Wahlkampf in Spanien

Neuwahlen: Können sich Spaniens Sozialisten an der Regierung halten?

Gero Maaß16. April 2019
Für eine Politik mit Herz: Ministerpräsident und Sozialisten-Chef Pedro Sánchez beim einem Wahlkampfauftritt am 15. April in Madrid.
Für eine Politik mit Herz: Ministerpräsident und Sozialisten-Chef Pedro Sánchez beim einem Wahlkampfauftritt am 15. April in Madrid.
Am 28. April wählt Spanien ein neues Parlament. Ein harter Lagerwahlkampf tobt zur Zeit. Ministerpräsident Pedro Sánchez hat seine sozialistische Partei (PSOE) zwar stabilisiert, aber reicht das, um an der Regierung zu bleiben? Mit Spannung wird das Abschneiden der erstarkten Rechtspopulisten erwartet.

Haben die aktuellen Umfragen recht, werden die Neuwahlen am 28. April die PSOE wohl zur mit Abstand stärksten Partei machen. Die Sozialisten dürften aber zusammen mit ihrem Partner Podemos keine Parlamentsmehrheit erreichen. Reicht es weder links, noch rechts der Mitte für eine Mehrheit, bliebe Ministerpräsident Pedro Sánchez zunächst geschäftsführend im Amt – ähnlich wie sein konservativer Vorgänger Rajoy in den Jahren 2016/17.

Sánchez unangefochten an der Spitze

PSOE-Chef Sánchez hat es geschafft, seine Partei zu stabilisieren und sich, auch im Vergleich zu den Mitkonkurrenten der anderen Parteien, als Regierungschef zu profilieren. Früher stark angefeindet, steht er in seiner sozialdemokratischen Partei heute unangefochten an der Spitze – vor allem nach der Abwahl seiner Widersacherin Susana Diaz als Regionalpräsidentin von Andalusien. Zu seiner Wiederwahl könnten ihm allenfalls die katalanischen Regionalparteien verhelfen, just jene, die ihm im Juni die Gefolgschaft verweigerten und Auslöser der Neuwahlen waren.

Seit den Regionalwahlen in Andalusien im Dezember 2018 hat sich die rechtspopulistische VOX im Parteiensystem fest etabliert und verändert die Stimmen- und Mandatsarithmetik.  Mit ihrem nationalen, gegen einen Dialog mit der separatistischen Regionalregierung in Katalonien gerichteten Diskurs schaffte sie es vor allem der konservativen PP Stimmen abzunehmen. Nun könnten sie einer rechts-der-Mitte-Koalition aus PP und Ciudadanos zur Mehrheit verhelfen.

Harter Lagerwahlkampf

Pedro Sánchez hat den offiziellen Wahlkampf der PSOE am 12. April eingeläutet. Im Zentrum steht dabei die Ankündigung zum Ausbau des Sozialstaats. Unter der Devise „ein Spanien für alle“ stellt Sánchez diverse Forderungen, die zur Stärkung der sozialen Gerechtigkeit in Spanien beitragen sollen. Er verspricht neben der Einführung einer Mindestrente von 426 € mehr finanzielle Unterstützung für ökonomisch schwache Familien. Dafür rechnet die PSOE mit Ausgaben von  insgesamt 2 bis 6,2 Milliarden Euro, von denen rund 4,2 Millionen Menschen profitieren würden. Sánchez und seine Sozialisten fordern zudem eine Mobilisierung aller SpanierInnen gegen rechte Bewegungen und betonen, ein politisch-struktureller Rechtsruck sei definitiv kein Fortschritt für ein modernes Spanien.

Die konservative PP befindet sich mittlerweile weit rechts der politischen Mitte. Rajoys Nachfolger, Pablo Casado, sieht seine Partei als einzige mitte-rechts Regierungsalternative an, die mit Linken und Rechten – Ciudadanos und VOX - verhandeln könne. Er greift Sánchez persönlich scharf an und wirft ihm vor, gegen die spanische Verfassung zu arbeiten und den katalanischen Separatismus zu fördern, da er mit Linksradikalen und Separatisten kollaborieren würde – er sei eine „öffentliche Gefahr für Spanien“. Zusammen mit VOX und Ciudadanos sieht er seine Person und die PP als Teil des „konstitutionellen Blockes“, der für ein geeintes Spanien kämpfe und gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen eintrete.

Rechtspopulisten im Aufwind

Die rechtspopulistische VOX definiert sich in erster Linie als Verfechterin derjenigen, die sich von den derzeitigen PolitikerInnen und dem Establishment enttäuscht und im Stich gelassen fühlen. Dabei fordert sie eine „Politik der Erneuerung“ mit dem Fokus auf „Werte, Familie und das Leben“ und im Kontext der Katalonienfrage die „Einheit Spaniens“. Bei Betrachtung des Wahlprogrammes kristallisiert sich ein stark ausgeprägter spanischer Nationalismus mit einer extrem zentralistischen Position heraus. Wirtschafts- und sozialpolitisch möchte VOX an den rechten Korporatismus der Franco-Jahre anknüpfen, erwägt gar die Einschränkung des Streikrechts. Außerdem lässt sich neben einer antifeministischen und homophoben Grundeinstellung auch ein Rassismus im Gewand der Religionskritik gegen den Islam erkennen.

Laut den letzten Umfragen besteht eine klare Chance für Sánchez und seine Partei als Sieger und Siegerin aus den Wahlen hervorzugehen. Eine Mehrheit bleibt ihm indes verwehrt, auch zusammen mit Unidos Podemos dürfte er nicht die 176 Sitze für eine Linkskoalition erreichen. So bliebe die PSOE auf Unterstützung der verschiedenen Regionalparteien angewiesen, was einer Fortsetzung der Minderheitsregierung wie in den letzten neun Monaten zur Folge hätte.

Regionalparteien Zünglein an der Waage

Eine Koalition zwischen PSOE und der liberalen Ciudadanos ist eher unwahrscheinlich, da sich Ciudadanos bis zum jetzigen Zeitpunkt mehrmals gegen einen Pakt mit den Sozialisten ausgesprochen hat. Im Gegensatz dazu schlägt sie eine Regierungskoalition mit der PP vor, um das Modell eines „geeinten“ Spaniens voranzubringen. Jüngste Wahlprognosen sehen indes auch eine rechte PP-Ciudadanos Regierungskoalition mit Stützung der VOX ohne Mehrheit. Auch sie müssten um die Gunst der Regionalparteien werben.

Zudem ist das Verhältnis der potentiellen Koalitionspartner rechts der Mitte höchst spannungsgeladen. Gerade in gesellschaftspolitischen Fragen hinsichtlich Frauenrechte und vor allem Abtreibung sind die Positionen von Ciudadanos und VOX zu unterschiedlich. Es wäre denkbar, dass Ciudadanos sich in absehbarer Zeit von den extrem nationalistischen Ideen VOX‘ distanziert und auf diese Weise wieder näher an die Sozialisten rückt. Gesetzt den Fall die PSOE und die Ciudadanos kommen in Bezug auf die Katalonienfrage auf einen gemeinsamen Nenner.

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Kommentare

PSOE

Da hilft auch kein Pfeifen im Walde; mehr als 25% wird es für die PSOE nicht geben, gut das ist immer noch mehr als für die SPD, aber so belohnten die wähler nun mal neoliberale Politik.