
Das Ergebnis der thüringischen Landtagswahl stellt die Parteien vor große Herausforderungen. Ersten Hochrechnungen zufolge hat die bisherige Regierung aus Linkspartei, SPD und Grünen im neuen Landtag keine Mehrheit mehr. Auch eine „Simbabwe“-Koalition aus CDU, SPD, Grünen und FDP wäre zu schwach. Rein rechnerisch wäre „R2G2“ aus Linkspartei, SPD, Grünen und FDP möglich sowie eine Koalition aus Linkspartei und CDU. FDP und CDU erklärten allerdings bereits, nicht mit der Linkspartei koalieren zu wollen.
Linkspartei und AfD legen zu
Stärkste Partei bei der Wahl am Sonntag wurde die Linkspartei. Sie konnte nach vorläufigem Endergebnis um 2,8 Prozentpunkte zulegen und erhielt 31 Prozent der Stimmen. Zweitstärkste Partei wurde die AfD, die um 12,8 Punkte hinzugewann und 23,4 Prozent erhielt. Die CDU verlor 11,7 Punkte und kommt auf 21,8 Prozent. Die SPD erreicht 8,2 Prozent und verlor damit 4,2 Punkte im Vergleich zur Wahl 2014. Die Grünen erhielten 5,2 Prozent, ein Minus von 0,4 Punkten. Der FDP gelingt vermutlich der Wiedereinzug in den Landtag. Sie kommt auf 5 Prozent.
An der Wahl nahmen rund 200.000 mehr Wähler teil als 2014. Die Wahlbeteiligung lag bei 65,5 Prozent – ein Plus von 12,8 Prozentpunkten. Am meisten konnte davon die AfD profitieren. Rund 80.000 frühere Nichtwähler gaben den Rechtspopulisten ihre Stimme. Sie SPD konnte nur etwa 14.000 ehemalige Nichtwähler für sich gewinnen. Das Wahlergebnis ist ihr schlechtestes in der Geschichte des Freistaats.
„Sehr bitterer Abend“ für die SPD
Entsprechend enttäuscht reagierte Spitzenkandidat Wolfgang Tiefensee. „Wir hätten uns mehr gewünscht“, sagte er in einer ersten Reaktion und sprach von einer „besonderen Situation in Thüringen“: Durch die Polarisierung zwischen Regierung auf der einen und AfD auf der anderen Seite seien die kleineren Parteien geschwächt worden. „Jetzt ist es entscheidend, dass es eine stabile Regierung gibt“, so Tiefensee.
„Es ist zu einer starken Polarisierung zwischen dem Ministerpräsidenten und der AfD gekommen“, sagte auch die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer in einer ersten Analyse im Willy-Brandt-Haus. Ihre Partei habe „bis zuletzt gehofft und gekämpft“. Das Wahlergebnis bezeichnete Dreyer als „enttäuschend“. Von einem „sehr bitteren Abend“ für die SPD sprach der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider, der seinen Wahlkreis in Erfurt hat. „Es ist uns nicht gelungen, die SPD-Wähler von der SPD zu überzeugen.“
„Wir haben gut gekämpft und in den vergangenen fünf Jahren viel für Thüringen erreicht“, bilanzierte die stellvertretende thüringische Ministerpräsidentin Heike Taubert. Der SPD habe das jedoch nicht genutzt. Ihr Ziel sei, dass die SPD auch künftig regiere. Ein Bündnis aus Linkspartei, SPD, Grünen und FDP („R2G2“), das rechnerisch möglich wäre, bezeichnete Taubert in der ARD allerdings als „schwierig“. Bei möglichen Koalitionsverhandlungen müsse jeder Partner „klar sagen, was in den nächsten fünf Jahren kommen kann“.