Die Umweltgesetzgebung der Großen Koalition war vielen Menschen offenbar nicht entschieden und nicht ernsthaft genug, und dies wurde - ob zu Recht oder zu Unrecht - den Sozialdemokraten
angelastet, die das zuständige Ressort verwalteten. Da ist es das richtige Signal, dass der bisherige Umweltminister Sigmar Gabriel neuer Vorsitzender der SPD werden soll. Er hat als Newcomer auf
diesem Feld den Umweltschutz zu seiner Sache gemacht und wird sich, befreit von den Fesseln der Koalition, darin so leicht von niemandem überbieten lassen.
Er wird an dem Atomkonsens eben so wenig rütteln lassen wie an der großzügigen Förderung der Erneuerbaren Energien. Daran werden sich die Geister scheiden, und daran wird sich erneut
zeigen, wie nahe sich Sozialdemokraten und Grüne in dieser Hinsicht sind. Allerdings müssten dabei auch die Sozis über die schwarzen Schatten ihrer Vergangenheit springen, indem sie neue
Kohlekraftwerke nur unter klimazuträglichen Auflagen zulassen.
Das eigene Wahlprogramm erstnehmen!
Sie sollten auch die Ankündigung in ihrem Wahlprogramm wahrmachen, und gleich in den ersten Monaten nach der Wahl in den Bundestag das einheitliche Umweltgesetzbuch und ein Gesetz zur
nachhaltigen Waldbewirtschaftung einbringen, Vorhaben, zu denen sich die Union nicht durchringen konnte. Damit schafft man Gelegenheiten, bei denen jede Seite Farbe bekennen muss.
Auf dem grünen Banner, das die SPD vor sich hertragen sollte, müsste aber obenan geschrieben stehen: Das Klima schützen und damit so neue Arbeitsplätze wie möglich schaffen! Ob damit bis zu
800.000 zusätzliche Stellen bis zum Jahre 2030 geschaffen werden können, wie es das Wahlprogramm für möglich erklärt, kann nur die Praxis weisen. Klimaschutz ist eine vorrangige
Menschheitsaufgabe des neuen Jahrhunderts, hat der kluge Egon Bahr gesagt, der schon mehr als einmal seiner Zeit voraus war. Davon sollte sich die SPD unter keinen Umständen abbringen lassen.
Daran wird sie früher oder später von allen umweltbesorgten Menschen gemessen werden.
Gemeinsame Sache mit den Umweltverbänden machen!
Im Übrigen sollte die Partei keine Not haben, die Forderungen der Umweltverbände zu erfüllen, die diese ein paar Tage vor der Wahl an die neue Regierung gerichtet hatten. Auf die Anwendung der
Gentechnik in der Landwirtschaft zu verzichten und den ökologischen Landbau voranzubringen, das steht auch im Wahlprogramm. Wie die Verbände will auch die SPD den auf mehr als 100 Hektar pro Tag
gestiegenen Flächenverbrauch begrenzen und dem Naturschutz mehr Raum geben. Es sind dies alles Forderungen, die Rückhalt in der Bevölkerung haben und nicht etwa nur der eigenen Profilierung
dienen.
Wer glaubt, allein durch die Korrektur der Agenda 2010 würden der SPD die Wähler wieder in Scharen zulaufen, unterliegt einem großen Irrtum.
Wie die Wählerwanderungen zeigen, lassen sich die Menschen in ihrer Mehrzahl von anderen Gesichtspunkten leiten. Auch die so genannten Bessergestellten haben wohl zuerst ihr materielles
Wohlergehen im Auge, gleich danach aber das Fortkommen ihrer Kinder und ganz gewiss nicht zuletzt die Zukunft unserer Umwelt, auf die sich Gesundheit und Lebensqualität gründen.