Jahresgutachten

Paritätischer Wohlfahrtsverband sieht sozialen Zusammenhalt gefährdet

Fabian Schweyher08. August 2018
Rolf Rosenbrock
Rolf Rosenbrock ist Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands.
In seinem aktuellen Jahresgutachten kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband eine wachsende soziale Ungleichheit in Deutschland. Das Bundesarbeitsministerium verweist auf die Vorhaben im Koalitionsvertrag und bereits angestoßene Maßnahmen.

Beinahe 90 Prozent der Bevölkerung sorgen sich um den sozialen Zusammenhalt in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt das Jahresgutachten zur sozialen Ungleichheit des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. „Wir haben einen erheblichen Handlungsbedarf, und der liegt in der Stärkung des sozialen Zusammenhalts durch eine bessere offensive Sozialpolitik, die ihren Schwerpunkt auf vernachlässigte Gruppen und Sozialräume legt“, sagte der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbands Rolf Rosenbrock. Von der ausgezeichneten wirtschaftlichen Lage in Deutschland profitierten zu wenige Menschen.

Kurswechsel gefordert

Laut dem Gutachten verdienen gegenwärtig 22,6 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland weniger als 10,50 Euro in der Stunde. Gleichzeitig schütze der Mindestlohn in vielen Fällen nicht vor Armut. „Rund ein Viertel der Beschäftigten arbeitet heute im Niedriglohnsektor“, heißt es. Außerdem funktioniere bei Leiharbeit und Minijobs der angestrebte Wechsel der Angestellten in reguläre, sozialversicherungspflichtige Jobs oftmals nicht. Zudem seien 9,5 Prozent der Menschen auf eine Mindestsicherung wie beispielsweise Hartz IV angewiesen.

Der Verband begrüßt, dass die Bundesregierung die Stärkung des sozialen Zusammenhalts als vorrangiges Ziel formuliert habe. Laut dem Gutachten sind „erste Konturen eines Richtungswechsels“ zu erkennen, allerdings bedürfe es einer grundlegenden Änderung der Sozialpolitik. „Wir brauchen einen radikalen Kurswechsel hin zu einer umfassenden Politik für gute Arbeit und soziale Teilhabe. Vor allem brauchen wir mehr bessere und höhere Löhne in guten Arbeitsverhältnissen.“

Angestoßene Vorhaben

Insbesondere bei der Langzeitarbeitslosigkeit und der Bekämpfung von Altersarmut sieht der Paritätische Wohlfahrtsverband Handlungsbedarf. So fordert er beispielsweise einen höheren Mindestlohn, eine längere Dauer des Arbeitslosengeldes, mehr Grundsicherungsleistungen sowie eine gestärkte Rentenversicherung. Außerdem solle mehr in den Gesundheitsbereich, in Angebote für Kinder und Jugendliche sowie soziale Beratungsdienstleistungen investiert werden.

Angesichts des Jahresgutachtens verwies das Ministerium von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf die im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben. Angestoßen sei bereits das Teilhabechancengesetz, mit dem arbeitsmarktferne Menschen in den Arbeitsalltag und damit wieder in Beschäftigung eingegliedert werden sollen. Ebenfalls in Arbeit seien ein Rentenpakt für höhere und gerechtere Renten, eine Entlastung von Geringverdienern bei den Sozialversicherungsbeiträgen und die Pläne für eine Grundrente. Ebenfalls sei ein Dialog über die Zukunft der sozialen Sicherung in Deutschland geplant. „Das wirksamste Mittel gegen Armut und Armutsgefährdung ist die Integration in den Arbeitsmarkt bei fairen Löhnen und guten Arbeitsbedingungen“, so ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums.

