Bevölkerungsreichstes Bundesland

Landtagswahl in NRW: Schwarz-Gelb abgewählt, Ampel möglich

Kai Doering15. Mai 2022
Enttäuscht: SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty hatte auf ein deutlich besseres Ergebnis der SPD in Nordrhein-Westfalen gehofft.
Enttäuscht: SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty hatte auf ein deutlich besseres Ergebnis der SPD in Nordrhein-Westfalen gehofft.
Die CDU hat die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gewonnen, die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung jedoch ihre Mehrheit verloren. Wer künftig zwischen Rhein und Ruhr regiert, ist vollkommen unklar.

Nordrhein-Westfalen hat gewählt. Doch war künftig im bevölkerungsreichtsten Bundesland regiert, ist vollkommen unklar. Nach den ersten Hochrechnungen sah es so aus, als könnte es für eine rot-grüne Landesregierung reichen, auch wenn die CDU die Landtagswahl deutlich gewonnen hat. Zu Beginn des Abends lag die CDU mit 35 Prozent vorn, die SPD mit 27,5 Prozent deutlich dahinter, die Grünen bei 18,4 Prozent – und die FDP bei 5,0 Prozent. Sollten sie den Einzug in den Landtag verpassen, hätte Rot-Grün eine Mehrheit.

„Schwarz-Gelb ist klar abgewählt“, sagte so auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert in einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis kurz nach 18 Uhr. Es gebe nun verschiedene Möglichkeiten, eine Regierung zu bilden. „Entscheidend wird sein, wer eine Mehrheit im Landtag hinter sich bringen kann“, so Kühnert. In Vorwahlbefragungen hatte sich stets eine Mehrheit der Wähler*innen für ein rot-grünes Bündnis ausgesprochen.

Kutschaty: „Schwarz-Gelb ist klar abgewählt.“

Ähnlich sieht es NRW-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty. „Wir haben unser Wahlziel Nummer eins erreicht: Schwarz-Gelb hat keine Mehrheit mehr“, sagte Kutschaty bei der Wahlparty der nordrhein-westfälischen SPD in Düsseldorf. Gleichzeitig räumte er ein, dass das Ergebnis der Sozialdemokrat*innen sei „nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben“. Die SPD habe stärkste Kraft werden wollen. „Das ist uns nicht gelungen.“ Gleichzeitig wies Kutschaty darauf hin, dass die SPD vor einem Jahr in den Umfragen lediglich bei 17 Prozent gelegen habe. „Damals hätte uns niemand zugetraut, dass die SPD die Landesregierung anführen könnte“, so Kutschaty.

„Die Menschen in Nordrhein-Westfalen wünschen sich Rot-Grün“, betonte auch der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil. Die Bundesrepublik habe „es schon häufiger erlebt, dass von Platz zwei aus eine Regierung gebildet wird“, betonte er. Ob es dafür eine Möglichkeit dürfte sich erst später zeigen. „Wir müssen abwarten, wie die Zahlen am Ende des Abends sind“, sagte SPD-Chef Klingbeil.

Möglich sind Zweier- und Dreier-Bündnisse

Die entwickelten sich jedoch zu Gunsten der FDP. Von Hochrechnung zu Hochrechnung gewannen die freien Demokraten leicht hinzu und zogen am Ende laut vorläufigem amtlichem Endergebnis mit 5,9 Prozent wieder in den Landtag ein. Eine Mehrheit für Rot-Grün rückte so, wenn auch knapp, in weite Ferne. Die CDU erreichte 35,7 Prozent, die SPD 26,7, die Grünen 18,2 Prozent. Möglich scheinen nun sowohl Zweierkonstellationen aus CDU und Grünen sowie eine große Koalition als auch Dreier-Bündnisse aus SPD, Grünen und FDP, also eine „Ampel“, sowie aus CDU, Grünen und FDP („Jamaika“).

