dar, die unverschuldet ihren Arbeitsplatz verloren haben und um ihr Dasein kämpfen müssen.

Schröder wird sicher kein Problem mit Gaslieferungen haben.

Schröder

Moin Armin,

Grammatik und Rechtschreibung sind noch schwieriger als Politik. Ohne Gerd Schröders Gas-Politik verteidigen zu wollen - hier spielen viele von uns den Schwarzen die Karten zu. Das Verfahren wird scheitern - nächste Blamage.
Also empfehle ich mehr Gelassenheit und weniger schädliche Öffentlichkeitsarbeit.

Gruß aus Einbeck - Bezirk Hannover - ohne Antrag

Ulrich Minkner

Der Fisch stinkt vom Kopfe her

Die Anträge auf Parteiausschluss geben nur eine Argumentation wieder, die die Parteispitze sich zuerst zu eigen gemacht hat.

Nämlich dass der Einmarsch Russlands in die Ukraine eine Zeitenwende ist. Was sie nicht ist, sie steht in einer unrühmlichen Tradition völkerrechtswidriger Kriege insbesondere unserer Verbündeten.

Ferner dass Putin ein Kriegsverbrecher ist. Das wäre erst noch zu beweisen. Nur weil es Krieg gibt, sind die Kriegsparteien noch keine Kriegsverbrecher. Und was in der Ukraine passiert, wird erst noch aufgearbeitet werden müssen. Derzeit kennen wir wenig mehr als die jeweilige Propagandaversion der Kriegsparteien. Wer etwas anderes suggeriert lügt.

Schließlich dass Schröder sich nach Amtsabtritt verkauft hat. Dabei ist seine Tätigkeit bei Gazprom weder herausragend anstößig noch besonders gegen deutsche Interessen gerichtet gewesen. Im Gegenteil lag der Bau von Nordstream II noch bis zum 24.02.2022 im breitesten deutschen Interesse. Nur will das jetzt keiner mehr zugeben und die aktuelle SPD-Spitze ist dumm genug, sich auf dieses Blame-Game einzulassen. Unter Opferung der Brandtschen Ostpolitik und des Rufs ihres Ex-Kanzlers.

Realpolitische Vernunft

steht hoffentlich nicht im Gegensatz zum Programm der SPD, denn wäre das so, stünde es schlimm um die SPD.

Gerhard Schröder ist kein Funktionär der SPD und übt seit 2005 kein Mandat mehr für die SPD aus. Er sprach und spricht also nicht für die SPD und gab auch nicht vor, das zu tun.

Ob die mehr moralisch denn juristisch begründeten Vorwürfe gegen Gerhard Schröder bestand haben, wird sich zeigen.

Ansonsten stehen natürlich die bürgerlichen Freiheiten des Grundgesetzes über jeglicher Parteiordnung und über jeglichem Parteiprogramm.