SPD stärkt den Zusammenhalt

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Katja Mast sagte zum Jahresgutachten des Paritätischen Wohlfahrtsverbands: „Die SPD hat Regierungsverantwortung übernommen, um die Solidarität und den Zusammenhalt in unserem Land zu stärken. Ob Brückenteilzeit, Kampf gegen Kinder- und Altersarmut, sozialer Arbeitsmarkt, Gute-Kita-Gesetz, Entlastung von Familien oder die Stabilisierung der Rente: Nur durch unsere Regierungsbeteiligung verbessern wir das Leben der Menschen im Alltag ganz konkret.“ Die SPD schaffe Zuversicht und stärke den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

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Kommentare

Verlogene Eigenwerbung ist kein Handeln

Nachdem die "Erneuerung" nicht stattfindet hat man sich offensichtlich dazu entschlossen, die Anwesenheit der SPD in der GroKo schon als "Leistung" zu proklamieren.
Hier die inhaltliche Korrektur der Werbephrasen:

"„Die SPD hat Regierungsverantwortung übernommen, um die Solidarität und den Zusammenhalt in unserem Land zu stärken."

Die SPD ist in der GroKo weil Einzelpersonen scharf auf gutdotierte Bezüge und Posten waren.

" Ob Brückenteilzeit, Kampf gegen Kinder- und Altersarmut, sozialer Arbeitsmarkt, Gute-Kita-Gesetz, Entlastung von Familien oder die Stabilisierung der Rente: Nur durch unsere Regierungsbeteiligung verbessern wir das Leben der Menschen im Alltag ganz konkret.“

Lauter gut klingende aber in der Realität nicht funktionale "Vorhaben" werden als Rechtfertigung für eine weiterhin durchgehend asoziale und "neoliberale" Politik vorgeschoben. Mit der "Stabilisierung der Rente" wird eine nicht existente "Leistung" vorgetragen die schon durch den "Rentenfonds" von
Herrn Heil entlarvt ist.

" Die SPD schaffe Zuversicht und stärke den gesellschaftlichen Zusammenhalt."

Die SPD ist weiterhin aktiv an der Zerstörung von Sozialstaat und Bürgerrechten beteiligt.

...weiter denken

Natürlich ist die Forderung des paritätischen Wohlfahrtsverbandes nach einem höheren allgem. Mindestlohns moment. zu unterstützen, genauso wie die Forderung nach höherer Grundsicherung und einer Mindestrente die ein gutes Stück oberhalb der Armutsgrenze liegt ! Doch ist diese Forderung in ihren Zielen mutig, nachhaltig und zukunftstauglich ?
Eher nicht. Die Welt der Arbeit ändert sich rasant. Wir sehen, dass in Kürze in vielen Bereichen Arbeitsplätze durch Digitalisierung und Robotik verschwinden werden. Die Tendenz das große Konzerne in immer kürzerer Zeit immer mächtiger werden und somit die Politik und dadurch unsere Lebenswirklichkeit bestimmen, wird durch die momentane Politik der Groko-Regierung rein gar nichts Wirksames entgegengesetzt ! Im Gegenteil ! Die Placebo-Politik soll Wähler beruhigen1 Es braucht aber "Nägel mit Köpfen:
Angefangen von einer Mobilitätswende weg vom Privat-PKW hin zu günstigen ÖPNV und. Zweirad, über Grundeinkommen, Bürgerversicherung, Energiewende, verpfl. Recht auf Home-Office bis zu einer Abkehr vom teuren, schädlichen Wegwerf-Konsum, selbstbest. Arbeits-, Wohn und Rentenmodellen.. Nur nachh.,solidarische Lebensweise .nähert Lebenswirkl..an !!:

Leider sind die Konzepte auch irreal.

Hier eine Liste einiger Probleme:
- Home-Office.Selbstausbeutung, Zugriff der Arbeitgeber ins Private (Zeiterfassung, Arbeitsergebnis, usw. muß sichergestellt sein.), Sicherheitsprobleme bei einem Internet das durch automatisierte (Staats)Spionage und Zensurfilter keine sichere Kommunikation zuläßt.
- ÖPNV. Bei vielen Arbeitswegen zu zeitintensiv, zu teuer,zu selten, zu schlechte, nicht auf die realen Arbeitszeiten abgestimmte Fahrtzeiten.
- Energiewende. Wie jede "Umweltpolitik" ausschießlich weitere finanzielle Belastung für Bürger und Familien ohne reales Ergebnis.