„Die Karten werden in NRW politisch neu gemischt“, schrieb so auch der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen Abgeordneten im Bundestag, Achim Post, auf Twitter. „Die Frage, wie es in NRW weitergeht, wird jetzt von den weiteren Gesprächen der Parteien abhängen und davon, in welcher Koalition ein mutiges und inhaltlich stimmiges Zukunftsprojekt für Nordrhein-Westfalen möglich ist.“

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Kommentare

Niederlage

Aus dem Kopfankopfrennen wurde wohl nichts und die SPD täte gut sich zu ihrer Niederlage zu bekennen. Bevor an eine Regierungsbildung mit und um die SPD gedacht wird sollte erst einmal das Wahlergebnis analysiert werden und dabei sollte auch der hohe Nichtwähler*innenanteil berücksichtigt werden. Wenn nicht klar und deutlich wird was die SPD von der CDU und anderen Parteien unterscheidet, dann müssen wir weiter mit solchen Resultaten rechnen. Im Vergleich zu Schleswig-Holstein war die Niederlage in NRW ja noch glimpflich.
Die SPD muss endlich wieder mit einem eigenständigen sozialen und friedenpolitischen Profil auftreten, nicht nur verbal sondern auch in echt und muss aufhören den Grünlinegen hinterher zu laufen. Dorch dieses Hinterherlaufen haben sich die "Linken" ja auch kräftig dezimiert.

FDP wurde abgewählt

Das heisst aber lange noch nicht, dass die SPD 'drangewählt' wurde, denn genau so ist es eben nicht. Eine Niederlage muss man nicht schön reden.

Will man die von den Medien massiv geförderten Grünen nicht noch stärker machen, böte sich auch eine Koalition mit der CDU an.

Klar ist nämlich, dass man bei einer so niedrigen Wahlbeteiligung viele Bürger nicht überzeugt hat.

Ampel möglich

Wenn ich mir zwar eine Ampelkoalition in NRW mit Thomas Kuschaty wünschen würde, um so eine andere Politik wie auch eine Änderung im Bundesrat zu ermöglichen, würde dies aber keinesfalls ein demokratisches Ergebnis des Wahlausgangs darstellen. Denn die Bildung einer Landesregierung durch zwei Verliererparteien bei der Wahl würde wohl oder übel dem Wählerwillen widersprechen.

Anscheinend haben Baerbock und Harbeck Olaf scholz den Rang abgelaufen. Gleichwohl halte ich die Haltung von Olaf Scholz in dieser Krisensituation für richtig. Vor allem müssen wir aufpassen, dass Merz nicht weiter nach vorne kommt!

Schlechte Lage nicht schönreden

Das Ergebnis der Wahl ist schlecht, und ausgehend von ihm sollte es keinen Versuch geben, eine Regierung unter Führung der SPD zu bilden. Die CDU hat ganz klar den Regierungsauftrag.

Verantwortlich für Wahlergebnisse sind die Landesverbände, aber natürlich spielt der Fehlstart der Bundesregierung für die Stimmungslage eine Rolle. Ein Neustart ist notwendig.

Eine Kabinettsumbildung erscheint sinnvoll. Die nüchternen Fakten sprechen für eine Entlassung von Fr Lambrecht und Hr Lauterbach. In beiden Ressorts ist ein neues Gesicht notwendig, um für Ruhe zu sorgen.

Die Koalition ist in einem schwierigen Umfeld angetreten, macht aber auch nicht das beste aus ihrer Position. Es ist nicht genug erklärt (bzw. geklärt) worden, wohin das Land geführt werden soll. Gleichzeitig gelingt es nicht, eine kraftvolle Antwort auf die Wirtschaftskrise zu finden. Beides muss aber angegangen werden. Klar ist, der Zustand der Wirtschaft entscheidet am Ende immer über den Erfolg bzw. Misserfolg einer Regierung.

..., eine kraftvolle Antwort auf die Wirtschaftskrise zu finden.

Gustav Horn hat die Übergewinnsteuer ins Spiel gebracht. Ein an sich brauchbares Instrument. Für Finanzminister Christian Linder von der FDP (der dieses Amt wegen erwiesener Inkompetenz hätte nie erhalten dürfen) ist diese
Übergewinnsteuer "des Teufels" / "ein Gräuel". Theodor Wiesengrund Adorno hat weiter recht:
'Es gibt kein richtiges Leben im falschen.' Aber es stimmt leider auch: Was sind die derzeitigen Alternativen?
Peter Boettel - oben - hat recht: Black-Rock Merz muss verhindert werden! Das muss aktuell des vorrangige Ziel sein.
Aber über die Tagespolitik hinaus, dürfen die 'Großen Linien' nicht vergessen werden.