Zeitenwende

Wie eine neue Politik gegenüber Russland aussehen sollte

Wolfgang SchroederWolfgang Merkel07. April 2022
Zerstörte Panzer im ukrainischen Bucha: Das Verhältnis Deutschlands und Europas zur Ukraine und zu Russland zu klären sein.
Zerstörte russische Panzer im ukrainischen Bucha: Das Verhältnis Deutschlands und Europas zur Ukraine und zu Russland zu klären sein.
Der Krieg Russlands in der Ukraine wirft viele Überzeugungen über den Haufen. Russland darf aber weder politisch noch wirtschaftlich aufgegeben werden. Das Denken Willy Brandts und Egon Bahrs ist hier erstaunlich aktuell.

Noch bevor die Ampelkoalition richtig an die Arbeit gehen konnte, hat Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine die politische Landkarte verändert. Neue Weichen müssen gestellt werden. Es geht nicht mehr um die Verteilung der Friedensdividende, sondern um die Herstellung und Sicherung des Friedens selbst. Olaf Scholz hat dies mit seiner beeindruckenden Rede zur „Zeitenwende“ der deutschen Außenpolitik vom 27. Februar 2022 angezeigt. Das letzte Wort war das nicht, die Debatte beginnt erst. Viele Fragen sind offen.

Dabei geht es nicht primär um die zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts und 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Rüstung, obwohl diese immensen Ausgaben eine moderne sozialdemokratische Sozialpolitik haushalterisch durchaus strangulieren können. Zentral sind aber zunächst drei außenpolitische Perspektiven: Erstens, wie kann eine glaubwürdige funktionale Erneuerung der Bundeswehr als defensiver Verteidigungskraft aussehen? Zweitens, wie wird das Verhältnis Deutschlands zu Russland und der Ukraine aussehen? Drittens, wie fügt sich die neue Ostpolitik in die aufziehende bipolare Weltordnung ein?

Sozialdemokratische Aufrüstung?

Die Notwendigkeit, die Bundeswehr zu modernisieren, ist kaum umstritten. Denn anders kann sie ihren verfassungsgemäßen Aufgaben nicht gerecht werden. Soll diese im parteiübergreifenden Konsens neutral sein oder kann die SPD ihr einen sozialdemokratischen Stempel aufdrücken? Da die Sozialdemokratie selbst einen starken Einfluss auf die Grundlinie einer defensiven und demokratisch eingebetteten Armee genommen hat, geht es nun darum, diese staatspolitische Linie unter veränderten Bedingungen zu reformulieren.

Es gilt unter anderem, den Schwerpunkt der out-of-area-Einsätze auf die Notwendigkeit der Territorialverteidigung zurück zu verlegen. Aber sozialdemokratische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik erschöpfte sich niemals alleine in der Aufrüstung. Sie war stets eingebunden in eine Sicherheitsarchitektur, die die Interessen,  Ziele  und Bedrohungsperzeptionen des potentiellen Feindes ernst nahm. Damit fallen wir nicht auf Putins Bedrohungs-Aggressions-Narrativ herein.

Von Kuba in die Ukraine

Weder die Aggression als solche und schon gar nicht der Zeitpunkt des Angriffskriegs gegen die Ukraine lassen sich maßgeblich auf die Osterweiterung der NATO zurückführen. Allerdings ist eine Politik der unilateralen Perspektive, die die subjektiven Perzeptionen des Gegenübers nicht mit einbezieht, auf Sand gebaut. Dies zeigt auch das „Schlafwandeln“ (Christopher Clark) der europäischen Mächte in den Ersten Weltkrieg hinein.

Ebenfalls deutlich wurde die Notwendigkeit die Wahrnehmungen und Handlungsoptionen aller Seiten mit in eine kluge Lageanalyse einzubeziehen, als John F. Kennedy inmitten der Kubakrise (1962) komplexe Planspiele der multiplen strategischen Optionen der USA und der Sowjetunion durchspielen ließ. Im Mittelpunkt dieser Planspiele standen stets die Bedrohungs- und Handlungsperspektiven des feindlichen Gegenübers. Dies gilt für akute Krisen wie in Kuba damals und der Ukraine heute wie für die längerfristige Vermeidung solcher Krisen und Kriege.

Eine Aufrüstung der eigenen militärischen Stärke mag nach der fehlgeleiten Beschaffungspolitik der Bundeswehr notwendig sein, für eine kluge und hinreichend komplexe Sicherheitsarchitektur reicht sie bei weiten nicht. Sie würde im Übrigen radikal mit sozialdemokratischen Traditionen brechen, die sie noch immer von konservativer Sicherheitspolitik unterscheidbar machte.

