Online-Handel

Wie eine Paketsteuer für mehr Gerechtigkeit im Handel sorgen kann

Bernhard Daldrup06. Januar 2021
Der Online-Handel boomt – auch zum Leidwesen der Innenstädte. Eine Paketsteuer könnte für mehr Waffengleichheit sorgen.
Der Online-Handel boomt – auch zum Leidwesen der Innenstädte. Eine Paketsteuer könnte für mehr Waffengleichheit sorgen.
Rund um Weihnachten flammte die Diskussion über eine Paketabgabe, also eine dauerhafte Steuer für den Internethandel, auf. Was sie bewirken kann und worauf es aus Sicht der SPD ankommt – die wichtigsten Fragen und Antworten.

Worum geht es bei der Einführung einer neuen Paket-Abgabe?

Laut dem CDU/CSU-Papier soll die Abgabe beim Online-Händler erhoben und von ihm an das Finanzamt abgeführt werden. „Mit den Einnahmen daraus wird der Online-Handel an den Kosten von ihm genutzter kommunaler Infrastrukturen beteiligt“, heißt es im Text. Beseitigt werden soll damit „die Schieflage gegenüber dem stationären Einzelhandel, der schon heute mit seinen Steuern erheblich zum Gemeinde-Haushalt beiträgt“. Die Einnahmen sollen auch den „Einzelhandel vor Ort unmittelbar entlasten“.

Warum macht die CDU/CSU diesen Vorschlag zur Einführung einer neuen Steuer?

Die Debatte ist nicht neu. Zuvor hatten bereits die kommunalen Spitzenverbände eine solche Abgabe ins Spiel gebracht, der Deutsche Städte- und Gemeindebund konkret als „Produktversandsteuer“. Offenbar nimmt die CDU/CSU endlich die Probleme der Innenstädte wahr und sieht Handlungsbedarf, der allein von den Städten und Gemeinden nicht zu finanzieren ist. Die SPD steht seit jeher für Steuergerechtigkeit wie auch für Chancengleichheit im Wettbewerb und begrüßt es, wenn sich die CDU/CSU dieser Frage ebenfalls stellt. Die lebhafte Debatte, die sich nun entzündet hat, läuft keinesfalls immer sachlich ab – kaum ausgesprochen, greift die FDP sofort in die Vorurteilskiste und bringt das „Bürokratiemonster“ ins Spiel.

Alle reden von Digitalisierung. Warum werden dem Onlinehandel Knüppel zwischen die Beine geworfen?

Der Handel ist im Wandel, Internet- und Onlinehandel nehmen stark zu. Aber: Der reine Versandhandel verhält sich quasi parasitär zum lokalen Handel, ­weil er weder in gleicher Weise der Besteuerung vor Ort unterliegt – wie etwa der Gewerbesteuer – noch an der Finanzierung der Infrastruktur vor Ort beteiligt ist und auch die Einkommensteuererträge vor Ort sinken. Diese Verzerrungen sollen durch eine Produktversandsteuer ausgeglichen werden. 

Was ist der Unterschied zu einer Digitalsteuer?

Eine solche Abgabe ist nicht zu verwechseln mit der Forderung zur Einführung einer Digitalsteuer, die verschiedene Konzepte zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft umschreibt und weitergefasst ist. Bei der Paketabgabe geht es um die Besteuerung der digitalen Wirtschaft auf einem begrenzten Feld: dem örtlichen oder stationären Einzelhandel im Verhältnis zum Online-Handel.

Warum sorgt die Politik nicht endlich für eine allgemeine Besteuerung der internationalen Konzerne wie Google, Amazon und anderen, statt neue Steuern zu erfinden?

Die SPD-Fraktion will eine Digitalsteuer und arbeitet konkret daran. Allerdings scheitern diese Pläne an internationalen und europäischen, aber auch innenpolitischen Problemen: Gerade die CDU/CSU – die „Erfinderin“ der Paketabgabe – ist nicht gerade Vorreiterin im Bemühen um eine Digitalsteuer. Aber die Wettbewerbsverzerrungen zu dulden, bis eine europäische Einigung kommt, ist die falsche Alternative.

Wer wird durch eine Produktversandsteuer überhaupt getroffen: die großen Konzerne ebenso wie kleine Einzelhändler, die beide Wege nutzen?

Eine  Produktversandsteuer trifft auch die Großen. Die Umsätze im Onlinehandel sind in der Corona- Zeit explodiert. Im vergangenen Jahr haben die 1.000 umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland knapp 52 Milliarden Euro erwirtschaftet, ein Umsatzwachstum von 12,4 Prozent. Die Top zehn verbuchen zusammen 40,2 Prozent des Gesamtumsatzes von 20,79 Milliarden Euro.

Die SPD-Fraktion will aber die kleineren Plattformen nicht in gleicher Weise belasten wie die großen. Deshalb kommt es auf die Gestaltung der Steuer an. Ein Beispiel: Die Gewerbesteuer wird heute in der Einkommenssteuer pauschal bis zu einer bestimmten Höhe angerechnet. Auch eine Produktversandsteuer könnte steuerlich so gestaltet werden, dass sie den kleinen Einzelhandels-Betrieb bis zu einer bestimmten Umsatzhöhe nicht zusätzlich belastet. Anrechnungen oder Freibeträge sind sicher nötig.

Wie hoch sollte eine Produktversandsteuer sein?

Da es im Kern um einen Ausgleich für Verzerrungen im Wettbewerb geht, wird in einem Gutachten im Auftrag des Städte- und Gemeindebundes die Höhe der Versandkosten herangezogen: eine Bandbreite von 3 bis 30 Euro pro Sendung. Auch eine prozentuale Größe des Umsatzes könnte laut Studie herangezogen werden, etwa in der Größenordnung von drei Prozent des Umsatzes. Das sind aber nur Beispielszahlen, nicht mehr.

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Kommentare

aha, nun springt die

SPD auf den Zug auf, den die CDU aufs Gleis gesetzt hat, und nutzt nicht einmal die Gelegenheit, die Wettbewerbsverzerrungen insgesamt zu betrachten, denn im Onlinehandel gibt es keinen Ladenschluss, kein Sonntagsarbeitsverbot usw. Dabei sind doch gerade dies die Faktoren, die auch schon ohne Corona den Niedergang des Einzelhandels eingeleitet und erfolgreich bewirkt haben.

Also, wer einen fairen Wettbewerb will, muss dies mit ins Kalkül ziehen, darf sich nicht auf die Paketzustellung begrenzen. da reicht es nicht, an der Initiative der CDU kleingeistig herumzumäkeln, da muss man richtig zugreifen. Alles andere degradiert die Aussagen zum Wahlkampfritual