Kreuzt man diese Ansprüche mit der Realität bleiben sie teuer bezahlte Worthülsen.
Bevor sich da nichts wesentlich verändert und nur weiter Umverteilung von arm nach reich geschieht, kann man größere Ansprüche an die Politik beerdigen. Und da sind wir wieder bei der "Erneuerung". :(

Gutes Beispiel auch die GEZ. Da gibt es die KEF die den "Finanzbedarf berechnet" aber diesen Bedarf allein an den Ausgaben und nicht den Aufgaben bemißt. Kein Wunder das der Staatsfunk so aufgebläht ist und über 70% der abgepreßten Einnahmen in seine Pensionskassen statt in qualitative, unabhängige Berichterstattung steckt.

Dass die Errungenschaften der

Dass die Errungenschaften der modernen Techniken bei Digitalisierung und Automatisierung den Menschen die den Wohlstand und die Produktivitätsgewinne erarbeiten zugute kommen müssen und nicht Großkonzernen und ihren gierigen Aktionären, muss nach dem Thema "Erhalt unserer Lebensgrundlagen" das wichtigste Thema einer "neuen SPD" sein.
Davon ist die jetzige SPD/Alt meilenweit entfernt, dank der Kurzssichtigkeit und Industrielobbyhörigkeit ihrer Altvorderen !
Aber auch die Kurzsichtigkeit der Gewerkschaften hat ihren Teil zur dieser rückständigen Politik beigetragen ! Nämlich dadurch dass sie für maximalen Konsum und den Erhalt rückständiger Technologien eingetreten sind vom Individual-PKW mit Verbrennermotor bis zum Weiterlaufen der Kohlekraftwerke !! Aberwitzig ! Auch bei der Digitalisierung sind wir hinterher und wie richtig bemerkt, inbesondere bei digitaler Sicherheit !
Die öffentlich-rechtlichen Medien muß ich in Schutz nehmen ! Sie sind eine der wichtigsten Säulen unserer Demokratie, die von vielen Seiten unter Beschuss gerät ! Ger. die lobbyunabhängigen öff.-rechtl. Medien (insbes. Deutschlandfunk) belegen dass Wissenschaft längst Lösungen hat u. Politik derz. versagt !!

Etwas zu ideologisch, will mir scheinen.

Die "Errungenschaften der Digitalisierung" sind krampfhaft hochgelobter und verklausulierter technischer Fortschritt. Das man solange die USA einen Freibrief zur Industriespionage im ehemaligen DARPA-Net hat keine Datensicherheit erreichen wird wird durch die ganzen Zensur- und Spionagebemühungen der BRD noch verschärft (siehe u.A. Staatstrojaner).
Hinzu kommt: sämtliche Patente und Infrastruktur sind im Besitz von Konzernen. Eine wie auch immer geartete Teilhabe der Arbeitnehmer kann also nur über Lohnsteigerungen/Abgaben stattfinden was die GroKo aktiv bekämpft.

Die Gewerkschaften haben es verschlafen,sich als "reine" Arbeitnehmervertreter kämpferisch zu zeigen, unter Anderem eine klare Lossagung von der SPD solange sie weiterhin arbeitnehmerfeindlich agiert fehlt komplett.

Bei den ÖR-Medien sehe ich zu viel ungeprüfte Übernahme der "Nachrichten" von Privatunternehmen wie Reuters und DPA sowie die benannte Zweckentfremdung der Zwangsbeiträge als kritisch. Dazu die halbseidenen Maßnahmen wie z.B. Formulare die die Option "ich bin nicht beitragspflichtig" gezielt ausblenden. und die immer wieder offensichtliche politische Einflußnahme bei der Postenvergabe und "Nachrichten".