
In der vergangenen Woche kamen bei einem Fabrikbrand in Indiens Hauptstadt Neu Delhi mehr als 40 Menschen ums Leben. Kein Einzelfall heißt es, denn zu solchen Unglücken komme es immer wieder, weil in vielen Betrieben Sicherheitsstandards nicht eingehalten würden.
Gegen Gewinne ohne Gewissen
Bereits im September forderten 64 zivilgesellschaftliche Organisationen in einer Petition „Gegen Gewinne ohne Gewissen“ ein Lieferkettengesetz. Damit sollen deutsche Unternehmen verpflichtet werden, Mensch und Natur zu schützen. Um auf ihre Forderung nach einem gesetzlichen Rahmen aufmerksam zu machen, erinnerte die Initiative an den Brand in der Textilfabrik Ali Enterprises in Pakistan, dem sieben Jahre zuvor 250 Menschen zum Opfer fielen. Begrüßt wurde diese Initiative unter anderem von der SPD-Bundestagsabgeordneten Bärbel Kofler, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe. Sie erklärte via Twitter, dass Menschenrechte keine Frage von Freiwilligkeit seien. Kofler schrieb: „Ich setze mich für gesetzliche Regelungen zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht deutscher Unternehmen in Wertschöpfungsketten ein!“
Zum Tag der Menschenrechte am heutigen Dienstag verkündet die Initiative nun, dass die Unterstützung für ein Lieferkettengesetz in Deutschland wachse: inzwischen auf 82 zivilgesellschaftliche Organisationen. Aber auch 42 Unternehmen sprechen sich für ein Gesetz aus. „Bei vielen Unternehmen wächst die Überzeugung, dass nur ein gesetzlicher Rahmen Wettbewerbsgleichheit schafft“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung.
Menschenrechte achten per Gesetz
Für Fairness in globalen Lieferketten sprach sich am Montag auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil aus. In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland kündigte er an, einen Gesetzentwurf zur Einhaltung von Standards in der globalen Produktion zu erarbeiten. Dabei gehe es seiner Meinung nach um das „Nein zu Kinderarbeit, Dumping-Löhnen und Ausbeutung“. Arbeitsschutz, so Heil, müsse gewährleistet sein. „Ich habe den Eindruck, dass wir die Unternehmen, die ihre Produkte bei uns verkaufen, darauf gesetzlich verpflichten sollten“, betonte er.
Ernüchtert sei Heil vom Ergebnis einer Befragung, in der untersucht wurde, in welchem Ausmaß sich international tätige Unternehmen bereits um sozial und ökologisch nachhaltige Lieferketten bemühten. Seine Schlussfolgerung: „Deshalb müssen wir handeln.“
2016 hatte die damalige Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte im Bundeskabinett verabschiedet. Darin hatte sie Unternehmen aufgefordert, Schritt für Schritt ihre Geschäftstätigkeit und ihre Geschäftsbeziehungen im Hinblick auf menschenrechtliche Risiken zu überprüfen und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Seit 2018 wird überprüft, mit welchen Maßnahmen Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Zielvorgabe ist, dass bis 2020 mindestens die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Beschäftigten Elemente zur Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Wird diese Zielvorgabe verfehlt, wird die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen, um den Schutz der Menschenrechte sicherzustellen, heißt es dort.