USA

Nach Lügen-Vorwurf von Ex-FBI-Chef Comey: Steht Trump vor dem Aus?

Paul Starzmann09. Juni 2017
Donald Trump: Wir der neue US-Präsident Bewegung in den Syrien-Konflikt bringen?
Präsident Trump verstrickt sich immer weiter in Skandale. Doch ein Amtsenthebungsverfahren muss er nicht fürchten – vorerst.
Ex-FBI-Chef James Comey hat vor dem US-Senat ausgesagt, Donald Trump sei ein Lügner. Schon sehen einige die Voraussetzungen erfüllt, um den umstrittenen Präsidenten per „Impeachment“ aus dem Amt zu jagen. Doch so einfach ist es nicht.

Selbst einige US-Republikaner nehmen es inzwischen in den Mund: das I-Wort. Es steht für den englischen Ausdruck „Impeachment“ und beschreibt das Verfahren in Artikel 2 der amerikanischen Verfassung, mit dem der Präsident des Amtes enthoben werden kann. Der Artikel wird angewandt, wenn sich der Staatschef grober Vergehen schuldig macht, wie zum Beispiel einer „obstruction of justice“ – einer Behinderung der Justiz.

Comey über Trump: „Das war eine Lüge“

Dies könnte der Fall in der Causa des geschassten FBI-Chefs James Comey gewesen sein, vermuten Trumps Kritiker. Am Donnerstag sagte Comey vor einem Untersuchungsausschuss des US-Senats aus. Er gab an, Trump habe ihn im Februar indirekt angewiesen, die Ermittlungen gegen seinen ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. „Ich möchte über Mike Flynn reden“, habe Trump zu ihm gesagt. Der war tags zuvor zurückgetreten. Er wird verdächtigt, über seine Kontakte zur russischen Regierung gelogen zu haben. Zwar habe der US-Präsident gegenüber dem damaligen FBI-Direktor Comey keinen konkreten Befehl zum Abbruch der Russland-Ermittlungen ausgesprochen. Aber: „Ich habe es als Anweisung verstanden: Er will, dass ich das mache“, sagte Comey vor dem Ausschuss.

Im Laufe der Anhörung wählte der ehemalige FBI-Mann drastische Worte, um Trumps Verhalten zu beschreiben. Nach seiner Entlassung habe der ihn und seine Behörde „diffamiert“, klagte Comey. Trump hatte damals gesagt, der Direktor genieße nicht mehr das Vertrauen des FBI und sei deshalb gefeuert worden. „Das war eine Lüge, ganz einfach“, sagte Comey.

Kein Impeachment: Im Zweifel für den Angeklagten

Für umfassende Klarheit hat die Anhörung am Donnerstag jedoch nicht gesorgt – trotz Comeys eindeutiger Wortwahl. Das Problem: Es steht Aussage gegen Aussage. Comey sagte, Trump habe ihn in einem Vier-Augen-Gespräch aufgefordert, die Ermittlungen gegen Flynn einzustellen. Er berief sich dabei auf persönliche Notizen. Trump bestreitet die Darstellung. Es gilt in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Noch lässt sich Trump kein schwerwiegendes Fehlverhalten wie die Behinderung der Justiz nachweisen.

Die oppositionellen Demokraten sehen das naturgemäß anders. Nach Comeys Aussage stehe der Präsident endgültig als Lügner dar, sagten sie. Für ein Amtsenthebungsverfahren reicht das jedoch nicht aus. Als das Repräsentantenhaus 1998 ein solches Verfahren gegen den damaligen demokratischen Präsidenten Bill Clinton eröffnete, konnte der Vorwurf des Meineids klar nachgewiesen werden. Im Gegensatz zum Zwiegespräch zwischen Trump und Comey hatte Clinton in aller Öffentlichkeit die Unwahrheit über seine Beziehung zur Praktikantin Monica Lewinsky gesagt. Die demokratische Mehrheit im Senat konnte den „Impeachment“-Prozess jedoch noch rechtzeitig abblocken, Clinton blieb im Amt.

Republikaner wollen Trump loswerden

Auch wenn Trump das Amtsenthebungsverfahren vorerst ebenalls erspart bleibt, ist er jedoch nicht aus dem Schneider. Mit Robert Mueller geht seit Mai ein Sonderermittler den dubiosen Russland-Verbindungen der Trump-Regierung nach. Ausgang offen. Auch am Anfang von Bill Clintons „Impeachment“-Verfahren stand ein solcher Sonderermittler: Kenneth Starr, an den sich viele als einen unnachgiebigen Schnüffler erinnern, der intimste Details aus Clintons Sexleben ausgrub.

In Trumps Fall ist bemerkenswert, dass selbst einige Parteifreunde ein Ende des Präsidenten offenbar kaum erwarten können: Als sich im Mai die Affäre um den Sicherheitsberater Flynn zuspitzte, sagte der republikanische Senator John McCain, der Vorgang nähere sich in seiner Größe dem Watergate-Skandal. Dieser hatte Präsident Richard Nixon 1974 zu Fall gebracht. Der Republikaner Justin Amash, Senator aus Michigan, wurde Mitte Mai noch deutlicher. Als er von der Zeitschrift „The Hill“ gefragt wurde, ob er sich ein „Impeachment“ Trumps vorstellen könne, antwortete er mit einem klaren „Ja.“ Und schob hinterher: „Jeder in diesem Land bekommt einen fairen Gerichtsprozess.“

Die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich bald zum „Impeachment“-Verfahren gegen Donald Trump kommt, ist zwar mit Comeys Aussage nicht größer geworden – aber kleiner auch nicht. Und der nächste Skandal kommt bestimmt.

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