Nicht nur bei den Sozialisten gilt Sarkozy schon lange als "Schulden-Staatschef". Sie pendeln zwischen 60 und 80 Milliarden Euro. Auch Teile der Partei des Präsidenten, in der UMP, beklagen
die "bedenkenlose Ausgabenpolitik". Dass die jüngst umgebildete Regierung 38 Mitglieder hat, die Aufwendungen des Elysee um ein Drittel gestiegen sind und und jetzt mit Milliarden die 56
Kernreaktoren um 10 Jahre Laufzeit verlängert werden, ist nur die eine Seite der unbegrenzten Geldverteilung. Die geplante Anleihe mit einem Jahreszins von vier oder fünf Prozent stellt in
Wirklichkeit ein zweites Konjunktur-Ankurbelungsprogramm dar.
Unbegrenzte Geldverteilung zu Lasten des Staates
Wirtschaftsexperten fürchten, dass die Anleihe den Staat sehr teuer zu stehen kommt. Die Sozialistenchefin Martine Aubry spricht von einer "Verschleierung der in den Himmel schießenden
Defizite!" Reiche und Vermögende zu besteuern wäre ein besserer Weg gewesen. Sarkozy fordert dagegen Juppé und Rocard auf, ihm vorrangig "Prioritäten" für Anleihe-Investitionen bis Anfang
November zu nennen. Die Franzosen müssen nun ran, die Millionenschulden zu bezahlen.
Im Hintergrund zielt der Staatschef auf die Zukunft ab: Frankreich soll besser als jeder EU-Partner vorbereitet aus der Finanz- und Wirtschaftskrise kommen. Deshalb sollen "strategische
Investitionen" auf Zukunftssektoren wie Nano- und Biotechnologie, Innovation und auf die Entwicklung des Elektroautos konzentriert werden. Die französische Schlüsselindustrie soll in Europa
führend werden. Premier Francois Fillon übernimmt dabei die Aufgabe, in Klausurtagungen Parteiführer und Gewerkschaften "für die große Sache", sprich Staatsanleihe zu begeistern.
Ein anderer Hintergrund ist politische Kalkulation. Wird die Anleihe ein Erfolg, so zeigt er sich nach der Ausgabe im Jahre 2010 in den folgenden Monaten, wenn Frankreichs
Wirtschaftsstrategie durchschlägt: 2011 beginnt die Kampagne für die nächste Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2012. Sarkozy will bis dahin das Feld bestellen. Wenige Tage nach der
Anleihe-Ankündigung schob er in einem Hintergrundgespräch mit Parteifreinden nach, man werde ihn wohl "noch siebeneinhalb Jahre ertragen müssen", zweieinhalb regiere er bereits, 5 Jahre würden
folgen, wenn er die Wahl gewinnt. "Ob gut oder schlecht, Ihr habt noch siebeneinhalb Jahre mit mir!" Und: "Ein Kandidat muss her. Es geht um das Überleben unserer Partei. Das ist die schönste
Zukunft, die ich Euch verspreche!"
Mit einem gewissen Entsetzen reagieren seine Anhänger, als Sarkozy sich auch noch verpflichtete, keine Steuern zu erhöhen. "Sie steigern nur das Defizit", beschied er seine Fraktion. 2010
soll es eine umfassende Rentenreform mit einem angepeilten Rentenalter von 67 geben. Auch eine ihm vorgeschlagene Mehrwertsteuererhöhung lehnt er ab. Unterdessen wächst allein das Defizit der
Staatlichen Sozialversicherung in diesem Jahr auf 20 Milliarden Euro. Der Eindruck verstärkt sich: Nicolas Sarkozy hat kein schlüssiges Konzept für den Schuldenabbau. Letzte Rettung: Ein
Staatsanleihe.