In diesem Sinne dürften schon sehr bald die in der SPD nach wie vor vorhandenen pazifistischen Strömungen als diskursives Korrektiv gegen die Eindimensionalität militärischer Stärke funktionieren. Ohne glaubwürdige militärische Abwehrbereitschaft lässt sich ebenso wenig nachhaltige Sicherheit garantieren wie mit ihr alleine. Dies wussten Willy Brandt und Helmut Schmidt auf ihre je spezifische Weise.

Die Ukraine und die NATO

Deshalb wird das Verhältnis Deutschlands und Europas zur Ukraine und zu Russland zu klären sein. Die Feststellung, dass Putin ein geopolitisch expansiv aufgestellter Aggressor ist und das Völkerrecht mit Füßen tritt, ist zentral, ersetzt aber nicht die vom Ende her zu denkende Handlungsorientierung. Das Selbstbestimmungsrecht einer souveränen Ukraine steht außer Frage. Umgekehrt ergibt sich daraus für das Land kein Recht auf Beitritt zu militärischen Bündnissen oder wirtschaftlich-politischen Staatenverbünden. Es kann nicht die Souveränität der NATO oder EU einschränken, alleine über Aufnahmebegehren der Ukraine und anderer Länder zu entscheiden.

Das wankelmütige taktische Spiel im Umgang mit dem NATO-Aufnahmebegehren der Ukraine seit 2008 zeigt: Auch in der NATO gibt es unterschiedliche Interessen, Perzeptionen und  Strategien. Ein  temporäres Moratorium des Aufnahmebegehrens der Ukraine in die NATO sollte heute klar formuliert werden. Alles andere wäre die Fortsetzung taktischen Geplänkels, das seit 2008 dazu beigetragen hat, die Lage zu verklären.

Das normative Beharren auf die Souveränität kleiner und mittlerer Staaten ist richtig, muss aber realistischerweise mit den Interessen der „Großen Mächte“ und Bündnisse verbunden werden. Denn auch wenn man die Politik der Einflusssphären kontrafaktisch als ein Relikt des 19. Jahrhunderts abtut und normativ kritisiert, existiert sie und wurde von den großen Mächten, den USA, China und wegen seiner Nuklearbewaffnung auch Russland, nie verlassen. Davon zeugt nicht nur Putins kriegsverbrecherische Aggression in der Ukraine, sondern auch der ebenfalls herbeigelogene Angriffskrieg der USA gegen den Irak im Jahre 2003. Sollen hat noch selten das Sein bestimmt, schon gar nicht in der Machtpolitik der internationalen Beziehungen.

Ein neuer Realismus

Schon länger zeichnet sich eine neue geopolitische Konstellation ab. Politische Macht lässt sich damit noch schwieriger durch eine wünschbare Verrechtlichung der internationalen Beziehungen einhegen. Verrechtlichung gilt meist für Dänemark, Österreich und Deutschland, für Russland, China und die USA galt das nie. Nicht, wenn es ihre spezifischen Machtinteressen berührte. Auch diese Einsicht gehört zum neuen Realismus. Selbst wenn der Neo-Heroismus im öffentlichen Diskurs gegenwärtig die Zwischentöne zum Verstummen bringt, ist die traditionelle sozialdemokratische Kombination von Entspannung, Verflechtung und Multilateralismus nicht über Nacht zur Makulatur geworden.

Allerdings müssen diese Orientierungen nach Putins völkerrechtswidriger Aggression durch einen erhöhten Beitrag zur Verteidigungsbereitschaft Deutschlands und Europas abgestützt werden. Militärische Härte, Waffenlieferungen an die angegriffene Kriegspartei Ukraine, die Isolation Russlands sind heute notwendig, aber schon übermorgen kann dies keine nachhaltige Politik mehr sein.

Eine nach außen wehrhafte Demokratie muss ihre glaubwürdige Abschreckung mit einer Perspektive der politischen, ökonomischen und ökologischen Kooperation verbinden. Auch wenn das im Moment eines Angriffskrieges des „Regimes Putin“ nur schmerzhaft zu denken und noch weniger zu praktizieren ist, kluge Politik darf sich nicht in Wut, Empörung und Sanktionen erschöpfen. Zu groß sind die globalen Aufgaben, die sich der Weltgemeinschaft in den großen Menschheitsfragen wie der Klima- und (Ab)Rüstungspolitik schon heute stellen.

