
Anlässlich der Eröffnung des Prozesses gegen den in der Türkei inhaftierten Menschenrechtler Peter Steudtner hat Niels Annen die Regierung von Recep Tayyip Erdoğan scharf kritisiert. „Wir erleben eine türkische Regierung, die ganz offensichtlich politisch motiviert Menschen festnehmen lässt“, erklärte Annen im Interview mit dem Deutschlandfunk. Zwar weigerte sich Annen, Erdogan einen „Geiselnehmer“ zu nennen, wie es Grünen-Chef Cem Özdemir bereits Anfang September getan hatte, machte aber deutlich: „Wir erwarten die sofortige Freilassung von Herrn Steudtner.“
„Abstruse“ Vorwürfe gegen Peter Steudtner
Den Prozess gegen Steudtner und zehn weitere Menschenrechtler nannte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion eine „politisch motivierte Veranstaltung“, die Anklageschrift sei eine „wirre Zusammenführung von verschiedenen Vorwürfen und Anschuldigungspunkten“. Aus der Teilnahme Steudtners an dem „Routineseminar“ das Konstrukt abzuleiten, der sei terroristisch aktiv, nannte Annen „vollkommen abstrus“.
Als Konsequenz des Vorgehens der Türkei im Fall Steudtners forderte Annen Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu auf, die Beitrittsgespräche der EU über eine mögliche Mitgliedschaft der Türkei abzubrechen. „Das ist die Position der SPD und wir erwarten von der Kanzlerin, dass sie diese Politik umsetzt“, so Annen. Er begründete die Forderung damit, dass es derzeit „keine realistische Chance auf eine EU-Mitgliedschaft der Türkei“ gebe. Dessen ungeachtet sollten die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei aufrecht erhalten werden, so Annen weiter.
Es drohen bis zu zehn Jahre Haft
Peter Steudtner wurde am 5. Juli 2017 zusammen mit neun weiteren Amnesty-International-Mitarbeitern festgenommen. Die türkische Justiz wirft ihm vor, eine bewaffnete Terrororganisation unterstützt zu haben. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm fünf bis zehn Jahre Haft.