Inflation

Pakete der Bundesregierung: Wer in welchem Umfang entlastet wird

Kai Doering07. Juli 2022
Alles wird teurer: Die Maßnahmen der Bundesregierung entlasten die Menschen unterschiedlich stark.
Alles wird teurer: Die Maßnahmen der Bundesregierung entlasten die Menschen unterschiedlich stark.
30 Milliarden Euro gibt die Bundesregierung für Entlastungen für die gestiegenen Preise aus. Doch nicht alle Bürger*innen profitieren gleich stark davon. Eine aktuelle Untersuchung zeigt eine Schieflage und wo es Nachholbedarf gibt.

Energiepreispauschale, Kinderbonus, Neun-Euro-Ticket: Die Liste der Entlastungen, die die Bundesregierung wegen der gestiegenen Preise auf den Weg gebracht hat, ist lang. 30 Milliarden Euro umfassen die zwei Pakete, auf die sich die Ampel im Frühjahr verständigt hat und die inzwischen ihre Wirkung entfalten. Wie sehr die Bürger*innen profitieren, ist jedoch sehr unterschiedlich.

90 Prozent Entlastungen für Grundsicherungs-Empfänger*innen

Prozentual am stärksten entlastet werden Menschen, die Grundsicherung beziehen. Maßnahmen wie die Einmalzahlung und der Kinderbonus fangen bei ihnen rund 90 Prozent der zusätzlichen Kosten für stark verteuerte Energie und Nahrungsmittel ab. Das hat das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ermittelt. Allerdings müssten Grundsicherungs-Empfänger*innen schon ohne die Preiserhöhungen sehr gut mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Geld planen. Weshalb „auch eine geringe Belastung unmittelbar zu Konsumeinschränkungen führen dürfte“, wie es in der IMK-Studie heißt.

Insgesamt belasteten die starken Preissteigerungen Familien mit niedrigen Einkommen besonders stark. Auch sie können auf deutliche Entlastungen durch die Maßnahmen der Bundesregierung hoffen. So summieren sich die Entlastungen bei einer Familie mit zwei erwerbstätigen Erwachsenen, zwei Kindern und einem unterdurchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 2000 bis 2600 Euro auf rund 64 Prozent der absehbaren zusätzlichen Belastungen, wie die IMK-Forscher*innen schreiben. Bei einer vergleichbaren Familie mit einem mittleren Einkommen von 3600 bis 5000 Euro netto sind es 54 Prozent.

Anders sieht es aus, wenn nur ein Elternteil erwerbstätig ist: Hier wird eine vierköpfige Familie mit einem Nettoeinkommen von 2600 bis 3600 Euro pro Monat nur um 44 Prozent bei den Zusatzkosten entlastet. Bei Alleinerziehenden mit zwei Kindern und einem mittleren Einkommen von 2000 bis 2600 Euro sind es 48 Prozent.

Geringverdiener*innen profitieren stärker

In ihrer Untersuchung stellen die IMK-Forscher*innen auch heraus, dass Menschen mit geringem Einkommen deutlich stärker von den Entlastungspaketen profitieren als Arbeitnehmer*innen mit hohen. So würden bei alleinlebenden Erwerbstägigen mit niedrigen Nettoeinkommen von bis zu 900 Euro die Mehrbelastungen zu rund 75 Prozent ausgeglichen, bei jenen mit sehr hohen Einkommen von mehr als 5000 Euro zu 38 Prozent.

Nachholdbedarf sehen die Wissenschaftler*innen vor allem bei Menschen, die nicht erwerbstätig sind, besonders Rentner*innen. So würden Alleinlebende, die im Ruhestand sind und ein niedriges Einkommen unter 900 Euro netto im Monat zur Verfügung haben, gerade einmal zu zehn Prozent entlastet. Besteht ein Anspruch auf Wohngeld, sind es wegen des Heizkostenzuschusses immerhin 46 Prozent. Die IMK-Forscher*innen sprechen von einer „sozialen Schieflage“ und sehen hier einen „akuten Nachholbedarf bei den Maßnahmen“.

Und noch etwas erwarten sie von der Bundesregierung: ein weiteres Entlastungspaket im kommenden Jahr. Zwar geht das IMK davon aus, dass die Inflationsrate im kommenden Jahr auf drei Prozent sinkt. Doch damit blieben die Preise insbesondere für Waren des Grundbedarfs weiter hoch. Damit bestehe auch 2023 „eine erhebliche Zusatzbelastung durch erhöhte Energie- und Nahrungsmittelpreise“.

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