
Impfen ist wichtig und aus meiner Sicht auch der Schlüssel, um aus der Pandemie herauszukommen. Ob eine Impfpflicht der richtige Weg ist, weiß ich allerdings nicht. Aus meiner Sicht ist es eine ziemliche Bankrotterklärung für die Gesellschaft und auch die Politik, wenn wir es nicht schaffen, den Menschen zu erklären, warum die Impfung gegen das Coronavirus wichtig ist, warum sie damit sich und ihre Angehörigen schützen. Ich hätte allerdings auch nie gedacht, dass sich die Menschen einer Impfung verweigern, die nachweislich vor schweren Krankheitsverläufen schützt. Da habe ich mich offensichtlich leider geirrt. Das schmerzt.
Impfgegner*innen haben sich eingemauert
Ich habe den Eindruck, die Fronten verhärten sich mehr und mehr und besonders die Impfgegner*innen haben sich in ihrem Schützengraben eingemauert und kommen nicht mehr heraus. Gleichzeitig gibt es auch Menschen, die für sich gute Gründe haben, warum sie sich nicht impfen lassen wollen. Das müssen wir respektieren und dem müssen wir Rechnung tragen. Ob es tatsächlich der richtige Weg ist, sie zu einer Impfung zu verpflichten, bezweifle ich.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die seit einigen Tagen gilt, finde ich richtig. Ich habe selbst in der Altenpflege gearbeitet und weiß, wie schutzbedürftig die Menschen sind, um die sich die Pflegenden kümmern. Aber das kann man nicht auf die gesamte Gesellschaft übertragen.
Ich bin deshalb froh, dass die Entscheidung über die Impfpflicht zu einer Gewissensentscheidung erklärt wurde, sodass wir Abgeordnete ganz frei darüber entscheiden können, ohne dass die Fraktion irgendetwas vorgibt. Ich habe jede Videokonferenz und jedes Fachgespräch, das in den letzten Wochen angeboten wurde, wahrgenommen. Ich lese auch jeden Tag unzählige Bürger*innenbriefe, die sehr unterschiedliche Meinungen vertreten, und ich beantworte sie auch. Ende März mache ich auch eine eigene Veranstaltung, bei der ich digital mit Experten aus meinem Wahlkreis diskutieren werde.
Wir müssen eine diskursfreudige Gesellschaft bleiben
Was mich nachdenklich macht, ist, dass ich mit Argumenten häufig gar nicht mehr durchdringe. Ich habe selbst in der Forschung gearbeitet und weiß, wie wichtig Fakten und nachvollziehbare Argumente sind. Aber das scheint in der Debatte über Corona und die Impfung alles nicht zu zählen. Wir müssen eine diskursfreudige Gesellschaft bleiben, in der Jede und Jeder seine eigene Meinung hat, aber nicht seine eigenen Fakten. Wenn ich mir nicht mehr vorstellen kann, dass mein Gesprächspartner auch Recht haben könnte, auch wenn ich seine Meinung nicht teile, haben wir als Gesellschaft verloren.
Trotzdem finde ich Aufklärung den richtigen Ansatz. Wenn sich jeder verpflichtend über die Corona-Impfung aufklären lassen müsste, würde das vielleicht nicht die Impfquote erhöhen, aber wir hätten als Gesellschaft aus meiner Sicht alles getan, was in unserer Macht steht. Wir müssen die Pandemie als Ganzes besiegen und ich bin mir nicht sicher, dass wir die Gesellschaft stärken, wenn wir ihr eine Impfpflicht verordnen. Meine Entscheidung wird deshalb am Ende eine Abwägung sein zwischen schwierig und schwierig. Nichts zu tun, ist aber auch keine Lösung.
Aufgezeichnet von Kai Doering
Nach dem Gruppenantrag von Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP sollen alle Staatsangehörigen ab 18 Jahren bis zum 1. Oktober drei Impfungen bei ihrer Krankenkasse nachweisen. Eine Infektion innerhalb der vergangenen drei Monate kann eine Impfung ersetzen. Das Gesetz soll bis 31. Dezember 2023 befristet sein. Zur ausführlichen Erklärung des Entwurfs. Auch dieser Gruppenantrag stammt aus der Feder von Abgeordneten der Ampel-Koalition. Er sieht vor, dass alle Staatsangehörigen ab 18 Jahren eine verpflichtende Impfberatung erhalten. Mitte September sollen Infektionslage und Impfquote bewertet werden. Droht eine Überlastung des Gesundheitssystems, werden alle über 50-Jährigen einmalig zu drei Impfdosen verpflichtet. Zur ausführlichen Erklärung des Entwurfs. Der Gesetzesentwurf von CDU/CSU sieht die Einführung eines Impfregisters vor, in dem vermerkt ist, wer geimpft ist und wer nicht. Eine Impfpflicht soll dagegen erst dann greifen, wenn es die Lage erfordert – gestaffelt nach Alter beziehungsweise Gefährdungslage. Dafür wäre ein weiterer Bundestagsbeschluss nötig. Die Eckpunkte für den Antrag aus Reihen der FDP-Bundestagsfraktion lagen bereits kurz vor Weihnachten vor. Die Unterstützer sehen zwar auch die Notwendigkeit, die Impfquote gegen das Corona-Virus zu erhöhen, schließen eine Impfpflicht jedoch aus. Stattdessen setzen sie ausschließlich auf Aufklärung und eine Intensivierung der Impfkampagne.Das sind die Vorschläge zur Impfpflicht
Allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren
Allgemeine Impfpflicht ab 50 Jahren
Impfpflicht auf Vorrat
Ausschluss einer Impfpflicht