Ohne Bündnisstärke keine Sicherheit

Deutschland braucht, wie ganz Europa, ein geordnetes Verhältnis zu Russland. Dazu gehört hier und jetzt an erster Stelle die Eindämmung der russischen Expansionspolitik, weil sie die eigentliche Ursache des Krieges ist. Erst wenn diese aggressive Expansion eingestellt und die Interessen der Ukraine sowie des Westens angemessen berücksichtigt sind, kann und muss eine neue Kooperation mit Russland beginnen. Denn die Isolation Russlands, ein Versinken der Nuklearmacht im ökonomischen oder gar politischen Chaos, muss verhindert werden.

Nicht die Transition zur Demokratie, sondern Hobbes' Welt eines Bürgerkrieges aller gegen alle wären das wahrscheinliche Ergebnis. Sanktionen gegen Putins Russland sind heute nötig. Die wirtschaftliche Verflechtung, nicht Abhängigkeit, und die Suche nach neuen Kooperationen können sie langfristig nicht ersetzen. Sicherheitspolitik so anzulegen, dass neben der bewaffneten Abschreckung andere Optionen eingesetzt werden, war noch stets ein Distinktionsmerkmal sozialdemokratischer gegenüber konservativer Politik. Ohne die Kombination von militärischer Bündnisstärke, Kooperation und der mühseligen Wiederaufnahme entspannungspolitischer Initiativen lässt sich schon mittelfristig keine tragfähige Sicherheitsarchitektur in Europa begründen.

Eine neue Weltordnung?

Putins Krieg platzte in das Ende der unipolaren Weltordnung, der Pax Americana und einen aufziehenden geopolitischen Konflikt zwischen den USA und der Volksrepublik Chinas. Es geht deshalb auch um die strategische Neuaufstellung Deutschlands und Europas in einer neuen Weltordnung. Chinas geopolitische Ansprüche sind bislang kaum berücksichtigt. Amerika wird nicht mehr die unhinterfragte Schutzmacht Europas sein. Deutschland und Europa müssen sich anders und stärker koordinieren, wenn sie nicht zum Spielball der großen Mächte werden wollen. Eine gemeinsame Außenpolitik muss einer gemeinsamen Sicherheitspolitik aber noch vorausgehen. Da sind dicke Bretter für die EU und die europäischen NATO-Staaten zu bohren.

Wer sind eigentlich die großen Mächte? Herfried Münkler zählt neben den USA, China, dem nuklearbewaffneten Russland auch Indien und ein handlungsfähiges Europa dazu. Nach unserem Dafürhalten zeigt das nicht die eigentliche geopolitische Dynamik an. Die interne Heterogenität seiner strategischer Weltsichten und der gesellschaftlich verankerte Postheroismus macht Europa nicht zu einer handlungsfähigen  "Großen Macht". Indien ist wirtschaftlich wie militärisch ebenso davon entfernt.

Russland darf nicht aufgegeben werden

Russland kann durch Krieg und Sanktionen China in die Arme getrieben werden. Was übrig bliebe, wäre die bipolare Konfrontation zweier Lager mit den USA und Europa auf der einen sowie China und Russland auf der anderen Seite. Indien irgendwo dazwischen. Der heiße Krieg der Gegenwart hätte dann den kalten Krieg der Zukunft programmiert.

So schwer es jetzt unter Putins Unrechtsherrschaft zu denken ist, Russland darf mittelfristig weder politisch noch wirtschaftlich aufgegeben werden. Da darf man doch wieder an die Aktualität des strategischen Denkens von Egon Bahr und Willy Brandt erinnern.

Es geht um einen neuen Realismus, dessen Ausgangspunkt gegenwärtig die Eindämmung Russlands ist. Ist dies erreicht, dann können auf einer wechselseitigen Macht- und Bedrohungsanalyse aufbauend die Bedingungen einer friedlichen Kooperation jenseits der militärischen konzipiert werden. Denn Aufrüstung alleine ist noch kein sicherheitspolitisches Konzept, schon gar nicht für die Zeitenwende in eine friedlichere Zukunft.

Der Text erschien zuerst im Tagesspiegel.

weiterführender Artikel

Kommentare

„Politik gegenüber Russland“

Mehr vernünftige, elementare Sätze über unsere (geo-) politische Situation auf so engem Raum gehen nicht. Vergessen wir die Bundestagsdiskussionen der letzten Tage und die Presse- und Fernsehschwadroneure – aber sie sind leider da und bestimmen.

