Gesetz für Lohngleichheit

Lohngerechtigkeit: Ist bald Schluss mit der Lohndiskriminierung?

Renate Faerber-Husemann20. März 2015
Seit Jahrzehnten steht das Thema „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auf der politischen Agenda, aber bewegt hat sich wenig. Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig will das nun ändern und sie beweist dabei eine Zähigkeit, die dem Koalitionspartnern CDU und CSU heftig auf die Nerven geht.

Noch in diesem Jahr, so der im Koalitionsvertrag verankerte Plan, will Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig den Entwurf zum Gesetz mit dem sperrigen Namen „Entgeltgleichheitsgesetz“ auf den Weg bringen. Für Betriebe mit Mitbestimmung und den öffentlichen Dienst bedeutet das: Es wird eine gesetzliche Verpflichtung zur Lohntransparenz geben.

Die Tarifpartner werden zum Abbau von Lohnungleichheiten verpflichtet. Damit das auch wirklich geschieht, soll eine ausgewogene Besetzung mit Männern und Frauen in den Tarifkommissionen Pflicht werden. Eine Dokumentationspflicht über die Anstrengungen zur Überwindung der Lohnungleichheit in den Tarifverhandlungen soll für Transparenz sorgen.

Drei Monate pro Jahr Mehrarbeit für gleichen Lohn

Teile der Union sind davon wenig begeistert, denn ihnen sitzt die Wirtschaft im Nacken, die sich heftig gegen die Gesetzespläne wehrt, von einem neuen „Bürokratiemonster“ spricht. Dabei bestreitet niemand die Realität, die in einem der reichsten Industrieländer der Welt so aussieht:

Immer noch verdienen Frauen 22 Prozent weniger als Männer für gleiche oder vergleichbare Arbeit. Und das, obwohl sie in den Schulen und an den Universitäten  die besseren Abschlüsse haben. An der Tatsache, dass sie die Kinder bekommen, kann es nicht (nur) liegen, dass sie im Berufsalltag so schnell und dauerhaft ins Hintertreffen geraten: Die Geburtenrate ist niedrig, die Männer sind kooperativer als in früheren Generationen, wenn es um die Teilung der Familienarbeit geht, die öffentliche Kinderbetreuung ist zwar noch längst nicht perfekt, aber sehr viel besser als in früheren Jahrzehnten. Woran also liegt es, dass Frauen im Durchschnitt fast drei Monate länger arbeiten müssen, um auf ein durchschnittliches Männer-Jahreseinkommen zu kommen?

Die Gründe sind vielschichtig: Immer mehr Betriebe sind aus der Tarifbindung ausgestiegen. Dort sind Frauen also nicht mehr durch geschlechtsneutrale Tariflöhne geschützt. Frauen haben nach der Geburt eines Kindes zwar einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit – aber keinen zur Rückkehr auf eine Vollzeitstelle. Dazu kommt: sie nehmen sich in den für eine Karriere entscheidenden Jahren Auszeiten zugunsten der Kinder. Die Männer ziehen in diesen für die Karriere wichtigen jungen Jahren an ihnen vorbei. Bei Gehaltsverhandlungen sind Frauen in der Regel von einer unangebrachten Bescheidenheit – anders als Männer. Und sie arbeiten nach wie vor in den sogenannten Frauenberufen, in denen klassisch schlechter gezahlt wird als in den typischen Männerberufen.

Frauen werden schlechter bezahlt, weil sie Frauen sind

Die Gesellschaft nimmt es protestlos hin, dass in den so wichtigen, verantwortungsvollen und stressreichen Berufen wie denen der Hebammen, Erzieherinnen, Krankenpflegerinnen miserabel gezahlt wird. Leider arbeiten auch junge Frauen mit Abitur in den sogenannten „Helferinnen“-Berufen,- in denen männliche Kollegen mit der Lupe gesucht werden müssen - statt selbst Ärztinnen, Apothekerinnen, Rechtsanwältinnen zu werden.

Doch die Lohnungleichheit besteht auch in gleichen Berufen. Laut Hans-Böckler-Stiftung verdient die Metallarbeiterin 22 Prozent weniger als der Metallarbeiter, die Zahntechnikerin sogar 27 Prozent weniger. Die Bankkauffrau hat 19 Prozent weniger Geld in der Tasche als der männliche Kollege, die Maschinenbautechnikerin 17 Prozent weniger. Die Gründe? Der Tarifexperte Reinhard Bispinck vom  Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) sagt lapidar: „Zum Teil werden Frauen schlechter bezahlt, weil sie Frauen sind.“

Der SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel nennt diese groteske Ungleichheit „eine Schande“. Die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi kontert die Störmanöver aus der Union gegen das Entgeltgleichheitsgesetz mit dem Satz: „Diese Art von Macho-Politik passt nicht mehr ins 21. Jahrhundert.“

Equal Pay Day

Der Equal Pay Day (EPD) ist der internationale Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen. Er macht symbolisch auf den geschlechtsspezifischen Lohnunterschiedmarkiert aufmerksam, der laut Statistischem Bundesamt aktuell 22 Prozent in Deutschland beträgt. Umgerechnet ergeben sich daraus 79 Tage (21,6 % von 365 Tagen) und das Datum des nächsten EPD, in diesem Jahr der 20. März 2015. D.h. der Equal Pay Day für den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1.1. für ihre Arbeit bezahlt werden.

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Kommentare

Gleicher Lohn ?

Wie man sieht, ist es so, wie die alten Ökonomen (Smith/Marx) es schon immer wussten. Nicht Leistung als solche wird bezahlt, sondern gezahlt wird, was der Mensch zur Reproduktion braucht. Traditionell gilt der Mann als Ernährer der Familie und bekommt einzig deshalb mehr. Diese Tradition wird nun hinterfragt.
Insofern kann man das couragierte Auftreten der Ministerin nicht genug bewundern; kein Wunder also, dass ihr der Ruf als Küstenengel vorauseilt.
Und doch ergeben sich eine Menge Fragen (noch unstrukturiert, zugegeben).
Handelt es sich noch um lupenreine Familienpolitik?
Oder geht es um gepflegte Emanzipation- Frauen gegen Männer und umgekehrt?
Wird nicht die Identität von Millionen Familienvätern, die sich treu und brav abschuften, zerbrochen?
Werden nicht familiäre Strukturen zerschlagen und wird nicht die Scheidungsrate forciert?
Sind nicht dann demnächst alle Alleinerziehende?
Geht das nicht auf Kosten der Kinder mit (unabsichtlicher) Begünstigung von dunklen Mileus (Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch).
Mit anderen Worten:
Geht es nicht mehr um die Auseinandersetzung zwischen Arbeit und Kapital?
Freut sich das Kapital über Nebenkriegsschauplätze?
Reibt es sich die Hände, wenn nun quasi nichts anderes mehr als Lohnarbeit und Konsum als Indikatoren für ein gutes Gefühl gelten?
Tut man als Sozialdemokratin recht, wenn –was ja nicht von der Hand zu weisen ist- die angedeuteten Entwicklungen sozusagen nebenher tatsächlich begünstigt werden?