
„Trust me if you can!“ („Vertrau mir, wenn du kannst!“) nannte die Friedrich-Ebert-Stiftung ihre Fachtagung zu den Themen Vertrauen und Demokratie. In Bezug auf politische Parteien lautet die Antwort von immer mehr Menschen derzeit: „Tut mir leid, das kann ich nicht!“ Die Parteien befinden sich in einer tiefen Vertrauenskrise und versuchen, es für sich zurückzugewinnen. Wie das funktionieren kann, wurde auf der Tagung diskutiert.
SPD wird schneller an Ergebnissen gemessen
Der Sozialforscher Felix Butzlaff von der Wirtschaftsuniversität Wien erklärte, dass Vertrauen von gesellschaftlichen Voraussetzungen abhängig sei, die Parteien nicht beeinflussen könnten. Dennoch seien sie einem Vertrauensverlust der Gesellschaft nicht hilflos ausgeliefert. Wem die Menschen glaubten, sei auch von organisatorischen Prozessen abhängig. Die Wähler bräuchten eine Erfahrungsanbindung. „Es kommt darauf an, dass man begründet, was das Ganze soll“, so Butzlaff.
Butzlaff machte deutlich, dass gerade Organisationen wie die SPD, die sich für soziale Gesetze stark machen, das Problem hätten, dass sie schneller an Ergebnissen gemessen würden. Die CDU zum Beispiel könne sich immer noch auf die christlichen Werte berufen, wenn es am „echtem Erfolg“ hapere. Für deren Einhaltung würde der Wähler irgendwann später – spätestens im Jenseits – belohnt.
Übergeordnete Ziele formulieren
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Svenja Stadler betonte, das Ehrlichkeit im Umgang mit den Bürgern ein wichtiges Instrument sei, um Vertrauen zu gewinnen. „Als ich das erste Mal gesagt habe, das ich etwas nicht weiß, war das schwer, doch die Reaktionen waren positiv“, berichtete Stadler. Auch müsse die Politik wieder auf die Sprachebene der Bürger zurückkommen. Sie kritisiert: „Politiker erzählen und die Wenigsten können sie verstehen.“ Außerdem müsse die SPD über Wahlperioden hinausdenken und langfristige Ziele offen kommunizieren. „Ich kann doch nicht erwarten, dass der Bürger mir vertraut, wenn er nicht weiß, wohin ich will“, so Stadler.
Der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert forderte in einem Impulsbeitrag, dass politische Parteien übergeordnete ideelle Ziele formulieren müssten. Es dürfe nicht nur darum gehen, den eignen Arsch zu retten, sondern vor allem darum, das Leben der Menschen wieder besser zu machen. „Der Erneuerungsprozess der SPD ist Teil eines grundsätzlichen Rückgewinnungsprozesses von Vertrauen in demokratische Institutionen“, so Kühnert.
Offener Umgang mit Fehlern
Kühnert und Stadler wünschten sich von ihrer Partei einen offeneren Umgang mit Fehlern aus der Vergangenheit. Die SPD könne Fehler aus der Vergangenheit nicht rückgängig machen, sagte Kühnert. Politiker müssten aber eine klare Haltung zu falschen Entscheidungen zeigen. „Diese Fehlerkultur geht der SPD ab“, so Kühnert. Auch Svenja Stadler sagte: „Politikern fällt es grundsätzlich schwer, Fehler zuzugeben.“
Ein weiteres Thema der Tagung war die Frage, ob mehr und direktere Partizipation ein Ansatz sein kann, das Vertrauen der Bürger zu stärken. Sie wurde in einem Plenum diskutiert. Sozialforscher Felix Butzlaff erklärte, dass eine stärkere Partizipation oftmals ein Zeichen von Misstrauen sei. Die Menschen würden versuchen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, weil sie glaubten, es besser zu können als die Politik.
Keine Partizipation ist so stark wie Wahlen
Svenja Stadler ist Bürgerinitiativen gegenüber positiv gestimmt. Sie sagte: „Ich bin immer für direkte Demokratie als Ergänzung zur repräsentativen Demokratie.“ Butzlaff hingegen argumentiert, dass Bürgerinitiativen mittlerweile außerhalb von Parteien gegründet würden, sei ebenfalls ein Zeichen von Misstrauen. Ein weiteres Problem von Bürgerinitiativen sei laut dem Sozialforscher, dass sie diejenigen begünstige, die sich ohnehin in einer privilegierten Position befänden. Nur wer gebildet und wohlhaben sei, habe die Möglichkeit auf diese Weise aktiv zu werden. Deshalb ist Butzlaff der Meinung: „Es gibt keine Partizipation, die so stark ist, wie Wahlen.“
Kevin Kühnert forderte, Menschen, die innerhalb der SPD aktiv sind, wieder mehr zu unterstützen. Im Austausch mit anderen Bürgern bräuchten ehrenamtlich Engagierte den Rückhalt von Hauptamtlichen. „Wenn wir nicht bereit sind, Ressourcen auch hauptamtlich in Dialogformaten einzusetzen, dann werden die weißen Flecken auf der Deutschlandkarte größer werden“, so Kühnert. Außerdem müssten die Gremien repräsentativer werden. Auch so könne mehr Beteiligung erreicht werden.