Der Wandel der Familie ist in vollem Gang. Früher trat der Mann allenfalls als der Ernährer in Erscheinung. Doch dieses Bild hat sich grundlegend geändert. Heute sind besonders Qualitäten in
Sachen Kindererziehung gefragt. Die Entwicklung zeigt, dass Väter vermehrt Zeit mit ihren Kindern verbringen möchten.
Immerhin stellten die Väter laut Familienministerium im Jahr 2008 etwa 15 Prozent aller Elterngeldempfänger dar. Jedoch herrscht noch immer eine große Diskrepanz zwischen dem Wunsch vieler
Männer, mehr Zeit für die Familie aufzuwenden, und ihrer gängigen Handlungspraxis. Trotz flexibler Arbeitszeiten und einiger Angebote stoßen sie innerhalb ihres Betriebes auf Hindernisse.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Gibt es neue Väter? Für Väter sei es eine neue Herausforderung, sich in der Familie stärker zu engagieren. Auch der Einkommensbeitrag von Frauen in der Familie sei seit den letzten Jahren
angestiegen, meinte Christina Klenner, zuständig für Frauen- und Geschlechterforschung bei der Hans-Böckler-Stiftung.
Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass diese beiderseitige Rollenerweiterung auch zu Rollenkonflikten führen kann. Denn die männliche Identität sei oft eng mit der Erwerbstätigkeit
verknüpft. Daher, so Christina Klenner, könnten es einige Männer als Zumutung empfinden, sich eine Auszeit für die Kindererziehung zu nehmen. Deshalb plädiere sie in der Debatte von
differenzierten Männlichkeitstypen auszugehen.
Auch Klaus Beck, Verantwortlicher für das Projekt "Familie und Berauf gestalten" des Deutschen Gewerkschaftsbundes, hob das Thema Vereinbarkeit der beiden Bereiche als besonders wichtig
hervor. Es müssten vor allem politische Forderungen und neue gesetzliche Regelungen, wie Elternteilzeit oder eine Garantie für Rückkehr in den Job entwickelt werden.
Herausforderungen für die Betriebe
Besonders in großen Betrieben machten die Männer zunehmend Gebrach von ihrem Recht auf Elternzeit, betonte Christina Klenner. Ihre Rahmenbedingungen seien so günstig wie nie. Jedoch seien
es noch zu wenige Väter, die dieses Angebot wahrnehmen.
Das mangelnde Interesse an Lösungen seitens der Betriebe ginge oftmals auf Kosten dauerhafter Vereinbarungen, wie etwa Teilzeit. Klenner kritisierte nicht nur die unflexiblen Arbeitszeiten,
sondern auch den Trend zur Wochenendarbeit. Hier gäbe es in Familien die meisten Probleme. Ziel sei also, die Arbeitszeit planbarer zu gestalten.
Dieter Steinecke, Mitglied im Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, bemängelte die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen. Diese seien noch viel zu hoch.
Mindestlöhne, so Steinecke, seien eine Möglichkeit diesen Misstand zu beseitigen. Ihre Einführung hinge wiederum von der Einstellung vieler Arbeitgeber ab. Aus diesem Grund fordert Dieter
Steinecke mehr Frauen in Führungspositionen.
Entwicklungsland bei der Kinderbetreuung
Renate Hornung-Draus, Geschäftsführerin für europäische und internationale Angelegenheiten der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, verwies auf die schlechten
Kinderbetreuungsmöglichkeiten hierzulande. Deutschland sei noch immer ein Entwicklungsland in Sachen Kinderbetreuung. Dies zu ändern, werde in Zukunft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein,
gab Hornung-Draus zu verstehen.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht und fällt mit guten und flexiblen Angeboten der Kinderbetreuung. Dieser neuen Herausforderung müssten zukünftig Politik und Gesellschaft
gerecht werden, um auch Väter in ihrer Rolle zu stärken. Dazu gehöre ebenso die Aufwertung des Berufszweiges Pflege, Kindererziehung und -betreuung, so das abschließende Fazit von Christina
Klenner.