Dagegen muss die Vernunft aufstehen.

Neue Politik gegenüber Russland

Dieser Aufsatz bietet eine Grundlage für weiterführende, differenzierende,
zielführende Überlegungen.

Neue Politik gegenüber Russland

Finde ich auch, denn weitere Aufrüstung führt nur zu unberechenbaren Eskalationen und möglicherwiese sogar zu einem Atomkrieg. Ich halte die zurückhaltende Richtung von Olaf Scholz sehr richtig; nur so kann ein 3. Weltkrieg verhindert werden, auch wenn Putin auf stalinistische und menschenverachtende Art weiter morden lässt.

Selenskji und vor allem Melnyk sollten nicht nur Vorwürfe gegen unsere Regierung, gegen den Bundespräsidenten u.a. erheben und Forderungen stellen, sondern sich auch mal für die Hilfen, die allgemein erbracht werden, bedanken.

ja, Scholz und

Steinmaier - SPD, also gut!

Russland

Es wird keine dauerhafte Ordnung für Frieden Freiheit Sicherheit und Wohlstand ohne Russland geben.

Kein Deutscher oder Italiener soll für die Osteuropäer sterben

für die anderen, also

beispielsweise die Südamerikaner , auch nicht

Osterweiterung der NATO

Schroeder/Merkel gehen davon aus, dass „die Politik der Einflusssphären ... von den großen Mächten, den USA, China und wegen seiner Nuklearbewaffnung auch Russland, nie verlassen“ worden ist. Darum haben die Großmächte die „Verrechtlichung“ der Politik (Souveränität, Völkerrecht) sich selbst gegenüber nie anerkannt. „Realistischerweise... muss (daher) die Souveränität kleiner und mittlerer Staaten ... mit den Interessen der „Großen Mächte“ und Bündnisse verbunden werden“. Diesen realen geopolitischen Imperativ belegen die beiden Autoren mit „Putins kriegsverbrecherischer Aggression in der Ukraine“ und dem „herbeigelogene Angriffskrieg der USA gegen den Irak im Jahre 2003“. An „kriegsverbrecherisch“ und „herbeigelogen“ lassen sie aber erkennen, dass sie ihn auch für Großmächte nur abgestuft gelten lassen: Die Russische Föderation ist schlicht „ein geopolitisch expansiv aufgestellter Aggressor“.
Diese Wendung (einer sonst hervorragenden Analyse) ist inkonsequent, „bezieht ... (als) unilaterale Perspektive die subjektiven Perzeptionen des Gegenübers nicht mit ein“, führt darum, obwohl „Deutschland, wie ganz Europa, ein geordnetes Verhältnis zu Russland braucht“,

Osterweiterung der NATO

Viele Widersprüchlichkeiten des Schroeder/Merkel-Beitrags hat Rudolf Isfort sehr schön aufgezeigt. Man gewinnt den Eindruck, dass die beiden Autoren ständig über die eigenen Füße stolpern, wenn sie die aktuellen Maßnahmen bekräftigen, gleichzeitig aber auf die Notwendigkeit ganz anderer Beziehungen zwischen den Völkern hinweisen. Wie soll das funktionieren? Grotesk bzw. lächerlich ist natürlich die bereits von Isfort kritisierte Unterscheidung von "kriegsverbrecherisch" und (nur) "herbeigelogen": Propaganda lässt grüßen.

„Osterweiterung der NATO“_2

zu der falschen Schlussfolgerung, dass „Eindämmung der russischen Expansionspolitik“ die Lösung ist.
Die Ukraine (und Georgien) bilden leider eine gemeinsame Schnittmenge der Interessenssphären von Russischer Föderation und USA/Nato/EU. Die daraus erwachsenden Spannungen durch „Eindämmung“ lösen zu wollen, führen, wir haben es gesehen, zu (abgestuften) Kriegen. Es gibt nur eine nachhaltige Durchtrennung dieses Knotens - die einvernehmliche Lösung.
Wir sollten zudem „Russland durch Krieg und Sanktionen (nicht) China in die Arme“ treiben. Das aber ist schon geschehen, denn das 21. Jahrhundert wird durch die „große Schlacht zwischen Demokratie und Autokratie“ geprägt, wie der Führer der westlichen Welt erklärte. Folgerichtig strebt der Nato-Generalsekretär eine massive Aufrüstung der Nato an, die nicht zuletzt im Südchinesischen Meer stattfinden soll. Es wird nicht beim „kalten Krieg der Zukunft“ bleiben, wie die Autoren meinen.

