Demokratie

Für mehr Beteiligung: Warum der Bundestag einen Bürgerrat gründet

Jonas Jordan10. Mai 2023
Der Bundestag will am Mittwoch die Einsetzung eines Bürgerrates beschließen. SPD-Politikerin Katja Mast gefällt das.
Der Bundestag will am Mittwoch die Einsetzung eines Bürgerrates beschließen. SPD-Politikerin Katja Mast gefällt das.
Welche Meinung haben die Deutschen zum Thema „Ernährung im Wandel“ und welche politischen Ideen lassen sich daraus ableiten? Mit diesen Fragen soll sich ab Herbst ein Bürgerrat beschäftigen. Der Bundestag setzt ihn am Mittwoch ein.

„Ich bin sehr froh, dass wir diesen Bürgerrat heute einsetzen“, sagt die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, am Mittwochvormittag bei einem Pressegespräch. Gemeint ist ein neues Gremium, das am selben Tag im Bundestag auf Vorschlag von SPD, Grünen und FDP gegründet werden soll. Die drei Fraktionen haben zu diesem Zweck einen Antrag mit dem Titel: „Einsetzung eines Bürgerrates Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ vorgelegt.

160 Personen zufällig ausgewählt

Dieser soll unter anderem Fragen zur Lebensmittelkennzeichnung und -verschwendung beraten. Dafür sollen 160 Bürger*innen ausgelost werden, voraussichtlich ab September Fragen zur Umwelt- und Klimaverträglichkeit, den Haltungsbedingungen von Nutztieren, zur Herstellung von Produkten, einer transparenten Lebensmittelkennzeichnung und Lebensmittelverschwendung diskutieren.

Die Teilnehmer*innen werden zufällig ermittelt. In Frage kommen soll jede*r ab 16 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland. Bei der Zusammensetzung soll jedoch darauf geachtet werden, dass die Bürger*innen je nach Alter, Geschlecht, regionaler Herkunft, Gemeindegröße und Bildungshintergrund fair beteiligt werden. Auch der Anteil sich vegetarisch oder vegan ernährenden Personen an der Bevölkerung soll laut Antrag entsprechend in dem Gremium abgebildet werden.

Empfehlungen bis 2024 erarbeiten

Die Mitglieder erhalten pro Präsenzsitzung eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 100 Euro, bei digitalen Zusammenkünften sollen es 50 Euro sein. Ihre Sitzungen sollen von einer neutralen Moderation geleitet werden. Forscher*innen und Praktiker*innen sollen die Bürger*innen bei ihrer Arbeit unterstützen. Die Teilnehmer*innen sollen insgesamt circa 40 Stunden diskutieren und bis Anfang 2024 ein Bürgergutachten mit Empfehlungen für die Politik erarbeiten. 

Zu dem Bericht werde in erster Beratung eine Aussprache stattfinden, kündigt Katja Mast an. Es sei beabsichtigt, den Bericht dem Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur federführenden Beratung zu überweisen. Außerdem sollen die Ausschüsse für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, für Gesundheit, für Arbeit und Soziales, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Inneres und Heimat, für Klimaschutz und Energie, für Kultur und Medien, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen mitberatend beteiligt werden.

Zwei weitere Räte sollen folgen

Laut Katja Mast soll der Bürgerrat zum Thema „Ernährung im Wandel“ nur der Auftakt sein, zwei weitere Räte zu anderen Themen sollen zu einem späteren Termin noch folgen. „Das Wichtige ist, dass sie den Parlamentarismus ergänzen, eine moderne Form der Bürgerbeteiligung sind, das Parlament aber nicht ersetzen wollen, sondern ihm Ratschläge geben“, sagt die SPD-Politikerin. Die Idee zur Einsetzung der Räte sei aus ihrer Sicht ein weiterer Beleg dafür, „dass wir unseren Politikstil ändern wollen und auf mehr Beteiligung setzen“, sagt Mast.

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Kommentare

mir reicht das nicht aus, wer

Bürgerbeteiligung als solche will, muss Volksbegehren und Volksabstimmungen zulassen. Hier wird ein Thema selektiert- ("hierüber dürfen ausnahmsweise auch mal Nichtpolitiker befinden"), dass dann den Eindruck zunehmender Beteíligungsrechte erwecken soll. Das Gegenteil ist der Fall . Gerade angesichts der abnehmenden Mitgliederzahlen in den Parteien entfernen sich die immer weiter von der Basis bzw laufen Gefahr dies zu tun. Dem begegnen wir am besten durch Volksinitiativen, die von organisierten Gruppen bedarfsgerecht den Volkswillen ergründen und repräsentieren können, wenn man sie denn lassen würde. In den Parteien finden sich zuviele Menschen mit ihren Belangen nicht mehr repräsentiert- die Parteien haben sich zu "Firmen" mit unterschiedlicher Angebotspalette entwickelt- Bürgerbeteiligung ist da nicht