Und wir wollen an diesem die Welt zerstörenden Unsinn teilhaben?!?

Die „Bundeswehr als defensive Verteidigungskraft“,

die von der eigenen Bedrohungslage und nicht von seiner wirtschaftlichen Potenz oder einer Macht- und gleichzeitig Ohnmachtshysterie abgeleitet wird, die gleichzeitig „die Interessen, Ziele und Bedrohungsperzeptionen des potentiellen Feindes ernst“ nimmt, die endlich „den Schwerpunkt der out-of-area-Einsätze auf die Notwendigkeit der Territorialverteidigung zurück“ schraubt, brauchen wir, wie die Analyse Schroeders/Merkels überzeugend darstellt – sonst nichts.

Die größte, beste Streitmacht der Welt konnte in einem 20jährigen Krieg die mickrige Taliban-Armee nicht besiegen; wir waren dabei, um „unsere Freiheit auch am Hindukusch zu verteidigen“. Am Ende musste die USA froh sein, dass die Taliban ihnen wenigstens einen sicheren Abgang erlaubt haben – und wir trauern nun unserer verlorenen Freiheit nach.

Die zweitgrößte, zweitbeste Streitmacht der Welt brauchte ein Jahr, um ihre Armee in die Lage zu versetzen, die Ukraine von drei Seiten angreifen zu können. Dennoch hapert es an Nachschub in jeder Hinsicht, so dass sie sich teilweise zurückziehen weil konzentrieren muss.

Die „Bundeswehr als defensive Verteidigungskraft“_2

Eine Armee (fast) ohne Panzer und Flugzeuge bringt die nahezu unüberwindlich behauptete unseres Feindes, wir haben keine Landgrenze mit einem anderen potenziellen Angreifer, an den Rand einer Niederlage. Und unsere Wortgewaltigen, Roth und Röttgen z. B., versuchen uns weiszumachen, die Russische Föderation wolle nach der Ukraine nicht nur die ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes, sondern ganz Europa angreifen?

„Rüstung ist die harte Währung internationaler Politik“ – und „die Sprache der Macht“ (kürzlich im Vorwärts) muss uns niemand mehr lehren.

Leider hat der Putin-Krieg - möge er dafür in der Hölle schmoren – auch in unseren Köpfen zu Verheerungen geführt, die die Rückkehr zu einer Linie, wie hier von Schroeder/Merkel gefordert, wohl eher unmöglich macht.

Denkfehler

Der Denkfehler in diesem Beitrag ist, dass die Ansätze der grossen Namen, die hier üppig eingestreut werden (Brandt, Schmidt, Bahr), auf der Grundlage einer festgefügten bipolaren Weltordnung des kalten Kieges funktionierten. Wer sagt denn, dass diese Ansätze auch unter post-unipolaren Voraussetzngen gelten? Niemand hat das je probiert. Ist die Welt nicht zu schade für "trial-and-error" Experimente? Die Alternative wäre: (1) Selbst wehrhaft werden (Investieren, Wehrpflicht aktivieren), um aus einer Position der eigenen Potenz dann (2) mit denen voranzugehen, die die eigenen Werte am ehesten teilen, um dann erst im dritten Schritt (3) Angebote an die Tyrannen zu machen - und nein, nicht mit dem Ziel sie auf Kosten schwächerer Nachbarn irgendwie "einzudämmen", sondern nur unter der Voraussetzung der Einhaltung der international anerkannten Territorialgrenzen.

international anerkannt

ist auch so ein fragwürdiges Merkmal- In Afrika sind dass die kolonial gezogenen Grenzen, in Russland die, die innert der SU gezogen wurden- allesamt recht willkürlich

Narrativ

Die Clark´sche "Schlafwandlerthese" zum 1. Weltkrieg kann ich nicht teieln, denn schon Jahre zuvor hatte die internationale Sozialdemokratie vor dem kommenden imperialistischen Krieg gewarnt. Leider versagte sie und stürzte sich in den nationalischen und militaristischen Taumel - fast in jedem Land. Jean Jaures wurde gleich zu Anfang ermordet, Luxemburg und Liebknecht schlug der Hass, speziell der vaterländischen SPD-Führung, entgegen.
Richtig in diesem Artikel ist: die Bundeswehr ist eine Territorialverteidigungsarmee und out-of area ist nichzt ihre Aufgabe und außerdem gilt immer noch das Waffenexportverbot in Kriegsgebiete. Will die SPD sich davon verabschieden ?